Politik

Rückschlag für Merkel: Grenzen in Europa bleiben bis Dezember dicht

Die EU ist mit ihrem Bemühen, den Schengen-Raum zu erhalten, vorerst gescheitert. Eine Stellungnahme der Kommission zeigt, dass die EU davon ausgeht, dass die Grenzen bis Dezember geschlossen bleiben – also wesentlich länger als geplant. Damit ist auch Angela Merkels Forderung nach einer umgehenden EU-weiten Lösung der Flüchtlingskrise hinfällig.
04.03.2016 13:13
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die EU-Kommission glaubt nicht mehr an eine kurzfristige Einigung in der Flüchtlingskrise: Sie hofft allerdings immer noch, dass es eines Tages zu einer Wiederbelebung des Schengen-Raumes kommen könnte. Daher fordert die Kommission die Staaten auf, alle wegen der Flüchtlingskrise verhängten Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums bis Jahresende zu beenden. Bis Dezember müssten „alle internen Kontrollen“ aufgehoben werden, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Freitag.

Das Problem der EU-Kommission: Bis auf Deutschland redet kein Staat mehr davon, dass er auf eine EU-weite Lösung setzt. Die meisten Staaten haben Grenzkontrollen wieder eingeführt. Nach den Vorfällen von Köln ist die Stimmung auch in den zu diesem Zeitpunkt noch willigen Staaten gekippt. Die Osteuropäer und Skandinavier hatten allerdings schon vor Silvester reagiert und ihre Grenzen geschlossen.

Tatsächlich hat die EU keine Handhabe, um ihre Forderung durchzusetzen. Daher warnt die EU-Kommission und sagt, es würden Milliarden für die europäische Wirtschaft anfallen, sollten die Kontrollen dauerhaft in Kraft bleiben.

Um eine „Rückkehr zu Schengen“ bis Jahresende möglich zu machen, will die Kommission drei Prioritäten setzen: eine Sicherung der Schengen-Außengrenze in Griechenland, das Ende des „Durchwinkens“ von Flüchtlingen innerhalb der EU und entlang der Balkanroute und ein Ende von Alleingängen in der Flüchtlingskrise.

Wegen des Flüchtlingsstroms haben derzeit sieben Länder Kontrollen an ihren Grenzen wieder eingeführt, darunter Deutschland. Die Kontrollen hinderten EU-Bürger nicht nur am freien Reisen, „sie haben auch bedeutende wirtschaftliche Kosten“, erklärte die Kommission. Sie schätzt alleine die direkten Kosten für die europäische Wirtschaft auf fünf bis 18 Milliarden Euro pro Jahr.

Leiden würden den Angaben zufolge unter anderem der Tourismus, über Grenzen pendelnde Arbeitnehmer und der grenzüberschreitende Gütertransport. So würden bei Mitgliedstaaten wie Deutschland, Polen und den Niederlanden die zusätzlichen Kosten im Straßentransport mit 500 Millionen Euro anfallen; in Spanien oder Tschechien wären es 200 Millionen Euro. Die Probleme für den Gütertransport würden voraussichtlich auch viele Waren teurer machen.

Im Tourismus würden jährlich 13 Millionen Übernachtungen verloren gehen, was Einbußen von 1,2 Milliarden Euro zur Folge haben werde, erklärte die Kommission weiter. Regierungen müssten zudem 1,1 Milliarden Euro wegen zusätzlicher Kosten für Grenzkontrollen aufbringen. Den Ausfall durch Wartezeiten für 1,7 Millionen EU-Bürger, die zum Arbeiten in ein Nachbarland fahren, bezifferte Brüssel mit 2,5 bis 4,5 Milliarden Euro.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Ukraine-Krieg: Gescheiterte Verhandlungen 2022 - Lawrow über Waffenruhe „Wir wollen das nicht mehr“
22.05.2025

Russlands Außenminister Sergej Lawrow erteilt einer langfristigen Waffenruhe eine Absage. Nach Angaben des russischen Außenministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardär Arnault warnt: EU treibt Industrie in den Abgrund
22.05.2025

Bernard Arnault, der reichste Mann Europas, schlägt Alarm: Die EU spiele mit dem Feuer, während Zölle explodieren und ganze Branchen...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: Polen interveniert - ein verdächtiges Manöver?
22.05.2025

Ein russisches Schiff der „Schattenflotte“ hat verdächtige Manöver in der Nähe des Verbindungskabels zwischen Polen und Schweden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI statt Ruhestand: Google-Mitgründer Brin kehrt zurück – jetzt wird’s ernst
22.05.2025

Sergey Brin ist zurück – getrieben von der KI-Revolution. Google greift mit neuer Macht an, doch die Fehler der Vergangenheit sitzen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüssel bremst Billig-Boom: EU erklärt Temu und Shein den Zoll-Krieg
22.05.2025

Die EU greift zur Zollkeule: Mit einer neuen Pauschalabgabe sollen Temu und Shein ausgebremst werden – doch am Ende zahlen Europas...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...