Finanzen

BASF: Verdacht der Steuerhinterziehung

US-Konzerne wie Apple und Google wurden wegen ihrer Steuertricks bereits zur Rechenschaft gezogen. Nun soll auch BASF betroffen sein.
08.11.2016 14:19
Lesezeit: 2 min

BASF hat einen Bericht über massive Steuertricks des Ludwigshafener Konzerns als „nicht immer zutreffend“ bezeichnet. Der Chemie-Riese habe überall auf der Welt die Steuergesetze eingehalten und korrekt Steuern gezahlt, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Die Studie im Auftrag der Grünen-Fraktion im Europaparlament kommt zu dem Ergebnis, dass BASF in den vergangenen fünf Jahren 923 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust haben soll.

BASF betonte, die Analyse unterscheide zum Beispiel nicht zwischen einzelnen operativen Geschäften des Unternehmens, der wirtschaftlichen Wertschöpfung im jeweiligen Land oder den Gründen für die niedrige Besteuerung. BASF sei aber natürlich bestrebt, die Steuerlast zu begrenzen, weil Steuern einen Kostenfaktor darstellten. „Im Interesse ihrer Anteilseigner strebt BASF im Rahmen der geltenden Steuergesetze die Reduzierung dieses Kostenfaktors an.“

Die Analyse der Grünen kommt zu dem Schluss, dass der weltgrößte Chemiekonzern Schlupflöcher ausnutzt und Kapital schlägt aus Ungleichheiten in nationalen Steuersystemen. Generell haben multinationale Konzerne derzeit viel mehr legale Möglichkeiten zur Steuervermeidung als etwa ein Mittelständler.

BASF nutzt laut dem Bericht zum Beispiel, dass Malta eine großzügige Steuerbefreiung auf Dividendenerträge gewähre und die Niederlande Einkünfte aus Lizenzen und Patenten nur mit fünf Prozent besteuerten. Über das holländische Firmennetz gelangten außerdem Gewinne, die in der EU erwirtschaftet würden, in Tochtergesellschaften auf Puerto Rico und der Schweiz, so der Bericht.

Der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, hält das für ein „perfides System zur Steuervermeidung“. BASF handele da ähnlich wie Apple oder Ikea. „Steuerdumping ist kein amerikanisches, sondern ein globales Problem, das vor allem normale Steuerzahler ausbaden müssen.“ Um Steuerflucht in den Griff zu bekommen, müsse die Unternehmensbesteuerung in der ganzen EU harmonisiert werden.

Die EU-Kommission kündigte an, den Report im Detail zu analysieren. Er sei ein Beispiel dafür, dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung weiter vorangetrieben werden müsse, sagte ein Sprecher. Die Brüsseler Behörde hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Steuervermeidung in Europa einzudämmen. Den öffentlichen Kassen in der EU entgehen wegen Steuertricks von Unternehmen Schätzungen zufolge zwischen 50 und 70 Milliarden Euro pro Jahr.

Unlängst machte die Brüsseler Behörde etwa einen Vorschlag für eine gemeinsame Unternehmenssteuerbasis. Demnach könnten Unternehmen eine einzige Steuererklärung für ihre Aktivitäten in der EU abgeben. Zur Berechnung der Körperschaftssteuer sollen zudem künftig in allen EU-Staaten dieselben Faktoren gelten. Dazu zählen Vermögenswerte wie etwa Gebäude und Maschinen oder die Beschäftigtenzahl und die Kosten für Mitarbeiter.

BASF erklärte, sie unterstützen eine einheitliche Besteuerung. Allerdings müsse diese auf alle Ertragssteuern angewendet werden, in Deutschland also auch auf die Gewerbesteuer. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinland-Pfalz/Saarland forderte ebenfalls eine einheitliche Unternehmensbesteuerung in Europa.

Die EU-Kommission verfolgt zudem mögliche unerlaubte Steuerdeals zwischen einzelnen Unternehmen und EU-Staaten. Zuletzt waren in dem Zusammenhang vor allem die Aktivitäten des US-Unternehmens Apple in Irland in den Fokus gerückt. Der internationale Kampf gegen Steuerumgehung hatte nach den Enthüllungen zahlreicher Briefkastenfirmen in den „Panama-Papers“ im April zusätzlichen Auftrieb erhalten.

Die Hilfsorganisation Oxfam erklärte, der Fall BASF zeige, wie leicht das internationale Steuersystem die Steuervermeidung mache – auch weil sich die Länder in der EU bei Steuerfragen gegeneinander ausspielen ließen. „Dass aggressive Steuervermeidung zumeist legal ist, ist der eigentliche Skandal“, erklärte Tobias Hauschild von Oxfam.

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