Politik

Kaiser's-Tengelmann hat wieder eine Chance auf Rettung

Die großen Supermarkt-Ketten wollen einen Zusammenschluss von Kaiser's-Tengelmann und Edeka nicht mehr grundsätzlich blockieren. Unklar ist allerdings, welchen Preis die Konkurrenten fordern werden.
07.10.2016 01:07
Lesezeit: 2 min

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Die mehr als 15.000 Kaiser's-Tengelmann-Beschäftigten können auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze setzen. Beim Krisengipfel für die verlustreiche Supermarktkette verständigten sich die Chefs der großen Supermarktketten auf das Ziel, die Ministererlaubnis für die Komplett-Übernahme durch Branchenprimus Edeka umzusetzen, teilte die Gewerkschaft Verdi am Donnerstag mit. Die Edeka-Konkurrenten Rewe, Norma und die Handelskooperation Markant sollen dazu ihre juristischen Beschwerden gegen die Sondererlaubnis von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zurücknehmen - damit wäre der Weg für Edeka frei. Eine endgültige Verständigung gibt es aber noch nicht: Diese soll bis zum 17. Oktober gefunden werden. "Dies ist eine gute Nachricht für alle Beschäftigten", sagte der Kaiser's-Tengelmann-Betriebsratschef in NRW, Rainer Schroers.

Die Chefs von Edeka, Rewe, Tengelmann, Norma und Markant waren gegen 14.00 Uhr in Frankfurt unter Vermittlung der Gewerkschaft Verdi zu ihrem zweiten Krisentreffen zusammengekommen. Arbeitnehmer hatten vor dem Verlust ihrer Stellen gewarnt, mit Betriebsversammlungen hatten sich die Kaiser's-Tengelmann-Beschäftigten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze stark gemacht.

Nun stehen aber noch weitere Verhandlungen an. Rewe, Norma und Markant dürften in den weiteren Gesprächen bis zum 17. Oktober noch auf Kompensationen für eine Rücknahme der Klagen setzen, sagten Insider. Der Teufel könne noch immer im Detail stecken. Das Bundeskartellamt dürfte mögliche Zugeständnisse dann auch noch einmal unter die Lupe nehmen. Details zu einem möglichen Kompromiss mit Tengelmann und Edeka wurden zunächst nicht bekannt - alle Seiten hätten Stillschweigen bis zum 18. Oktober vereinbart, betonte Verdi.

Für Kaiser's Tengelmann zeichnet sich damit eine Rettung in letzter Sekunde ab. Eigentümer Karl-Erivan Haub hatte für die Zukunft der Kette mit rund 15.000 Beschäftigten ein Ultimatum bis Freitag um Mitternacht gestellt und mit der Zerschlagung gedroht. Diese Frist ist nun vom Tisch.

Haub will Kaiser's Tengelmann an Edeka verkaufen. Die Transaktion wurde zwar vor zwei Jahren besiegelt, doch die Umsetzung steht durch die Klagen der Konkurrenten auf der Kippe. Das Kartellamt legte sein Veto gegen die Fusion ein, im März hebelte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel dieses nach langer Prüfung aus. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte die sogenannte Ministererlaubnis dann aber auf Eis gelegt - Rewe, Markant und Norma hatten erfolgreich gegen sie geklagt. Ziehen sie ihre Beschwerden zurück, kann Kaiser's Tengelmann doch noch an Edeka gehen. Eine Zerschlagung ist dann vom Tisch. "Die zwei Jahre, die wir gewartet haben, könnten nun ein positives Ende nehmen", sagte Schroers zu Reuters: "Unsere Hoffnungen könnten sich erfüllen."

Die Beschäftigten setzen auf die Ministererlaubnis. Gabriel pochte in den damit verbundenen Auflagen unter anderem darauf, dass Edeka mit allen Arbeitnehmern rechtssichere Tarifverträge vereinbart, die über fünf Jahre betriebsbedingte Kündigungen ausschließen.

Kaiser's Tengelmann ist bereit seit Jahren in der Krise. Die Umsätze der Ketten schrumpften, in diesem Geschäftsjahr werde ein "enormer Verlust" anfallen, im kommenden Jahr werde dieser weiter steigen, hatte der Sprecher der Kaiser's-Tengelmann-Geschäftsführung, Raimund Luig, erst am Mittwoch bei einer Betriebsversammlung in Viersen eingeräumt. Ende 2015 verfügte die Kette noch über 446 Märkte, 133 davon in Berlin, 188 in Bayern und 125 in Nordrhein-Westfalen. Es dürften nun aber weniger sein, denn Vermieter haben Insidern zufolge bei einigen Märkte wegen der unklaren Aussichten die Mietverträge nicht verlängert.

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