Politik

Russland übernimmt das Kommando im Kampf gegen den IS

Die militärischen Erfolge der Russen haben augenscheinlich dazu geführt, dass die Amerikaner die russische Führung im Kampf gegen den IS anerkennen. Allerdings gibt es in Washington immer noch Kräfte, die lieber mit der Terror-Miliz al-Kaida kooperieren wollen als mit Moskau.
04.06.2016 16:42
Lesezeit: 3 min
Russland übernimmt das Kommando im Kampf gegen den IS
Russen und Syrer rücken auf Raka vor. (Foto: Al Masdar News)

Die syrische Armee ist am Samstag erstmals seit fast zwei Jahren in die Provinz Raka vorgestoßen. Die Regierungstruppen hätten bei ihrem Vormarsch Unterstützung durch russische Luftangriffe sowie von durch Russland ausgebildete Milizen erhalten, berichtet Almasdar News. Die syrische Armee soll demnach nach hartem Kampf 35 Kilometer entlang einer strategisch wichtigen Autobahn vom IS zurückerobert haben. Das 550. Regiment der vierten motorisierten Division sei für den Vorstoß verantwortlich.

Auch bei Aleppo sind Russen und Syrer erfolgreich, berichtet die AFP. Allerdings sehen sich die Syrer bei Aleppo noch dem massiven Widerstand der Terror-Gruppe al-Nusra gegenüber, wie Almasdar News berichtet:

Die Fortschritte sind offenbar auf eine direkte Zusammenarbeit der Russen mit den Amerikanern zurückzuführen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte laut Reuters am Mittwoch mit seinem US-Kollegen John Kerry über mögliche gemeinsame Einsätze gegen den Al-Kaida-Ableger Nusra Front in Syrien gesprochen. In dem am Mittwoch geführten Telefonat sei es um mögliche "entscheidende Aktionen" gegangen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Die USA hätten die Initiative für das Gespräch ergriffen gehabt.

In Moskau sagte Außenminister Sergej Lawrow, er habe den Eindruck, dass sich im Westen die Erkenntnis durchsetze, dass ein rascher Sieg über den IS oberste Priorität habe. Wie die TASS berichtet, kämpft Lawrow gegen jene Stimmen in Washington, die Vorbedingungen für den al-Kaida-Albeger al-Nusra verhandeln wollten. Die al-Nusra Front wird von den Golfstaaten finanziert und wurde lange Zeit direkt von den USA unterstützt. Lawrow berichtete in einem Interview mit dem TV-Sender 360, dass es in Washington Bestrebungen gebe, die Terror-Gruppe al-Nusra doch noch zu einer relevanten Partei zu machen: So verscuhten die Amerikaner, die al-Nusra mit anderen syrischen Rebellen-Gruppen zu verschmelzen.

Die Bemühungen sind offenbar das Ergebnis einer gescheiterten Söldner-Strategie: Die Washington Post berichtet, dass die US-Söldner faktisch aufgerieben wurden. Zuletzt sei die "Neue Syrische Armee" - ein erst vor wenigen Wochen gegründeter Verband - durch IS-Selbstmordattacken mehr oder weniger kampfunfähig gemacht worden. Die US-Regierung hat im Krieg in Syrien etwa 500 Millionen Dollar an Steuergeldern verbrannt - ohne jeden Erfolg wie US-Präsident Obama schon vor längerem eingeräumt hat und wie es nun auch die Post in ungewöhnlicher Deutlichkeit feststellt.

Lawrow bestätigte, dass die militärischen Aktivitäten nun direkt koordiniert werden: Es gäbe eine Videoschaltung von der russischen Luftwaffenbasis Hmeymim zu US-Vertretern in Amman. Laut Lawrow werden alle Operationen koordiniert. Auch mit Israel herrscht ein enger Informationsaustausch.

Auch die sogenannte Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht seit neuestem von einer Zusammenarbeit zwischen Russen und Amerikanern: Es "scheint es eine nicht deklarierte Koordination zwischen Washington und Moskau" zu geben, sagte ein Mann namens Abdel Rahmane der AFP. Die Beobachtungsstelle ist eine Art PR-Stelle, die aus London heraus operiert. ES wird vermutet, dass sie von den Muslimbrüdern betrieben und von westlichen Geheimdiensten finanziert wird. Der britische Geheimdienst MI& finanziert ausdrücklich PR-Aktivitäten für den Westen aus Syrien, wie erst neulich im Zug einer Budget-Diskussion in London bekannt wurde.

Lawrow sagte, er habe seit Januar etwa 34mal mit seinem US-Kollegen John Kerry gesprochen. Faktisch diskutieren Amerikaner und Russen alle militärischen Scxhritte im Detail, sagte Lawrow.

Zuletzt hatten die Golfstaaten versucht, Zweitracht zwischen Russen und Syrern zu säen - allerdings ohne den geringsten Erfolg: Russland soll einen neuen Verfassungsentwurf für Syrien ausgearbeitet haben, der eine Entmachtung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nach sich ziehen würde, behauptete der von Katar finanzierte Sender Al Jazeera, ohne die geringsten Belege vorzulegen. Der Spekulation zufolge müsste Assad einen Großteil seiner Kompetenzen abgeben und die Zentralregierung würde ihre Macht verlieren. Stattdessen würde es zu einer dezentralen Ordnung Syriens kommen, was den Kurden und auch der bewaffneten Opposition im Land entgegen kommen würde. Die libanesische Zeitung berichtet, dass der Entwurf der Russen von den Amerikanern abgesegnet wurde. Noch vor Ende des Jahres soll in Syrien ein Verfassungs-Referendum stattfinden.

Doch das Presseamt der syrischen Regierung wies den Bericht als „unwahr“ zurück. „Der syrisch-arabischen Republik liegt kein Verfassungsentwurf vor. Alles, was in den Medien über dieses Thema gesagt wurde, ist völlig falsch“, meldet das Presseamt auf seiner Facebook-Seite.

Lawrow sagte, dass die Russen nichts tun würde, ehe es einen Sieg über die Terror-Milizen gegeben habe. Zwar sei man offen für alle Diskussionen, doch zuerst müsste die islamistischen Söldner militärisch endgültig besiegt werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Handelskrieg: Optionen für das große Geld schwinden – Rezession droht
08.04.2025

Innerhalb von nur zwei Tagen haben die globalen Märkte einen dramatischen Verlust von 5,4 Billionen Dollar erlitten. Während die großen...

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Selenskyj bestätigt erstmalig ukrainische Truppenpräsenz in russischer Region
08.04.2025

Dies ist das erste Mal seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als drei Jahren, dass Selenskyj öffentlich die Anwesenheit...

DWN
Politik
Politik Stillstand im Bundestag: Union und SPD streichen Sitzungswoche – aus Furcht vor der AfD?
08.04.2025

Die Sitzungswoche des Bundestags für diese Woche wurde auf Betreiben von Union und SPD gestrichen – mitten in Krisenzeiten und während...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump-Zölle: Europäischen Aktienmärkten droht dreimonatiger Bärenmarkt
08.04.2025

Die europäischen Aktienmärkte stehen angesichts der jüngsten Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, neue Zölle auf Handelswaren...

DWN
Politik
Politik Koalitionsverhandlungen vorm Abschluß? US-Zölle drücken aufs Tempo - Ist die schwarz-rote Koalition bald Realität?
08.04.2025

Schlussspurt bei Union und SPD: Stehen die Gespräche vor einem möglichen Abschluß? Nicht zuletzt angesichts der internationalen Lage und...

DWN
Politik
Politik Migration: Während der Koalitionsverhandlung stoppt das Innenministerium plötzlich die Aufnahme der UN-Flüchtlinge
08.04.2025

Für die Umsiedlung schutzbedürftiger Flüchtlinge wurde ein vorläufiger Aufnahmestopp verhängt. Deutschland hatte jährlich 6550...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg: Was können Unternehmer und Verbraucher jetzt tun?
08.04.2025

Nüsse horten? Jeans bunkern? In Motorräder investieren? Der sich anbahnende Handelskrieg macht vielen Angst. Doch davon sollte man sich...

DWN
Politik
Politik AfD löst die FDP im Bundestag ab: AfD hat die meisten Unternehmer in ihrer Fraktion
08.04.2025

Wirtschaftskompetenz in der Politik? Fehlanzeige: Immer weniger Unternehmer im Bundestag vertreten: nur noch 37 Abgeordnete mit...