Politik

Dokument des Scheiterns: Merkels peinliches Gestammel zur Euro-Rettung

Angela Merkel hat am Montag die Eckpunkte zur Euro-Rettung in Griechenland vorgelegt. Statt einer politischen Vision stammelte sich die Kanzlerin durch ein Programm, von dem sie offensichtlich nichts versteht. Man könnte den Verdacht bekommen, dass der ganze Marathon nur dem Zweck dient, die Euro-Zone in die Luft zu jagen.
13.07.2015 11:44
Lesezeit: 2 min
Dokument des Scheiterns: Merkels peinliches Gestammel zur Euro-Rettung
Das böse Erwachen nach dem Gipfel: Diese Schlagzeile der Bild wird die Wut der Deutschen auf Angela Merkel schüren. (Screenshot)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Angela Merkels Gestammel nach 17 Stunden Verhandlungs-Marathon ist eine eindrucksvolles Dokument des Scheiterns: Merkel versteht offenkundig kein Wort von dem, was sie da vorliest. Sie ist sichtlich nicht mehr HerrIn der Lage. Merkels politischer Kardinalfehler: Sie vertraut darauf, was ihr die Technokraten vorlegen. Sie merkt selbst nicht, dass ihre Politik dadurch zu einem Stück aus dem absurden Theater wird. Immer neue Konstruktionen von Fonds mit immer neuen Versprechungen von Erfolgen - und das vor der Tatsache, dass wir gerade erleben, wie 340 Milliarden Euro aus europäischen Steuergeldern verbrennen.

Die Kombination aus Inkompetenz, Unehrlichkeit und Zentralismus ist tödlich für Europa - das spürt das griechische Volk als erstes, dem ein weiteres unsinniges Austeriäts-Diktat auferlegt werden soll. Merkel ignoriert, das seit fünfeinhalb Jahren Geld in das Euro-Finanzsystem gepumpt wird, um die Kredit-Orgie der EU-Heilsbringer aufzufangen. Seit fünfeinhalb Jahren steigen die griechischen Schulden. Seit fünfeinhalb Jahren sinkt die Wirtschaftsleistung.

Angela Merkels Auftritt nach dem 17-Stunden-Rekordgipfel dokumentiert, wie eine Politikerin zur Schauspielerin verfällt. Doch nicht ein großer Regisseur hat das Stück inszeniert, mit großen Gefühlen und professionellen Ideen. Die Drahtzieher im Hintergrund sind die total plan- und hilflosen Technokraten aus der Troika, ist ein Bundesfinanzminister, dessen Zerstörungswut als historisch zu bezeichnen ist. Merkel agiert nicht nach einem Drehbuch, sondern liest Zahlen vor, verhaspelt sich, erzählt Märchen aus der Welt der ewig falschen Religion der McKinseys dieser Welt.

Angela Merkel hat ein einziges Prinzip, dem sie in ihrer politischen Laufbahn treu geblieben ist: Sie will an der Macht bleiben. Es ist gut denkbar, dass sie auch jetzt ihren eigenen, ganz persönlichen Plan B verfolgt: Es wird immer deutlicher, dass das Euro-Desaster das größte finanzielle und politische Desaster der europäischen Geschichte werden wird. Merkel will dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der Hass, den ihre Leute im EU-Parlament versprüht haben; der Zynismus, mit dem Wolfgang Schäuble die Griechen demütigt; der offene Konflikt mit der EZB - all das sind Indizien, dass Merkel im Euro keine Zukunft sieht. Sie redet zwar viel pathetisches Zeug daher - doch man merkt, dass sie es selbst nicht glaubt.

Es ist gut möglich, dass Merkels Berater ihr geraten haben, den Ausstieg Deutschlands aus dem Euro vorzubereiten. Sie könnte zu der Überzeugung gelangen, dass die Kampagne der Bild-Zeitung (die am Montag absolut wahrheitswidrig titelt "86 Milliarden Euro für die Griechen") wirklich stimmt und sie daher nur am Ruder bleiben kann, wenn sie "die Griechen" und dann gleichzeitig "die Italiener", "die Franzosen" etc. verstoßt. Warum nicht ein nationalistisches Konzept versuchen? Der Sozialismus ist gescheitert. Die Bundesrepublik ist gescheitert. Es lebe die ewige Wende. Angela Merkel hat bereits dutzende Staats- und Regierungschefs kommen und gehen sehen. Sie ist die einzige, die alle Gipfel der Euro-Krise seit 2008 in derselben Funktion mitgemacht hat. Sie ist der Faktor der Stabilität im Untergang. Der Euro mag vergänglich sein. Angela Merkel bleibt und ist sich darin treu.

PS: Die Tatsache, dass alle Euro-Retter total übermüdet vor die Presse getreten sind, nötigt uns weder Respekt noch Mitleid ab. Sie hätten ihre lächerlichen Lokal-, Regional- und Partei-Termine in dem Augenblick absagen müssen, da die griechischen Banken geschlossen wurden. So wurde wirklich wichtige Zeit verloren. Sie haben nicht erkannt, was wirklich auf dem Spiel steht. Sie sollen jetzt nicht jammern, dass ihr Job so hart ist. Sie machen ihren Job grottenschlecht - und das ist zu beklagen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik „Trump ist nur eine Episode“: Boltons Abrechnung mit dem Mann im Weißen Haus
18.05.2025

Während Europa nervös auf jeden Tweet aus Washington reagiert, warnt Ex-Sicherheitsberater John Bolton: Nicht Trump sprengt die NATO –...

DWN
Technologie
Technologie Cyberkriminalität: Nur ein Klick von der Katastrophe entfernt
18.05.2025

Cyberkriminalität ist zur globalen Supermacht aufgestiegen – mit höherem Schaden als die Volkswirtschaften Deutschlands und Japans...

DWN
Panorama
Panorama Whisky – die stets liquide Luxus-Geldanlage
18.05.2025

Wein, Uhren, Schmuck, Handtaschen, Kunst, Oldtimer – es gibt viele Möglichkeiten, in alternative Geldanlagen zu investieren. Die meisten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Marokko als chinesisches Tor zur EU – doch Handelskrieg könnte Riegel vorschieben
18.05.2025

Peking investiert Milliarden in Marokkos Industrie – doch geopolitische Spannungen und der drohende Protektionismus eines möglichen...

DWN
Politik
Politik Gefängnis, Gericht, Geschichte – Stammheim 50 Jahre nach dem RAF-Prozess
18.05.2025

Vor 50 Jahren begann in Stammheim der RAF-Prozess – ein juristisches Mammutverfahren gegen den Terror. Wie viel Rechtsstaat blieb im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Analyse: „Die alte Weltordnung ist am Ende – und sie wird nicht zurückkehren“
18.05.2025

Das Zeitalter des freien Welthandels ist vorbei – die Welt wird neu vermessen. China produziert, die USA rüsten sich, und Europa...

DWN
Politik
Politik Handelskriege auf Risiko – Trumps russisches Roulette mit der US-Wirtschaft
18.05.2025

Mit Zöllen, Drohungen und Handelskriegen will Washington die Industrie heimholen. Doch was, wenn der Revolver in der Hand des Präsidenten...

DWN
Finanzen
Finanzen Greg Abel übernimmt: Der stille Stratege hinter Warren Buffetts Milliarden-Imperium
17.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära. Doch an die Stelle des legendären Investors tritt kein charismatischer Visionär,...