Politik

Italien: Mafia bereichert sich an Fördergeldern für Flüchtlinge

Die italienische Polizei hat ein Mafia-Netzwerk in Rom aufgedeckt. Es soll Millionen von Einwanderungszentren erpresst haben, die diese aus öffentlichen Fördergeldern erhalten haben. 37 Personen wurden in dem Zusammenhang festgenommen. Der Betrug reicht bis in die höchsten Ebenen der Kommunalverwaltung der italienischen Hauptstadt.
05.12.2014 00:41
Lesezeit: 2 min

Die italienische Polizei hat bei einer Razzia gegen die Mafia in Rom Verstrickungen mit der Politik aufgedeckt und Dutzende Verdächtige festgenommen. Gegen 37 Politiker und Unternehmer wurden wegen des Verdachts auf Beteiligung an einer kriminellen Mafia-Vereinigung Haftbefehle durchgesetzt, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Der Betrug reicht bis in die höchsten Ebenen der Kommunalverwaltung der italienischen Hauptstadt. Darüber hinaus wird gegen insgesamt etwa 100 Verdächtige ermittelt. Unter ihnen ist der frühere Bürgermeister der Hauptstadt Rom Gianni Alemanno, berichtet Corriere della Sera.

Der bis Juni 2013 im Amt gewesene Alemanno soll angeblich rund 40.000 Euro in Provisionen erhalten haben. Diese sollen von einer Mafia-Gruppe stammen, die von Massimo Carminati angeführt wird, einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe NAR. Alemanno bestreitet jedes Fehlverhalten.

Die kriminelle Vereinigung wird Mafia Capitale genannt, ist also die Hauptstadtmafia ohne Verbindungen zu den Familien-Clans im Süden des Landes. Die Methoden seien allerdings dieselben, so der Oberstaatsanwalt von Rom.

In der Region Latium und in Rom durchsuchten Spezialkräfte der Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Büros von Behörden und Privatwohnungen, darunter auch die Alemannos. Insgesamt wurden laut Ansa Güter im Wert von etwa 200 Millionen Euro beschlagnahmt. Es soll den Berichten zufolge in den seit Monaten andauernden Ermittlungen um Korruption und Manipulationen bei Auftragsvergaben und in den öffentlichen Finanzen gehen.

Bei dem Betrug soll sich die kriminelle Vereinigung vor allem auf Gelder für Einwanderer- und Flüchtlingszentren konzentriert haben. Die traditionellen Cash-Cows der Mafia – Drogen, Abfallwirtschaft, Recycling – sind längst nicht mehr so profitabel, berichtet der EUobserver.

Haben Sie eine Ahnung, wie viel ich mit diesen Einwanderer mache?“, soll der Stellvertreter von Carminati, Salvatore Buzzi, in einem abgehörten Gespräch gesagt haben. „Wir haben das Jahr einen Umsatz von 40 Millionen gemacht, aber … die Gewinne kamen alle von den Gypsy, den Notunterkünften und den Einwanderern“. Der Drogenhandel sei hingegen nicht mehr profitabel, zudem mache man in den anderen Bereichen kein Geld mehr.

Ein Kabinettssekretär des früheren Mitte-links-Bürgermeisters Walter Veltroni soll die Einwanderungsprogramme und die Mafia-Gruppe koordiniert haben, berichtet Ansa. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Auch der Independent berichtet, dass Roms „Anti-Korruptions-Zar“ Walter Politano mit den Vorfällen in Verbindung gebracht wird. Roms aktueller Mitte-links-Bürgermeister Ignazio Marino hatte Politano auf den Posten berufen.

Die Unterbringungsstandards für Asylsuchende haben sich in Italien in den vergangenen Jahren verschlechtert, berichtet eine Sonderkommission im italienischen Senats zum Schutz und Förderung der Menschenrechte.

Die Bedingungen sind so schlecht, dass Verwaltungsgerichte in Deutschland Überbringungen nach Italien unterbunden haben, „aufgrund der Gefahr der Obdachlosigkeit und einem Leben unter dem Existenzminimum“, so ein Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarats.

Italien hat auch keine strukturellen Rechtsvorschriften über Aufnahmebedingungen und kein einheitliches Empfangssystem. Im vergangenen Jahr haben 28.000 Asylbewerber in Italien ihren Antrag eingereicht.

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