Finanzen

Munich-Re-Chef erwartet lange Periode der Niedrig-Zinsen

Der Brexit dürfte den Notenbank als Anlass dienen, die Zinsen noch lange niedrig zu halten. Besonders die Versicherungsbranche verliert durch diese Entwicklung die Grundlage für ihr Geschäftsmodell. Der Chef von Munich Re übt ungewohnt offene Kritik an den strukturellen Mängeln der EU.
07.07.2016 01:43
Lesezeit: 1 min

Die Turbulenzen nach dem Brexit-Votum werden nach Ansicht von Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard die Welt auf absehbare Zeit im Zinstief halten. „Bisher dachte ich an ein bis zwei Jahre, aber das geht wohl über diesen Zeitraum hinaus“, sagte der Chef des weltgrößten Rückversicherers am Dienstagabend in München. Die US-Notenbank werde es in diesem Jahr wohl bei einer Erhöhung belassen und die Europäische Zentralbank (EZB) habe keinen Grund, ihre Geldpolitik zu ändern. „Dazu passt ein schwaches britisches Pfund“, sagte von Bomhard. „Die Frage ist: Wie lange schauen die anderen zu?“

Politisch wertet von Bomhard die Entscheidung der Briten zum EU-Austritt als einen „Weckruf, den man nicht verstreichen lassen darf“. Die Europäische Union habe ein Demokratiedefizit. Der europäische Rat sei „demokratisch gesehen ein Unding“, die Kommission demokratisch „nicht wirklich legitimiert“. Um solche Mängel zu beheben, müsse die Politik die europäischen Verträge „noch einmal anfassen“. Dabei brauche es nach der Erfahrung mit Griechenland auch ein Insolvenzrecht für Staaten. Zudem müsse man den Wählern wieder klarmachen, für was die EU eigentlich gut sei.

Für sich selbst betrachtet die Munich Re den Brexit bisher nicht als großes Ereignis. „Der Kapitalmarkt hat eigentlich vernünftig reagiert“, sagte von Bomhard. Da der Rückversicherer stärker im Dollar engagiert sei, wirke sich die Schwächung des britischen Pfunds sogar leicht positiv aus. Sollte aus der Unsicherheit allerdings eine Finanzkrise entstehen, „dann sind auch wir betroffen“, räumte er ein.

Schon das Zinstief macht der Branche seit Jahren zu schaffen, vor allem in der Lebensversicherung. Dort fällt es den Unternehmen zunehmend schwerer, die in der Vergangenheit versprochenen hohen Garantiezinsen für ihre Kunden am Finanzmarkt zu erwirtschaften. Die Munich-Re-Tochter Ergo schickt ihre Vertragsbestände der klassischen Lebensversicherung daher in die Abwicklung und konzentriert sich wie andere Versicherer auf neuartige Verträge ohne Garantiezins.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...