Finanzen

Negativ-Zinsen: Versicherer lagert Gold und Bargeld ein

Der Rückversicherer Münchener Rück deckt sich mit Bargeld und Gold ein, um die Folgen der Negativzinsen abzufedern. Andere Unternehmen, die große Summen anlegen müssen, könnten diesem Beispiel bald folgen. Die Kritik an der Geldpolitik der EZB wächst.
21.03.2016 16:41
Lesezeit: 2 min

Der größte Rückversicherer der Welt, Münchener Rück, sucht angesichts der Strafzinsen der EZB nach Alternativen bei der Kapitalanlage. Schon vor geraumer Zeit habe das Unternehmen Gold gehortet, sagte Vorstandschef Nikolaus von Bomhard am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz in München. Vor kurzem habe das Unternehmen zudem einen zweistelligen Millionenbetrag in bar eingelagert, sagte er. „Wir probieren das jetzt einfach mal aus. Daran sehen sie, wie ernst die Situation ist.“

Die EZB verlangt für Geld, das Banken über Nacht bei ihr parken, inzwischen einen Strafzins von 0,4 Prozent. Sie folgt damit einem Trend, dem immer mehr Zentralbanken folgen. Hierzu gehören neben der EZB die Zentralbanken der Schweiz, Schwedens und Japans. Nach offizieller Lesart sollen die Strafzinsen Geschäftsbanken dazu bewegen, mehr Kredite an die Realwirtschaft auszugeben. Indirekt soll damit auch die Inflationsrate gesteigert werden, die seit Jahren unter der von der EZB als optimal angesehenen Marke von knapp unter 2 Prozent liegt.

Derzeit sieht es so aus, als ob die schädlichen Nebenwirkungen der Strafzinsen die beabsichtigten Ziele überlagern. Die Kreditvergabe in der Eurozone hat gemessen an den expansiven Maßnahmen nur sehr moderat zugelegt, die Inflation ist im Februar sogar wieder in den negativen Bereich abgerutscht. Von einer nachhaltigen Stimulation der Konjunktur kann seit Einführung der expansiven Geldpolitik Ende des Jahres 2008 ebenfalls nicht gesprochen werden.

Stattdessen drücken die Negativzinsen auf die Renditespannen von Banken und Unternehmen. Erste Geldhäuser denken bereits laut darüber nach, die zusätzlichen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. „Die Zeit von kostenlosen Girokonten ist vorbei“, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) kürzlich mit Blick auf die Geldpolitik der EZB. Die deutschen Sparkassen verwahren Einlagen von mehr als 860 Milliarden Euro und leiden deshalb besonders stark unter der Niedrigzinspolitik der EZB. Da der Zinsüberschuss sinke, könnten andere Angebote nicht mehr quersubventioniert werden und es müssten Gebühren für Dienstleistungen verlangt werden, die bisher umsonst waren, sagte DSGV-Präsident Georg Fahrenschon. Einige Sparkassen in Bayern würden schon prüfen, ab welchem Negativzins ein Umstieg auf Tresore billiger wäre, als das Geld bei der EZB zu parken. Zudem würden die Kunden verstärkt Schließfächer nachfragen.

„In der Sackgasse muss man den Mut haben umzudrehen, weiter Vollgas führt zur Katastrophe“, so Fahrenschon. Auch der Münchener Rück-Chef von Bomhard übt heftige Kritik. EZB-Präsident Mario Draghi müsse nun klarmachen, dass die Notenbank mit ihren Maßnahmen am Ende und die Politik nun am Zug sei. „Eine Bazooka funktioniert nicht mehr, die Regierungen müssen jetzt aktiv werden“, sagte er.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...