Politik

Gefahr der Ansteckung: Spanien beruft Krisen-Sitzung ein

Wegen dem Griechen-Referendum beruft Premier Rajoy eine Sondersitzung ein. Spanien schaut mit besonderer Nervosität nach Griechenland: Die Ansteckungsgefahr ist groß. Die Protestpartei Podemos sieht sich dagegen im Aufwind und nennt das Ergebnis einen Sieg der Demokratie.
06.07.2015 01:06
Lesezeit: 2 min

Im Spanien hat Ministerpräsident Mariano Rajoy nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse des griechischen Referendums eine Dringlichkeitssitzung anberaumt. Die Kommission für wirtschaftliche Angelegenheiten soll sich am Montag treffen. Dabei solle das Ergebnis der Volksabstimmung analysiert werden, teilte die konservative Regierung am Sonntagabend in Madrid mit. Die Griechen haben im Referendum den Troika-Kurs nach Auszählung von fast der Hälfte der Stimmen überraschend klar abgelehnt.

Spanien schaut mit besonderer Nervosität nach Griechenland. In den letzten Wochen war deutlich zu erkennen: Die Peripherieländer gelten nach wie vor als Wackelkandidaten, falls es wirklich zu einem Grexit oder, noch schlimmer, zu einem Graccident, also einem ungeordneten Bankrott oder Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone kommt. Denn die Refinanzierungspläne der Euro-Peripherie sind nach wie vor eng gestrickt und ein möglicherweise kollabierender Primärmarkt in der Euro-Zone hätte unkalkulierbare Folgen.

Die neuesten Umfragen zeigen zudem innenpolitisch ein Kopf-an-Kopf-Rennen von drei Parteien: Die Linkspartei Podemos, die sich analog zur Syriza in Griechenland gegen den Sparkurs in Europa richtet, ist mittlerweile mit den beiden Volksparteien fast gleichauf. Wie eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage für die Zeitung El Pais zeigte, liegt die konservative PP von Regierungschef Mariano Rajoy mit 23 Prozent in Führung. Es folgen die oppositionellen Sozialisten mit 22,5 Prozent und Podemos mit 21,5 Prozent.

Damit dürfte eine neue Regierung in Madrid vermutlich aus mindestens drei Parteien bestehen - in einem Land, das kaum Erfahrungen mit Koalitionen hat. In Spanien wird am Jahresende gewählt. Bei den Regionalwahlen im Mai musste die PP starke Verluste verschmerzen.

Der Chef der aufstrebenden spanischen Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, hat den Ausgang des Referendums in Griechenland als Sieg der Demokratie gefeiert. «In Griechenland hat heute die Demokratie gewonnen», schrieb Iglesias am Sonntagabend auf Twitter. Bei der Volksabstimmung über die Spar- und Reformpolitik haben die Griechen die Forderungen der Geldgeber - wie von der linksgerichteten Regierung in Athen verlangt - abgelehnt.

Iglesias präsentiert sich in seinem Profilbild im sozialen Netzwerk Arm in Arm mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Vor dem Referendum hatte der 36-jährige Madrider Politikdozent die Gläubiger als Tyrannen bezeichnet, die den Menschen in Griechenland und auch in Spanien «mit Drohungen Angst einzujagen versuchen».

Bei den Regionalwahlen am 24. Mai hatte Podemos («Wir können») überraschende Erfolge unter anderem in den Metropolen Madrid und Barcelona errungen. Bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres will die linke Bewegung den Traditionsparteien den Sieg streitig machen.

Spaniens Wirtschaft wächst zwar nominell wieder, die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich mit anderen Ländern der Euro-Zone aber noch hoch, besonders stark ist die Jugend betroffen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...