Finanzen

Banken-Krise Italien: Monte Paschi vom Handel ausgesetzt

Lesezeit: 3 min
21.12.2016 13:57
Der Handel mit Aktien der italienischen Krisenbank Monte Paschi musste am Mittwoch ausgesetzt werden. Die geplante Kapitalerhöhung steht kurz vor dem Scheitern.
Banken-Krise Italien: Monte Paschi vom Handel ausgesetzt

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Neue Hiobsbotschaften der angeschlagenen italienischen Traditionsbank Monte dei Paschi haben die Finanzwerte in Europa einmal mehr in den Fokus der Anleger gerückt, berichtet die dpa.

An der wichtigsten italienischen Börse wurde die Aktie der Banca Monte dei Paschi am Vormittag wegen hoher Kursverluste vom Handel ausgesetzt. Zuvor war die Aktie um nahezu 19 Prozent gefallen.Derzeit liegt die Aktie rund 8 Prozent im Minus.

Das auf einem Berg fauler Kredite sitzende älteste Geldhaus der Welt vermeldete, daß seine flüssigen Mittel nur noch für vier Monate reichen dürften. Eine laufende Kapitalerhöhung, die Teil eines Rettungsplans ist, verläuft laut Medienberichten schleppend. Sollte sich der Rettungsplan als wenig erfolgreich erweisen, müsse die Bank sehr wahrscheinlich offiziell beim Staat um Hilfe anfragen, schrieb Michael van Dulken von Accendo Markets.

Das italienische Parlament hat die Regierungspläne für neue Schulden angesichts der sich verschärfenden Bankenkrise inzwischen gebilligt. Die Mehrheit der Senatoren und Abgeordneten nickte am Mittwoch den Vorschlag des Ministerrats ab, die Staatsverschuldung im Notfall um bis zu 20 Milliarden Euro zu erhöhen, um im Notfall angeschlagene Banken retten zu können. Ministerpräsident Paolo Gentiloni hatte am Montag nach Bekanntwerden der Pläne betont, dass es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme handele.

Laut Wirtschaftsministerium könnte mit dem Milliardenpaket für den Bankensektor die Liquidität im Finanzsystem gesichert und die teils dünne Kapitaldecke der Institute aufgepolstert werden. Neben Monte Paschi gelten auch die kleineren Geldhäuser Banca Popolare di Vicenza und die Veneto Banca als potenzielle Kandidaten für staatliche Hilfen. Falls Italien tatsächlich für die Institute in die Bresche springen sollte, gilt es mehrere Klippen zu umschiffen: Denn nach den EU-Regularien müssen auch Privatanleger Verluste tragen, wenn der Staat einem Geldhaus hilft. Bei Monte Paschi wären Zehntausende Kleinanleger betroffen. Falls sie zur Kasse gebeten würden, wäre dies für den neuen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni ein politisch heikles Manöver - zumal es nächstes Jahr zu Neuwahlen kommen kann.

Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan versuchte vor diesem Hintergrund, den Kleinanlegern Ängste zu nehmen. Die Regierung sei bemüht, sie im Einklang mit den EU-Regularien zu schützen. „Falls es zu einem Eingriff der Regierung kommen sollte, wird es keine oder nur minimale Auswirkungen für die Sparer geben“, versicherte der Minister im Parlament.

Doch bei einer mit erhöhter Staatsverschuldung verbundenen Rettungsaktion drohen Italien noch andere Folgen: Die für die Refinanzierungsgeschäfte der Banken bei der EZB wichtige Bonitätsnote "A", die für eine sichere Anlage steht, könnte bei der Ratingagentur DBRS ins Wackeln geraten. Die Kanadier wollen am 13. Januar entscheiden, ob die Note beibehalten oder Italiens Kreditwürdigkeit herabstufen. DBRS bescheinigt dem Land bislang eine bessere Bonität als die übrigen von der EZB beauftragten Agenturen. Sollte das "A" kassiert werden, würden sich die Kosten der italienischen Banken erhöhen, wenn sie sich bei der Europäischen Zentralbank gegen Sicherheiten mit Geld eindecken.

Italien hat eine Staatsverschuldung von mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach den EU-Regularien sind nur 60 Prozent erlaubt - ein Wert, den jedoch auch Deutschland derzeit nicht erreicht. Laut Prognose der EU-Kommission steigt das Haushaltsdefizit Italiens von 1,6 in diesem Jahr auf 2,4 Prozent 2018. Nach EU-Vorgaben muss das strukturelle Defizit, bei dem das Auf und Ab der Konjunktur herausgerechnet wird, aber pro Jahr um 0,5 Prozent des BIP gesenkt werden, bis der Haushalt nahezu ausgeglichen ist oder einen Überschuss aufweist.

Die Aussichten, dass sich Monte Paschi ohne den Staat aus der misslichen Lage befreit, gelten als eher gering. Insidern zufolge hat die Traditionsbank aus der Toskana mit ihrem Anleihen-Tauschprogramm bis Dienstag erst rund 500 Millionen Euro eingenommen. Die älteste Bank der Welt setzt beim Einsammeln von Kapital auf eine Milliarde Euro allein vom Staatsfonds von Katar, doch Insidern zufolge konnten sich die Verantwortlichen dort zuletzt noch nicht zu einer Investition durchringen.

Womöglich haben Anleger auch deshalb kalte Füße bekommen, weil die Lage bei der krisengeplagten Bank kritischer als bislang angenommen ist. Das Geld reiche nur noch für vier Monate, teilte das Institut mit. Bislang war es davon ausgegangen, dass die Liquidität noch für elf Monate reichen wird. Derzeit wird diese auf etwa 10,6 Milliarden Euro beziffert.

Auch europaweit waren die Banken am Vormittag die Schlusslichter im Branchenvergleich. Der entsprechende Subindex  gab um knapp ein halbes Prozent nach. Die Negativbotschaft aus Italien belastete im Eurostoxx 50 insbesondere die spanischen Banken: BBVA-Papiere rutschten um nahezu 2 Prozent ab, die Aktien von Banco Santander  gaben mehr als eineinhalb Prozent nach. Die Papiere des italienischen Kreditinstituts Intesa, dem es im Vergleich zu vielen italienischen Wettbewerbern noch recht gut geht, gaben um etwas mehr als ein halbes Prozent nach.


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