Politik

Saudi-Arabien verhaftet Schwester von kritischem Blogger

Lesezeit: 2 min
13.01.2016 02:21
Saudi-Arabien hat die Schwester des bereits inhaftierten Bloggers Raef Badawi verhaftet. Die Menschenrechtsverletzung bringt auch Deutschland in Bedrängnis: Bundesaußenminister Steinmeier will trotz heftiger Kritik nach Riad reisen.
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In Saudi-Arabien ist die Schwester des inhaftierten Bloggers Raef Badawi laut Amnesty International festgenommen worden. Die Menschenrechtsorganisation teilte am Dienstag mit, Samar Badawi sei am Morgen in Dschiddah mit ihrer zweijährigen Tochter festgenommen und vier Stunden von der Polizei verhört worden, bevor sie im Gefängnis von Dhahran inhaftiert wurde. Amnesty sprach von einem weiteren Schlag gegen die Menschenrechte in dem erzkonservativen Königreich.

Die Ehefrau von Raef Badawi, Ensaf Haidar, teilte ihrerseits mit, ihre Schwägerin sei unter dem Vorwurf festgenommen worden, das Konto ihres Ex-Mannes Walid Abulchair beim Kurzbotschaftendienst Twitter betrieben zu haben. Der Menschenrechtsaktivist Abulchair verbüßt eine 15-jährige Haftstrafe im Gefängnis Dhahran. Dort ist auch Raef Badawi inhaftiert, der zu zehn Jahren Haft und tausend Peitschenhieben verurteilt wurde.

Philip Luther von Amnesty International erklärte, die Festnahme sei "ein neuer alarmierender Rückschlag für die Menschenrechte in Saudi-Arabien und zeigt die extreme Entschlossenheit der Regierung, ihre gnadenlose Einschüchterungskampagne gegen die Verteidiger der Menschenrechte fortzuführen, um sie zum Schweigen zu zwingen". Laut Amnesty soll Samar Badawi am Mittwoch vor Gericht erscheinen. Sie unterlag seit Dezember 2014 bereits einem Ausreiseverbot.

Die erneute Menschenrechtsverletzung bringt auch Deutschland in Bedrängnis: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier musste bereits vor dem Vorfall seine umstrittenen Pläne für eine Reise nach Saudi-Arabien verteidigen. "Niemand kann ein Interesse daran haben, wenn sich die Spannungen zwischen Teheran und Riad weiter ungebremst aufschaukeln", sagte der SPD-Politiker der Süddeutschen Zeitung. Dadurch würden die Bemühungen um einen Frieden in Syrien gefährdet. Es gelte, "alle verfügbaren Gesprächskanäle und Kontakte zu nutzen", sagte er mit Blick auf die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Die Reise stehe noch nicht fest und sei aus heutiger Sicht hypothetisch, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte lediglich, die Reisen des Außenministers würden dann angekündigt, wenn sie anstünden. Seibert betonte, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Steinmeier verfolgten eine gemeinsame Linie in der Saudi-Arabien-Politik.

Am Wochenende hatten Unionspolitiker angesichts der Hinrichtung von 47 Häftlingen kurz nach Neujahr in Saudi-Arabien Steinmeier vorgeworfen, es sei unangemessen, "mit dem Regime in Riad lustige Feste zu feiern". Die Grünen warnten, eine Teilnahme am Dschanadrija-Festival Anfang Februar würde dazu beitragen, Normalität in dem Land vorzugaukeln. Die Linke nannte die Reisepläne inakzeptabel.

Unter den Hingerichteten befindet sich auch ein schiitischer Geistlicher, was die Spannungen zum schiitischen Iran verschärft hat. Hilfsorganisationen werfen Saudi-Arabien seit langem Verletzungen der Menschenrechte vor. Zudem wird der Monarchie, die mit dem Wahhabismus eine fundamentalistische Form des Islams pflegt, vorgehalten, damit zum Erstarken der Extremistenorganisation Islamischer Staat beigetragen zu haben. Die Regierung in Riad weist dies zurück.


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