Politik

Washington Post attackiert Merkel wegen Böhmermann

Die Washington Post attackiert Bundeskanzlerin Angela Merkel ungewöhnlich scharf. Die Zeitung sieht darin einen Kniefall der Kanzlerin vor dem türkischen Präsidenten. Die Tatsache, dass die Kanzlerin darüber überhaupt diskutiere, könne andere Staaten wie China zur Unterdrückung der Redefreiheit ermuntern.
14.04.2016 17:43
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Washington Post übt scharfe Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkels Haltung im Fall Böhmermann. „Der ganze Fall sollte nichts als schallendes Gelächter über den Größenwahn Erdogans (des türkischen Präsidenten) auslösen. Es ist alarmierend, dass Merkel zumindest vorgibt, das Ganze ernst zu nehmen“, schrieben die Herausgeber am Donnerstag in einem Editorial. Der Text ist von einer gewissen Relevanz, weil er nicht von der Redaktion, sondern von Herausgebern kommt. Der Text ist nicht namentlich unterzeichnet, sondern wird als vom Editorial Board verfasst gekennzeichnet. Die US-Neocons gelten als sehr einflussreich bei der Post.

Die Post macht ihre Kritik daher ausdrücklich an dem Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei fest: Indem die EU keine Flüchtlinge mehr aufnehme und die Verantwortung der Türkei zugewiesen habe, werde das „autokratische“ Regime in Ankara gestärkt. Tatsächlich hat der EU-Deal allerdings dazu geführt, dass die Türkei plötzlich selbst innenpolitische Probleme mit der Aufnahme von Flüchtlingen bekommen hat. Es gab Proteste in der Türkei gegen die Ansiedelung von Flüchtlingen. Als Reaktion darauf hatte die Türkei unter Vermittlung von Algerien Gespräche mit Syrien aufgenommen, die die Hoffnung nährten, die Kriegslust der Türkei könnte deutlich abnehmen.

Die US-Neocons dagegen bestehen weiter auf einem militärischen Sieg gegen den syrischen Präsidenten Assad. Sie glauben nicht an einen Frieden. Die CIA hat Pläne ausgearbeitet, die zu al-Kaida gehörende al-Nusra-Front mit Boden-Luft-Raketen auszurüsten – eine ernste Bedrohung für die syrische und die russische Luftwaffe.

Das deutsche Gesetz, das ausländischen Staatsführern erlaube, Kritiker in Deutschland zu verklagen, sei anachronistisch und müsse abgeschafft werden, kritisierte die Zeitung. Es habe in einer westlichen Demokratie keinen Platz. Merkel hatte das Schmähgedicht des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als „bewusst verletzend“ bezeichnet.

Der wahre Grund für Merkels Äußerungen sei Erdogans wichtige Rolle in der europäischen Flüchtlingsfrage, hieß es weiter. Merkel habe vermutlich eine diplomatische Krise verhindern wollen. Das sei aber womöglich verhängnisvoll, stehe doch die Redefreiheit in Deutschland auf dem Spiel.

„Merkels Geschwafel ist dazu angetan, Erdogan und andere Regime – China kommt uns in den Sinn – zu ermutigen, welche kritische Äußerungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Grenzen unterdrücken wollen“, schreibt die Zeitung. Merkels einzige Antwort auf Erdogan solle darin bestehen, was ihr Sprecher bereits am Montag gesagt habe: „Als Eckstein der Verfassung ist die freie Meinungsäußerung unverhandelbar.“

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...