Finanzen

Geldschwemme als Risiko für die Banken: Heftiger Streit in der EZB

In der Europäischen Zentralbank ist offenbar ein heftiger Streit über die Folgen der Geldschwemme ausgebrochen: Die für die Aufsicht zuständigen Banker sehen erhebliche Risiken. Die Befürworter des lockeren Geldes sagen, langfristig würden die positiven Effekte überwiegen.
10.11.2015 23:38
Lesezeit: 1 min

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet über erhebliche Konflikte zwischen Finanzwächtern und Notenbankern in der EZB. Während die Kontrolleure der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der einen Seite die Institute mit schärferen Kapitalvorgaben krisenfester machen wollen, befürchten Geldpolitiker auf der anderen Seite Dämpfer für die immer noch sehr zögerliche Kreditvergabe im Währungsraum. „Es gibt Tausende Konflikte, große und kleine“, sagte eine mit der Situation vertraute Person zu Reuters. Die Bankenaufsicht SSM stehe dabei doppelt unter Beschuss: „Von der EZB-Seite und von den nationalen Behörden.“

Seit Herbst 2014 ist die EZB direkt für die Überwachung der größten Institute im Euro-Raum zuständig. Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) besteht aus der Zentralbank und den nationalen Aufsichtsbehörden der 19 Euro-Länder. Zwischen den von der Französin Daniele Nouy geleiteten Bankenkontrolleuren und dem Geldpolitik-Arm der EZB sind Wände hochgezogen – Büros sind getrennt, auch der Austausch von vertraulichen Informationen ist eingeschränkt.

Dennoch müssen die Entscheidungen des SSM schließlich vom EZB-Rat genehmigt werden. Zwar lehnte dieser den Insidern zufolge bisher keine Aufsichtsvorhaben ab. Einige Themen seien aber vor und zurückgewandert, bevor sie dem Rat formell vorgelegt worden seien. Eine Sprecherin der EZB und für Bankenaufseherin Nouy lehnte eine Stellungnahme zu der Frage ab, ob es zwischen den Abteilungen Unstimmigkeiten gebe.

Konfliktlinien wurden Insidern zufolge etwa bei der Festlegung der neuen Mindestkapitalanforderungen sichtbar, die die Aufsicht den von ihr durchleuchteten Banken vorgibt. Im Schnitt werden die Mindestkernkapitalquoten für 2016 nach der Überprüfung um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Im Extremfall können solche Vorgaben dazu führen, dass Banken mehr Kapital aufnehmen oder sich aus bestimmten Geschäften zurückziehen müssen.

„Das sieht wie eine versteckte Kapitalerhöhung aus“, kritisiert ein Notenbanker. „Ist das einmalig oder der Anfang einer langen Reihe?“ Ihm zufolge könnte das die Bereitschaft der Banken dämpfen, mehr Kredite an die Wirtschaft auszureichen. Die von der Geldpolitik gerade erhofften Impulse für die Konjunktur und Wirtschaft würden so untergraben.

Bei der EZB-Bankenaufsicht hieß es dazu, Kapitalvorgaben hätten laut Studien nur einen geringen negativen Einfluss auf die Kreditvergabe. Dies werde mehr als ausgeglichen durch langfristige positive Effekte.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...