Politik

Unglaublicher Zufall: Nato-General Breedlove lobt US-Soldaten aus dem Thalys

Der Zwischenfall in einem französischen Schnellzug dürfte deutliche Verschärfungen der Sicherheit im Bahn-Verkehr zur Folge haben. Ob es sich wirklich um einen versuchten Terror-Anschlag gehandelt hat, ist völlig unklar. Es ist jedenfalls ein unglaublicher Zufall, dass der Täter ausgerechnet in der Anwesenheit von zwei US-Soldaten mit seinen Waffen zu hantieren begann. Nato-General Philip Breedlove lobte die US-Soldaten, die den bewaffneten Mann überwältigt hatten. Ihr mutiger Einsatz habe womöglich eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert, sagte US-Präsident Barack Obama.
23.08.2015 17:46
Lesezeit: 2 min

Der Zwischenfall im Schnellzug Thalys zwischen Belgien und Frankreich ist aktuell noch schwer einzuordnen. Ein Mann hatte im Thalys-Zug von Amsterdam nach Paris das Feuer eröffnet. Mehrere Passagiere griffen ein und rangen ihn nieder, darunter zwei US-Soldaten. Zwei Menschen wurden bei dem Vorfall schwer verletzt.

Unabhängig davon, was wirklich geschehen ist, dürfte der Vorfall neue Sicherheitsvorkehrungen für Bahnreisende haben. Nach der Attacke in dem Zug nach Paris patrouillieren nun Polizisten in den Hochgeschwindigkeitszügen. Zur Zeit seien dies französische Sicherheitskräfte, es werde aber auch erwogen, belgische und niederländische Polizisten einzusetzen, sagte eine Sprecherin der belgischen Bahngesellschaft SNCB der Nachrichtenagentur Belga am Samstag. Auch an den Bahnsteigen in Brüssel, wo Thalys-Züge halten, werde Polizei eingesetzt. Französische und belgische Behörden fordern Gepräck-Kontrollen wie auf Flughäfen. Seit den Anchlägen auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt hat Frankreich die Sicherheitskontrollen im Land drastisch verschärft. Tausende Militärs sind zur Überwachung eingesetzt. 

Wie es zu dem Zwischenfall kam und welche Hintergründe das Ereignis hat, ist zur Stunde noch völlig unklar: Die FAZ meldete noch am Samstag: «Zug-Attentäter ist Islamist», und berief sich auf «Informationen aus deutschen Sicherheitskreisen». In dem Text dazu findet sich allerdings keine konkrete Aussage, die das belegen könnte. Die Zeitung beruft sich auf „Angaben spanischer Ermittler“, wonach der Mann zuvor in Syrien gewesen sein soll und «möglicherweise an Aktionen der Organisation ‚Islamischer Staat‘ teilgenommen habe». Von den «deutschen Sicherheitskreisen hatte die FAZ allerdings lediglich erfahren, dass der Mann «auf dem Weg dorthin am 10. Mai am Flughafen Berlin-Tegel zu einem Flug nach Istanbul eingecheckt» habe.

In einem späteren Kommentar nennt die Zeitung den Mann ohne Einschränkungen einen «Islamisten» und fordert die Bevölkerung indirekt zur Selbstverteidigung auf: «Nicht immer, wenn ein Islamist sich zum Anschlag entschließt, dürften kampferprobte Soldaten in der Nähe sein. Im Angesichte eines Terroranschlags kann sich der Einzelne auf keine staatliche Autorität mehr verlassen und muss, so er es denn kann, das Schicksal in die eigene Hand nehmen.»

Der französische Schauspieler Jean-Hugues Anglade, der sich beim Drücken eines Notknopfes an der Hand verletzte, sagte einem Bericht des ORF zufolge, die Mitarbeiter des Thalys hätten sich in einem Abteil eingesperrt, die Passagiere allein gelassen und das Abteil auch auf Drängen der Passagiere nicht geöffnet. Die Zuggesellschaft wies diese Schilderung zurück.

Die Anwältin des Täters sagte, der Mann habe mit Terror nichts zu tun und lieferte die wenig überzeugende Erklärung, er habe die Waffen «in einem Park in Brüssel» gefunden. Die französischen Sicherheitsbehörden gaben an, der Mann sei wegen Drogen-Delikten von den Geheimdiensten beobachtet worden. Dies wiederum passt nicht direkt zum Berufsbild «selbsternannter Gotteskrieger » (FAZ).

Die Nato, die französische Regierung und US-Präsident Barack Obama lobten die Soldaten: Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag.

US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren «heldenhaften Taten» möglicherweise eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel «Helden des Thalys» verliehen. Und auch Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich «extrem stolz» auf die beteiligten Militärs, wie die dpa berichtet. Dies ist ein Novum: Bisher hat sich die Nato noch nie zu solchen Vorfällen geäußert, zumal die Männer nach eigenen Angaben auf einer Urlaubsreise waren und nicht im Dienst.

Die Schilderungen eines US-Soldaten auf Sky gehen dahin, dass das Maschinengewehr des Mannes geklemmt habe. In einer weiteren Waffe habe der Mann vergessen, ein Magazin einzuführen. So blieb ihm ein Messer, mit dem er einen Soldaten verletzte. Der Soldat erzählte, dass man gemeinsam den Mann bewusstlos geschlagen habe. Ein britischer Augenzeuge nannte auf ITV den genauen Typ der Kalaschnikow, was überraschend ist, weil man als normaler Mensch in der Regel Schwierigkeiten hat, die Marke einer Waffe innerhalb von Sekunden zu erkennen. Der Mann korrigierte sich auch gleich und sagte, er meine die Waffe, die er nicht genau als solche identifizieren konnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...