Politik

Gegen Russland: Merkel verspricht Serbien und Albanien EU-Beitritt

Als hätte die EU nicht schon genug Probleme, verspricht Angela Merkel Albanien und Serbien den EU-Beitritt. Beide Länder sind von den EU-Standards noch weit entfernt. Echte Kontrollen ihrer Statistiken dürften ähnlich schwerfallen wie bei Griechenland. Doch Merkel will die Staaten in der EU, damit sie nicht unter den Einfluss Russlands geraten.
09.07.2015 00:02
Lesezeit: 1 min

Die EU wird ihrer akuten Zentrifugal-Probleme an dem Beitrittsversprechen für die Länder des Westbalkans festhalten. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch bei Besuchen in Albanien und Serbien ausdrücklich betont. Es sei im Interesse der EU, dass die Region stabil entwickele, betonte sie am Mittwochabend nach einem Gespräch mit dem serbischen Ministerpräsidenten Aleksander Vucic in Belgrad. Sie versprach sowohl der serbischen Regierung als auch zuvor der albanischen, sich bei der EU-Kommission für eine Öffnung von Verhandlungskapiteln in den Beitrittgesprächen einzusetzen.

Merkel widersprach bei einem vorangehenden Besuch in der albanischen Hauptstadt Tirana dem Eindruck, die EU könnte die Beitrittsgespräche wegen der muslimischen Bevölkerung des Landes verzögern. Sie wies diese Sorge unter anderem mit Hinweis auf mehr als vier Millionen Muslime in Deutschland zurück. "Da muss sich keiner Sorgen machen", sagte sie. "Es wird nichts künstlich verzögert. Überall wird anerkannt, dass Albanien große Fortschritte gemacht hat."

Der albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama forderte eine klare Beitrittsperspektive für sein Land. "Ohne diese Anziehungskraft werden es die Völker auf dem Balkan nicht schaffen, die alten Alpträume beiseite zu räumen", sagte er mit Blick auf die früheren Bürgerkriege und Nationalitätenkonflikte in der Region. Albanien werde bis Herbst alle Anforderungen der EU erfüllen und hoffe dann auf einen konkreten Termin für den Beginn der Verhandlungen. Dies sei auch wichtig, um den Vorwurf zu entkräften, die EU wolle kein muslimisches Land aufnehmen.

Merkel lobte die Regierungen Albaniens und Serbiens, weil beide sich mittlerweile stark für engere Kontakte zwischen den Balkan-Ländern einsetzten. Die serbische Regierung habe sich zudem sehr stark für eine Aussöhnung mit dem Kosovo eingesetzt. Bei Gesprächen unter Leitung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini geht es derzeit um den Status der serbischen Minderheit in Kosovo, das sich in einem blutigen Unabhängigkeitskrieg von Serbien abgespalten hatte. Auf einer Westbalkan-Konferenz Ende August in Wien sollen auch mehrere grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte in der Region beschlossen werden. Es ist unschwer zu erraten, wer diese Projekte bezahlen wird. Das Problem: Große Bauprojekte sind stets ein Ort der blühenden Korruption, die ja auf dem Balkan noch gelegentlich existieren soll.

Als Grund für das verstärkte Engagement der EU in der Region wird die Sorge genannt, dass Länder wie Russland, die Türkei und Saudi-Arabien versuchen, in der Region Einfluss zu gewinnen. Auch Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hatte deshalb vergangene Woche beschleunigte Aufnahmegespräche für Serbien und Albanien gefordert.

Erfahrungsgemäß werden EU-Aufnahmen aus geopolitischen Gründe oft teuer: Auch Griechenland war erst auf Drängen der USA Mitglied der EU geworden. Die Beziehung hat sich nicht besonders erfreulich entwickelt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis kaum...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Ist der Krisenmodus vorbei? Neuer CEO Doustdar will Vertrauen zurückgewinnen
08.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie braucht neue Impulse, um Wachstum und Anlegervertrauen zurückzugewinnen. „Dass ich anders bin, ist die halbe...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
08.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Politik
Politik Trump gegen den diplomatischen Konsens: Treffen mit Putin rückt näher
08.08.2025

Donald Trump will mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg verhandeln – ohne Selenskyj. Ein neuer geopolitischer Machtpoker beginnt....

DWN
Finanzen
Finanzen Crocs-Aktie stürzt ab trotz solider Quartalszahlen: Was wirklich hinter dem Kursrutsch steckt
08.08.2025

Die Crocs-Aktie hat am Donnerstag einen historischen Kurssturz erlitten, obwohl die aktuellen Quartalszahlen solide ausfallen. Und am...