Angela Merkels Gestammel nach 17 Stunden Verhandlungs-Marathon ist eine eindrucksvolles Dokument des Scheiterns: Merkel versteht offenkundig kein Wort von dem, was sie da vorliest. Sie ist sichtlich nicht mehr HerrIn der Lage. Merkels politischer Kardinalfehler: Sie vertraut darauf, was ihr die Technokraten vorlegen. Sie merkt selbst nicht, dass ihre Politik dadurch zu einem Stück aus dem absurden Theater wird. Immer neue Konstruktionen von Fonds mit immer neuen Versprechungen von Erfolgen - und das vor der Tatsache, dass wir gerade erleben, wie 340 Milliarden Euro aus europäischen Steuergeldern verbrennen.
Die Kombination aus Inkompetenz, Unehrlichkeit und Zentralismus ist tödlich für Europa - das spürt das griechische Volk als erstes, dem ein weiteres unsinniges Austeriäts-Diktat auferlegt werden soll. Merkel ignoriert, das seit fünfeinhalb Jahren Geld in das Euro-Finanzsystem gepumpt wird, um die Kredit-Orgie der EU-Heilsbringer aufzufangen. Seit fünfeinhalb Jahren steigen die griechischen Schulden. Seit fünfeinhalb Jahren sinkt die Wirtschaftsleistung.
Angela Merkels Auftritt nach dem 17-Stunden-Rekordgipfel dokumentiert, wie eine Politikerin zur Schauspielerin verfällt. Doch nicht ein großer Regisseur hat das Stück inszeniert, mit großen Gefühlen und professionellen Ideen. Die Drahtzieher im Hintergrund sind die total plan- und hilflosen Technokraten aus der Troika, ist ein Bundesfinanzminister, dessen Zerstörungswut als historisch zu bezeichnen ist. Merkel agiert nicht nach einem Drehbuch, sondern liest Zahlen vor, verhaspelt sich, erzählt Märchen aus der Welt der ewig falschen Religion der McKinseys dieser Welt.
Angela Merkel hat ein einziges Prinzip, dem sie in ihrer politischen Laufbahn treu geblieben ist: Sie will an der Macht bleiben. Es ist gut denkbar, dass sie auch jetzt ihren eigenen, ganz persönlichen Plan B verfolgt: Es wird immer deutlicher, dass das Euro-Desaster das größte finanzielle und politische Desaster der europäischen Geschichte werden wird. Merkel will dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der Hass, den ihre Leute im EU-Parlament versprüht haben; der Zynismus, mit dem Wolfgang Schäuble die Griechen demütigt; der offene Konflikt mit der EZB - all das sind Indizien, dass Merkel im Euro keine Zukunft sieht. Sie redet zwar viel pathetisches Zeug daher - doch man merkt, dass sie es selbst nicht glaubt.
Es ist gut möglich, dass Merkels Berater ihr geraten haben, den Ausstieg Deutschlands aus dem Euro vorzubereiten. Sie könnte zu der Überzeugung gelangen, dass die Kampagne der Bild-Zeitung (die am Montag absolut wahrheitswidrig titelt "86 Milliarden Euro für die Griechen") wirklich stimmt und sie daher nur am Ruder bleiben kann, wenn sie "die Griechen" und dann gleichzeitig "die Italiener", "die Franzosen" etc. verstoßt. Warum nicht ein nationalistisches Konzept versuchen? Der Sozialismus ist gescheitert. Die Bundesrepublik ist gescheitert. Es lebe die ewige Wende. Angela Merkel hat bereits dutzende Staats- und Regierungschefs kommen und gehen sehen. Sie ist die einzige, die alle Gipfel der Euro-Krise seit 2008 in derselben Funktion mitgemacht hat. Sie ist der Faktor der Stabilität im Untergang. Der Euro mag vergänglich sein. Angela Merkel bleibt und ist sich darin treu.
PS: Die Tatsache, dass alle Euro-Retter total übermüdet vor die Presse getreten sind, nötigt uns weder Respekt noch Mitleid ab. Sie hätten ihre lächerlichen Lokal-, Regional- und Partei-Termine in dem Augenblick absagen müssen, da die griechischen Banken geschlossen wurden. So wurde wirklich wichtige Zeit verloren. Sie haben nicht erkannt, was wirklich auf dem Spiel steht. Sie sollen jetzt nicht jammern, dass ihr Job so hart ist. Sie machen ihren Job grottenschlecht - und das ist zu beklagen.