Der Zwölf-Marken-Konzern hat von Juli bis September nach Einschätzung von Analysten einen Gewinneinbruch um rund 40 Prozent auf gut 460 Millionen Euro erlitten. Neben dem Abgasskandal drückte der Streik des Zulieferers Prevent den Gewinn im saisonal ohnehin flauen dritten Quartal. "Das Ergebnis ist von Dieselgate belastet. Volkswagen muss den Kunden deshalb mit Nachlässen stärker entgegenkommen", sagt etwa Christian Ludwig, Autoexperte vom Bankhaus Lampe, mit Blick auf die am Donnerstag erwarteten Zahlen.
Das magere Ergebnis dürfte VW-Markenchef Herbert Diess im Streit mit dem mächtigen Betriebsrat über den Umbau der Kernmarke Argumente liefern. Er will das Flaggschiff Insidern zufolge mittels milliardenschwerer Kostensenkungen profitabler machen. Der Betriebsrat will die Einbußen bei der Belegschaft so weit wie möglich begrenzen. Die Gespräche hakten zuletzt.
Das Vergleichsquartal im Vorjahr war das erste, in dem Rückstellungen für die enormen Folgekosten des Abgasbetrugs von zunächst 6,7 Milliarden Euro gebildet wurden. Mit einem operativen Verlust von 3,5 Milliarden Euro war der Wolfsburger Konzern erstmals seit 15 Jahren in die roten Zahlen gerutscht. Um zu beurteilen, wie es Europas größtem Autokonzern eigentlich geht, rechnen die Analysten die bisher veranschlagten Kosten für "Dieselgate" im Quartalsvergleich heraus.
Die Hauptmarke VW hat im abgelaufenen Vierteljahr nach Prognose der von Reuters befragten Experten operativ nur 1,8 Prozent vom Umsatz verdient. "Das ist vor allem saisonal bedingt, aber auch der Zulieferstreit hat belastet", sagt Marc-René Tonn von Warburg Research. Zwei Töchter der bosnischen Prevent-Gruppe verweigerten im August wegen Streits um neue Aufträge die Lieferung von Sitzbezügen und Getriebegehäusen, was zu erklecklichen Produktionsausfällen von Golf und Passat in mehreren Werken führte. Volkswagen dürfte zwar die Hälfte des Konzernumsatzes auf Vorjahresniveau von geschätzten 51,5 Milliarden Euro eingefahren haben, aber nur 15 Prozent des Betriebsergebnisses von geschätzten drei Milliarden Euro. Lukrativere Konzernschwestern, vor allem Audi und Porsche, sorgten dafür, dass der Konzern eine Rendite am oberen Ende des Jahreszielkorridors von sechs Prozent erreichte.
Management und Betriebsrat von VW ringen seit Monaten um ein Paket von Einsparungen und Investitionen, mit dem der Gewinn steigen soll. Die verschwiegenen Haupteigner des VW-Konzerns, die Familien Porsche und Piech, äußerten im "Spiegel" dazu ihre Wünsche: "Die Marke muss deutlich besser aufgestellt werden für die Zukunft", sagte Hans Michel Piech. Alle Autofirmen müssten so viel investieren in Technologien wie Elektroantrieb oder Digitalisierung wie nie zuvor. Für sichere Arbeitsplätze müsse auch genug Geld da sein. "Wir werden Herrn Diess nach besten Kräften unterstützen", erklärte auch Wolfgang Porsche. Beide haben im Aufsichtsrat voraussichtlich am 18. November über die Budgets und Pläne von VW und allen anderen Marken mitzuentscheiden.
Der frühere BMW-Manager Diess, dem der Ruf des harten Kostendrückers vorauseilte, peilt Insidern zufolge bis 2020 eine Verdoppelung der Rendite auf vier Prozent an. Am Kapitalmarkt wird der Plan unterschiedlich bewertet. Die einen kritisieren das Ziel angesichts der viel höheren Profite bei Konkurrenten wie Toyota oder Renault als zu niedrig. Andere halten es für realistisch, da Volkswagen wegen der traditionell starken Stellung der Arbeitnehmer nicht einfach so Tausende Stellen streichen könnte.
Die Ertragsperle Audi, die ihre Quartalszahlen am Freitag veröffentlicht, steht zwar im Konzern mit einem Gewinnanteil von fast 40 Prozent und gut acht Prozent Rendite gut da. Aber im Wettstreit mit ihren Rivalen im Premiumsegment sieht die Marke mit den vier Ringen schon länger die Rücklichter von Mercedes und BMW. Schuld am niedrigeren Absatzwachstum ist nach Einschätzung von Analyst Ludwig nicht der Skandal um die Abgasmanipulation auch bei einem Audi-Motor in den USA. "Audi hat Margeneinbußen bisher vermieden. Und in den USA haben sie gegen den Markt zugelegt", sagt Ludwig. Die Schwächephase sei dem derzeit älteren Modell-Portfolio, vor allem im Vergleich zu Daimler, geschuldet. Das werde sich erst in einigen Quartalen ändern.