Politik

Sigmar Gabriel verzichtet auf SPD-Kanzlerkandidatur

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur für die SPD. Den Parteivorsitz will er offenbar abgeben, um Außenminister zu werden. Gabriel schlägt Martin Schulz als Kanzlerkandidaten vor.
24.01.2017 15:57
Lesezeit: 2 min

Sigmar Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkandidatur der SPD und gibt auch den Parteivorsitz ab, berichtet Reuters. Er werde den früheren Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz als Kanzlerkandidat vorschlagen, sagte Gabriel am Dienstag laut Teilnehmern einer SPD-Fraktionssitzung. Nach einem Bericht der Zeit strebt Gabriel jetzt das Amt des Außenministers an.

„Wenn ich jetzt antrete, würde ich scheitern und mit mir die SPD“, sagte Gabriel. Schulz habe „die eindeutig besseren Wahlchancen“, sagte er. Nach Reuters-Informationen aus Parteikreisen verzichtet Gabriel auch auf den Posten als Parteichef, den er seit November 2009 innehat.

Gabriel selbst lehnte am Dienstag zunächst eine öffentliche Stellungnahme ab: „Ich werde jetzt hier nicht mit Ihnen reden“, sagte er am Rande einer Fraktionssitzung vor Journalisten in Berlin. In der Fraktion sagte Gabriel laut Teilnehmern, nach Umfragen wollten die Menschen keine Fortsetzung der großen Koalition, für die er jedoch in den Köpfen der Bevölkerung stehe.

Über Gabriels Entscheidung hatte zuerst der Brachendienst Meedia berichtet, der auf das Exklusiv-Interview des Parteivorsitzenden für den Stern berichtete. Wegen der Brisanz der Nachricht werde der Stern schon am Mittwoch und nicht wie üblich am Donnerstag erscheinen.

Die SPD-Spitze wollte nach bisheriger Planung am kommenden Sonntag entscheiden, wer die Sozialdemokraten als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl am 24. September führen soll. Bislang waren neben Gabriel auch Schulz und der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel im Gespräch. Allerdings wurde Schulz auch als Nachfolger von Außenminister Frank-Walter Steinmeier gehandelt. der am 12. Februar zum Bundespräsidenten gewählt werden soll.

Wirtschaftsstaatssekretärin Brigitte Zypries wird nach Angaben aus SPD-Fraktionskreisen Nachfolgerin von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Zypries solle die Position Gabriels bis zur Wahl im September einnehmen, hieß es am Dienstag in Kreisen der Fraktion. Die parlamentarische Staatssekretärin war zwischen 2002 und 2009 bereits Bundesjustizministerin.

Die Linke hat mit Skepsis auf den bevorstehenden Führungswechsel bei der SPD reagiert. Der bisherige SPD-Chef Sigmar Gabriel habe zwar viel Anlass zur Kritik gegeben und „seiner Partei nichts geschenkt“, sagte Fraktionsvize Klaus Ernst der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag in Berlin. Wer allerdings glaubt, mit dem früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz „geht für die SPD die Sonne auf, der wird irren“. „Schulz hat bewiesen, dass er ein großes Herz für große Koalitionen hat“, sagte Ernst. „Doch diese Richtung wird für die SPD ein weiterer Abstieg sein.“ Zuvor war bekannt geworden, dass Schulz Kanzlerkandidat der SPD werden soll.

Nach den Entscheidungen sieht die FDP die SPD und auch die große Koalition im Bund geschwächt. Nun befinde sich „die SPD und mit ihr die große Koalition im ungeordneten Rückzug“, erklärte FDP-Chef Christian Lindner am Dienstag. Es sei „leichtfertig, die Stabilität Deutschlands in dieser weltpolitischen Situation aufs Spiel zu setzen“.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig hat die Entscheidungen in ihrer Partei zu Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz begrüßt. Es sei ein „sehr guter Vorschlag“ von SPD-Chef Sigmar Gabriel, den früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten und Parteichef zu machen, schrieb die Bundesfamilienministerin am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Sie zollte Gabriel dafür „Respekt“.

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