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VW verhandelt mit USA über Höhe weiterer Strafzahlungen

Auf Volkswagen kommen nach der Wiedergutmachung in den USA in Höhe von rund 15 Milliarden Dollar wahrscheinlich weitere hohe Strafen zu. Derzeit verhandelt der Autobauer mit dem US-Justizministerium. Am Ende könnte die Manipulation der Abgassysteme VW bis zu 35 Milliarden Dollar kosten.
17.08.2016 03:40
Lesezeit: 2 min

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Der von Volkswagen erzielte Milliarden-Vergleich zur Entschädigung der US-Kunden war der erste Schritt zur Beilegung des Dieselskandals in den USA. Er ist mit bis zu 15,3 Milliarden Dollar die höchste je von einem Autobauer in den Vereinigten Staaten zugesagte zivilrechtliche Wiedergutmachung. Nun verhandelt Volkswagen Insidern zufolge mit dem US-Justizministerium darüber, welche Strafe der Konzern wegen des jahrelangen Abgasbetrugs leisten muss. Auch das könnte nach Schätzungen von Analysten teuer für VW werden.

Europas größtem Autokonzern drohen weltweit noch weitere Kosten für Rückrufe, Aktionärsklagen und Strafen, die sich auf mehr als zehn Milliarden Euro auftürmen könnten. Analysten schätzen, dass die Aufarbeitung des Skandals um manipulierte Abgaswerte den Konzern am Ende insgesamt zwischen 20 und 35 Milliarden Euro kosten wird.

Die Einigung mit Hunderten Sammelklägern, Behörden und US-Bundesstaaten kostet Volkswagen bis zu 15,3 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 13,6 Milliarden Euro). Der größte Teil entfällt auf den Rückkauf von 475.000 manipulierten Dieselwagen mit 2,0-Liter-Motoren, für die gut zehn Milliarden Dollar reserviert sind. Die tatsächlichen Kosten hängen davon ab, wie viele Dieselbesitzer ihre Wagen zurückgeben und ob die US-Behörden eine Umrüstung genehmigen.

Mit dem US-Justizministerium laufen derzeit Verhandlungen über eine Strafzahlung wegen der Abgasmanipulation. Das Wall Street Journal berichtete, dem deutschen Autobauer könne eine Strafe von mehr als 1,2 Milliarden Dollar aufgebrummt werden. Analysten rechnen mit einer Summe zwischen einer und drei Milliarden Euro. Einige US-Bundesstaaten wollen zudem zivilrechtlich versuchen, einen höheren Schadensersatz durchzusetzen, weil sie mit dem Vergleich nicht zufrieden sind.

Keine Einigung gibt es bisher für die rund 85.000 größeren Fahrzeuge mit Drei-Liter-Dieselmotor. VW zeigt sich zuversichtlich, dass eine Reparatur gelingen kann. Ende August will das Bezirksgericht in San Francisco über den Fortgang der Verhandlungen unterrichtet werden. Sollte Volkswagen gezwungen werden, auch diese teureren Wagen zurückzukaufen, würde das weitere Milliarden verschlingen. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schätzt die Kosten auf bis zu zwei Milliarden Euro.

Ein großer Brocken ist auch die Umrüstung der rund 8,5 Millionen Dieselautos in Europa. Schätzungen reichen von gut einer bis drei Milliarden Euro, die das kosten dürfte. Der Autoanalyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI rechnet zudem damit, dass sich schrumpfende Marktanteile von Volkswagen und geringere Preise im Ergebnis bemerkbar machen werden.

Eine Entschädigung der Kunden in Europa lehnt VW nach wie vor ab, obwohl sich Forderungen nach einem ähnlichen Vergleich wie in den USA mehren. Sollten diese dennoch fällig werden, könnte das Volkswagen finanziell das Genick brechen, fürchten Experten. Analyst Pieper geht von einem Wertverlust in einer Größenordnung von 500 Euro je Fahrzeug aus. „Es ist schwierig zu sagen, ob VW am Ende doch einen symbolischen Betrag zahlen wird.“ Branchenexperte Ellinghorst hält es für wahrscheinlich, dass die Kunden in Europa kein Geld sehen werden.

Weltweit sieht sich Volkswagen zudem mit milliardenschweren Schadensersatzklagen von Investoren und Kleinaktionären konfrontiert. Die Inhaber von Aktien und Anleihen werfen Volkswagen vor, zu spät über das Ausmaß des Abgasskandals informiert zu haben und wollen einen Ausgleich für Kursverluste durchsetzen. Inzwischen liegen beim Landgericht Braunschweig 170 Schadensersatzklagen mit Forderungen von zusammen knapp vier Milliarden Euro.

Die Scharen an Anwälten, die Volkswagen weltweit wegen des Dieselskandals beschäftigt, verschlingen ebenfalls Geld. Der Autoexperte Pieper geht von bis zu einer Milliarde Euro aus, sein Kollege Ellinghorst schätzt die Anwaltskosten auf mehrere hundert Millionen.

Pieper erwartet, dass der Dieselskandal Volkswagen insgesamt rund 25 Milliarden Euro kosten wird. Ellinghorst rechnet mit Gesamtkosten in ähnlicher Höhe. Die Experten sehen den Konzern wegen seiner Reserven und der Finanzkraft in der Lage, das zu stemmen. Erst ab 50 Milliarden Euro müsste sich Volkswagen von Beteiligungen trennen, sagt Pieper.

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