Politik

Frankreich: Hollande will dem Druck der Straße nicht weichen

In Frankreich ist es bei Demonstrationen gegen die Regierung Hollande zu schweren Ausschreitungen gekommen. Präsident Hollande will jedoch weiter an der umstrittenen Arbeitsmarktreform festhalten. In einem Interview erweckte Hollande den Eindruck, als habe er mit seinem Amt bereits abgeschlossen.
18.05.2016 01:18
Lesezeit: 1 min

Susanne Sawadogo von der AFP berichtet aus Paris:

Trotz der anhaltenden Massenproteste will Frankreichs Präsident François Hollande an seiner Arbeitsrechtsreform festhalten. „Ich gebe nicht nach“, sagte er am Dienstag in einem Radiointerview. Die Reformen seien überfällig. In mehreren französischen Regionen protestierten Lastwagenfahrer mit Straßenblockaden, insgesamt gingen landesweit zehntausende Menschen auf die Straße. Mehrfach kam es zu Ausschreitungen, in Paris setzte die Polizei Tränengas ein.

Er tue das Notwendige, ganz gleich, ob es unpopulär sei, sagte Hollande dem Sender Europe 1. „Ich möchte lieber als Präsident in Erinnerung bleiben, der – auch unbeliebte – Reformen angegangen ist, als ein Präsident, der nichts getan hat.“

Hollande nahm mit seinen Worten Bezug auf die vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeleiteten Reformen der Agenda 2010. Frankreich habe mit solchen Reformen zu lange gewartet. Zugleich stellte er den Franzosen Steuererleichterungen in Aussicht – wenn dies die Wirtschaftslage erlaube. „Das werden wir im Sommer sehen.“

Ob er nach dem Ablauf seiner ersten Amtszeit in einem Jahr erneut bei der Präsidentschaftswahl antreten will, ließ Hollande weiter offen. Er will seine Entscheidung Ende des Jahres bekannt geben. Der Sozialist hatte das Sinken der Arbeitslosenzahlen zur Bedingung für eine neue Kandidatur gemacht. Umfragen zufolge hätte er derzeit keine Chance auf eine Wiederwahl.

Die Arbeitsrechtsreformen sehen unter anderem eine Lockerung des Kündigungsschutzes vor. Die sozialistische Regierung will so gegen die hohe Arbeitslosigkeit ankämpfen. Seit Wochen gibt es gegen die Pläne landesweite Demonstrationen.

Auch am Dienstag folgten in mehreren französischen Städten wieder zehntausende Menschen dem Aufruf von Gewerkschaften und Studentenorganisationen, gegen die Pläne zu demonstrieren. Nach Angaben der Polizei gingen landesweit rund 68.000 Menschen auf die Straße, die Veranstalter sprachen von etwa 220.000 Demonstranten.

In Paris setzte die Polizei Tränengas ein, als gewaltbereite Demonstranten die Beamten mit Wurfgeschossen attackierten. Dort gab es 87 Festnahmen. In Toulouse attackierten Demonstranten das Büro eines sozialistischen Abgeordneten, in Nantes setzte die Polizei Wasserwerfer ein. Proteste gab es auch in den Städten Marseille, Lyon und Lille.

Die Proteste richten sich auch dagegen, dass die Regierung die Reform vergangene Woche ohne Abstimmung in erster Lesung durch die Nationalversammlung brachte. Für Donnerstag sind ebenfalls wieder Demonstrationen und Streiks geplant.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...