Die Deutsche Telekom hat im Schadenersatzprozesses von Kleinanlegern eine juristische Schlappe erlitten, berichtet Reuters. In einem Börsenprospekt zum sogenannten dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000 sei ein Fehler aufgetreten, das Gericht habe ein Verschulden des Konzerns bejaht, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Mittwoch mit. Für über 17.000 Telekom-Kläger seien Schadensersatzzahlungen - diese summierten sich auf rund 200 Millionen Euro - nun in konkrete Reichweite gerückt, erklärte die Anwaltskanzlei Tilp. Das OLG entschied indes, es sei vom Landgericht im Einzelfall zu prüfen, ob der Prospektfehler entscheidend für die Anlageentscheidung der einzelnen Kläger gewesen sei: „Aus diesem Grund verbieten sich generelle Festlegungen“. Auch sei der Musterentscheid des OLG Frankfurt ist noch nicht rechtskräftig. Alle Beteiligten könnten Rechtsbeschwerde einlegen, über die wiederum der BGH zu entscheiden hat.
Die Telekom will den Richterspruch nun prüfen und dann entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlegen werde, wie ein Sprecher sagte. Der Konzern sei zudem überrascht - die Telekom habe eine andere Rechtsauffassung.
Die Kleinanleger fordern von der Telekom Schadenersatz - Geld, das sie Anfang des Jahrtausends mit der einstigen „Volksaktie“ verloren hatten. In Frankfurt wird exemplarisch der Fall eines schwäbischen Pensionärs geklärt, der 1,2 Millionen Euro gefordert hatte. Der Musterkläger ist mittlerweile verstorben. Auf den Rechtsstreit hat das keinen Einfluss.
Das Verfahren zählt zu den größten und längsten in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Der Fall wurde vor dem OLG neu aufgerollt, da der Bundesgerichtshof Ende 2014 ein Emissionsprospekt zum sogenannten dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000 als fehlerhaft einstufte. Die Telekom habe darin die Anleger in Bezug auf eine konzerninterne Übertragung von Aktien des US-Telekommunikationskonzerns Sprint getäuscht, hieß es damals. Der BGH hatte die Sache an das OLG Frankfurt zurückverwiesen.