Politik

Griechenland konfisziert Bankguthaben von kleinen Schuldnern

Die griechischen Finanzbehörden haben offenbar damit begonnen, die Konten von Steuer-Schuldnern zu konfiszieren. Doch es trifft nicht die reichen Reeder: Unter anderem soll einem Griechen das Konto gesperrt worden sein, weil der 200 Euro Steuerschulden hatte. Die Maßnahme ist höchst riskant, weil sie einen Bank-Run auslösen könnte.
27.04.2015 01:25
Lesezeit: 1 min

Griechenland hat die Eintreibung von Steuern drastisch verschärft. Wie die Zeitung Kathimerini berichtet, haben die Behörden damit begonnen, die Guthaben auf Bank-Konten von säumigen Steuerzahlern zu konfiszieren. Doch nicht die reichen Reeder sind betroffen, sondern offenbar Bürger, die nur geringe Schulden beim Finanzamt haben. Die Zeitung berichtet von einem Fall, bei dem einem Griechen das Konto gesperrt wurde, weil er der Finanz 200 Euro schuldete. Erst nachdem festgestellt worden war, dass der Mann damit seine Steuerschulden beglichen habe, wurde das Konto wieder freigegeben.

In einem anderen Fall ging es um 24.000 Euro. Dort hätten die Behörden mit Drohungen gearbeitet, um an das Geld zu kommen. Kathimerini schreibt, die neue Initiative stehe in Zusammenhang mit der Tatsache, dass Griechenland in den kommenden Wochen knapp bei Kasse sein dürfte und neben den öffentlichen Gehältern auch einen Kredit an den Internationalen Währungsfonds (IWF) bedienen müsse.

Bereits am Freitag hatte die Regierung ein Gesetz beschlossen, wonach alle öffentlichen Einrichtungen ihre Cash-Bestände an die Zentralbank abliefern müssten. Doch offenbar gibt es Widerstand bei den regionalen Behörden: Der Bürgermeister von Aristoteli in Chalkidien ist am Freitag zurückgetreten.

Besonders explosiv könnte die Lage an den Universitäten werden: Die Rektoren weigern sich, ihre Cash-Bestände an die Regierung abzuliefern, und haben am Wochenende beraten, wie sie vorgehen wollen. Es ist denkbar, dass es zu Studenten-Protesten kommt – eine für die Regierung unangenehme Entwicklung. Die Lage könnte sich auch durch die Reaktion der Bank-Kunden verschärfen: Die Konfiszierung von Guthaben wegen Steuer-Schulden könnte einen Bank-Run auslösen. Auch die Lage bei den griechischen Banken dürfte das Vertrauen der Griechen in ihr Finanzsystem nicht stärken. Die EZB hat angekündigt, die Sicherheiten der griechischen Banken nicht mehr in vollem Umfang anzuerkennen.

Diese Maßnahme könnte, wie Kathimerini analysiert, zur Einführung von Kapitalverkehrskontrollen führen, um einen Bank-Run zu verhindern.

Zwar wird diese Drohung vor allem von der Bewertung dessen abhängen, bei welchen Papieren die EZB die Werte korrigiert. Doch einige der großen Banken, die nur noch von Not-Krediten der EZB über Wasser gehalten werden, könnten unter neuen Vorgaben in die Insolvenz rutschen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...