Politik

EU-Deal: Serbien beginnt mit Schließung der Grenze für Flüchtlinge

Lesezeit: 2 min
21.02.2016 14:54
Serbien hat mit der Schließung seiner Grenze für Flüchtlinge begonnen. Belgrad lässt ab sofort keine Flüchtlinge aus Afghanistan mehr über die Balkan-Route in die EU reisen. Wenn es nach den Plänen der EU geht, sollen die Maßnahmen auch bald für Flüchtlinge aus dem Irak und zuletzt für Syrer greifen.
EU-Deal: Serbien beginnt mit Schließung der Grenze für Flüchtlinge

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Serbien hat in der Nacht zum Sonntag seine Grenze zu Mazedonien geschlossen. Darauf folgte am Sonntag Mazedonien, welches umgehend seine Grenze zu Griechenland für einreisewillige afghanische Staatsbürger geschlossen hat. Die griechischen Behörden seien am Morgen informiert worden, dass Afghanen nicht mehr durchgelassen würden, berichtet Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf griechische Polizeikreise.

Den Angaben zufolge dürfen Syrer und Iraker weiter aus Griechenland nach Mazedonien einreisen. Am Grenzübergang Idomeni warteten demnach knapp 4.000 Menschen auf die Weiterreise.

Seit November hatte Mazedonien nur Afghanen, Syrer und Iraker einreisen lassen. Das Land liegt auf der sogenannten Balkanroute zwischen Griechenland und Serbien, von wo aus die meisten Flüchtlinge weiter nach Österreich, Deutschland und Skandinavien reisen wollen.

Die Schließung dürfte Teil des Deals von Serbien mit der EU sein: Beide Seiten haben einen Plan entwickelt, der die Schließung der EU-Außengrenzen für alle Flüchtlinge und Migranten vorsieht. Die Serben und Mazedonier wollen demnach künftig genaue Einzelfall-Prüfung durchführen. Die Serben sollen, so der Wunsch der EU, die Grenzen bis zum 1. März schließen. Das berichtet die Zeitung Danas aus Belgrad, ein seriöses Blatt, das der Regierung kritisch gegenübersteht. Die Informationen dürften aus Regierungskreisen geleakt worden sein, weil es in der Partei von Premier Aleksandar Vučić faktisch eine Spaltung gibt. Tatsächlich könnte sich die Schließung bis Ende März hinziehen - einerseits wegen der Wahlen in Serbien, andererseits möchte die EU vermeiden, dass der für den 6. März geplante Gipfel mit der Türkei von vornherein zu Farce wird.

Vučić hat mit der EU seit vielen Monaten über einen Deal zur Schließung der Grenzen verhandelt. Erst vor wenigen Tagen fand laut Danas ein Gespräch zwischen den EU-Präsidenten und Vučić statt, bei dem der Plan im Detail ausgearbeitet worden sein soll. Serbien hat, trotz erheblicher wirtschaftlicher Probleme, die Zusage von Angela Merkel, bald in die EU aufgenommen zu werden. Die offiziellen Beitrittsverhandlungen wurden vor wenigen Monaten aufgenommen. Noch schließt Aleksandar Vučić einen Nato-Beitritt aus, weil er sich im Frühjahr Wahlen stellen muss und dieses Thema in Serbien aktuell nicht mehrheitsfähig ist.

Es ist unklar, wie Griechenland auf die Entwicklung reagieren wird: Die griechische Regierung soll von Mazedonien nicht offiziell über den Schritt informiert worden sein, wie laut AFP aus Regierungskreisen in Athen verlautete. Griechenland verurteile alle „einseitigen Maßnahmen“ in der Flüchtlingskrise.

Das Problem für Athen: Nun werden sich die Flüchtlinge in Griechenland stauen, die bisher über die Balkan-Route nach Norden gekommen sind. Formal wurde die Entwicklung durch Deutschland angestoßen - auch wenn Angela Merkel offiziell die deutschen Grenzen weiter für alle Einreisenden offen halten will. Doch per Januar hatte Deutschland begonnen, sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge nach Österreich zurückzuschicken. Daraufhin hat Österreich beschlossen, seine Grenzen dicht zu machen. Durch diese Entscheidung wurde ein Domino-Effekt erzeugt, der aber die Balkan-Staaten nicht überrascht hat: Die Polizeibehörden der betroffenen Länder haben sich abgesprochen, um einen Rückstau zu verhindern.

Serbien hat sich bereiterklärt, einen Teil der Flüchtlinge zu übernehmen, die durch die Grenzschließung nicht weiterreisen können.

Inwieweit Griechenland in den Plan eingebunden ist, ist unklar. Es ist jedoch denkbar, dass Merkels Plan B darin besteht, die Zahlungen, die eigentlich für die Türkei vorgesehen sind, im Falle eines Scheiterns des Deals mit dem türkischen Präsidenten Erdogan nach Griechenland und nach Italien zu leiten, damit die Flüchtlinge dort aufgenommen werden. Der italienische Premier Matteo Renzi hatte diese Merkel bereits mehrfach vorgeschlagen. Der für Migrationsfragen zuständige Staatssekretär Domenico Manzione sagte in einem Interview mit der Zeitung Il Mattino, dass es, wenn Österreich den Brenner tatsächlich schließt, „Italien zu einer Sackgasse im Herzen Europas“ würde: “Es besteht die Gefahr, dass unsere Nordgrenze zu einem Lampedusa des Nordens wird.“

Der Plan, die Flüchtlinge in den Balkan-Staaten unterzubringen, ist nicht neu: Er scheiterte jedoch in seinem ersten Anlauf, weil es der EU nicht rechtzeitig gelungen ist, ein verbindliches Abkommen mit Serbien und Mazedonien zu schließen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...