Finanzen

Helaba erwartet anhaltende Schwäche des britischen Pfund

Die Helaba rechnet mit einer dauerhaften Schwäche des britischen Pfunds. Die Finanzierung der negativen Handelsbilanz werde dadurch erschwert, weshalb der Staat mit höheren Ausgaben gegensteuern muss.
30.08.2016 02:32
Lesezeit: 2 min

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Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) rechnet damit, dass das britische Pfund weiter an Wert gegenüber dem Euro verlieren wird. Das Wachstum auf der Insel werde sich im kommenden Jahr wahrscheinlich halbieren und die Zentralbank zu weiteren Interventionen veranlassen:

Der Brexit bestimmte die Schlagzeilen in diesem Sommer. Die Anspannung hat sich mittlerweile wieder gelegt, an den Finanzmärkten scheint das Votum zum britischen EU-Austritt sogar keine Rolle mehr zu spielen. Nur das Pfund Sterling reagiert weiterhin und hat auch in den letzten Wochen noch nachgegeben. Seit dem Referendum liegt die britische Währung gegenüber Euro und US-Dollar mehr als 10 Prozent im Minus.

Trotz des britischen Wählervotums zögert die neue Premierministerin May den Antrag auf den EU-Austritt noch hinaus. Dieser dürfte frühestens Anfang 2017 gestellt werden, selbst über Termine im Herbst nächsten Jahres wird gemutmaßt. Die umfangreichen Verhandlungen mit der EU stellen ein administratives Problem für die britische Regierung dar, da z.T. schlicht das Personal dafür fehlt. Spekulationen, dass der formal nicht-bindende Volksentscheid stillschweigend übergangen wird, führen eher in die Irre. Schließlich spielen die Brexit-Befürworter in der regierenden Konservativen Partei eine tragende Rolle. Das neue Kabinett besteht zu etwa einem Drittel aus EU-Gegnern, die Parlamentsfraktion wohl zu gut 40 Prozent und bei den Wählern der Partei dürften sie die klare Mehrheit stellen. Einen Exit vom Brexit würde die Konservative Partei kaum überleben.

Im Gegensatz zu den globalen Finanzmärkten beeinflusst der Brexit-Entscheid die britische Konjunktur. Die Stimmungsindikatoren haben sich merklich eingetrübt, wenngleich sie bislang nicht eingebrochen sind. Selbst robuste Einzelhandelsumsätze im Juli dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wirtschaft im laufenden Quartal wohl einen erheblichen Rücksetzer erleidet. Eine Rezession kann derzeit noch nicht ausgeschlossen werden. Die mit dem Brexit einhergehende Unsicherheit wird insbesondere die Unternehmensinvestitionen beeinträchtigen. Der britische Staat wird indes mit höheren Ausgaben etwas gegensteuern.

In diesem Jahr wird das britische Bruttoinlandsprodukt mit knapp 1,5 % trotz eines mutmaßlich schwachen zweiten Halbjahres noch solide zulegen. 2017 dürfte sich das Wachstum aber in etwa halbieren. Entgegen diesem Trend wird die Inflation anziehen. Dies ist in der Pfund-Abwertung begründet, die die Importe verteuert. Die Bank of England betont die Wachstumsrisiken. Im August reduzierte sie ihren Leitzins auf 0,25 %. Zusätzlich legte die Notenbank u.a. ein Staatsanleihekaufprogramm in Höhe von 60 Mrd. Pfund auf. An den Kapitalmärkten bewegten sich folglich die Renditedifferenzen zu Lasten des Pfunds und erklären die Abwertung.

Da sich die negativen Konjunkturdaten in den nächsten Monaten häufen werden, wird die Bank of England wohl nochmals agieren und ihren Leitzins etwas senken. Die Anleihekäufe werden vermutlich noch verlängert. Damit steht das Pfund von dieser Seite weiter unter Druck. Die Abwertung dürfte gegenüber dem US-Dollar ausgeprägter ausfallen, wenn die US-Notenbank mit ihren Zinsanhebungen tatsächlich ernst macht. Die Unsicherheiten über die Verhandlungen mit der EU könnten das Pfund zusätzlich belasten, zumal die Briten aufgrund ihres hohen Leistungsbilanzdefizits auf ausländisches Kapital angewiesen sind. Allerdings scheint die Verzögerungstaktik der britischen Regierung dieses Problem in die Zukunft zu verschieben. Auch sollte die mittlerweile günstige Bewertung der britischen Währung das Verlustpotenzial begrenzen. Der Euro-Pfund-Kurs dürfte in den nächsten Monaten von 0,85 auf 0,90 ansteigen, das Pfund gegenüber dem US-Dollar von 1,31 unter 1,20 fallen.

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