Finanzen

Zentralbanken fördern das Entstehen von globalem Banken-Kartell

Lesezeit: 2 min
12.02.2017 23:54
Die Konzentration der Vermögen in der Welt nimmt weiter zu. Die Konsumenten sehen sich mittlerweile einer Art globaler Oligarchie gegenüber.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Konzentration in der Weltwirtschaft hat in den vergangenen Jahren dank der Geldpolitik der Zentralbanken deutlich zugenommen. Inzwischen sind große US-amerikanischen Vermögensverwalter wie BlackRock, Vanguard, Fidelity oder State Street die beherrschenden Eigentümer zahlreicher Firmen aufgestiegen und kontrollieren dadurch den Wettbewerb in ganzen Branchen, berichtet der Finanzblog Wolf Street.

Zwei neu erschienene Studien (hier und hier) erlauben Einblicke in das globale Besitz-Geflecht der Vermögensverwalter. Sie zeigen, dass die Machtkonzentration dazu geführt hat, dass die verschiedenen Unternehmen einer Branche weniger stark miteinander konkurrieren, weil sie in großem Umfang denselben Aktionären gehören.

Überdeutlich wird die Konzentration im amerikanischen Bankensystem. „In der Bankenindustrie sind die vier größten Aktionäre von JPMorgan (BlackRock, Vanguard, Fidelity und State Street) auch die vier größten Aktionäre der Bank of America und gehören zu den sechs größten Aktionären der Citigroup. Zusammen halten sie 19,2 Prozent von JPMorgan, 16,9 Prozent von Bank of America und 21,9 Prozent von Citigroup“, heißt es in der Studie der Harvard Law School.

Auch im Bereich Technologie bestehen demzufolge mögliche Interessenskonflikte. „Diese vier Aktionäre sind außerdem die vier größten Anteilseigner von Apple und sind vier der fünf größten Besitzer von Apples Hauptkonkurrent Microsoft.“

Wolf Street zufolge lasse sich die Dominanz der vier Vermögensverwalter in nahezu allen Branchen nicht nur in den USA, sondern auch weltweit in unterschiedlicher Intensität feststellen. „Zugegeben, meist ist es das Geld anderer Leute, welches Vanguard, Fidelity und BlackRock investieren, aber das bedeutet nicht, dass sie deswegen unparteiisch oder desinteressiert wären. Vanguard sagt selbst, dass sie zwar passive Investoren, aber keine passiven Besitzer seien. ‚Wir sind eine handelnde Stimme‘, sagt der BlackRock-Vorsitzende Laurence D. Fink oft – eine Stimme, die jetzt in so ziemlich jedem Konferenzraum bei so ziemlich jeder größeren Firma gehört wird“, schreibt Wolf Street.

Die Konzentration lasse sich im Zeitablauf deutlich feststellen. So hätten institutionelle Investoren im Jahr 1950 etwa 7 Prozent des amerikanischen Aktienmarktes besessen – heute seien es etwa 70 Prozent. Wenn man nur BlackRock, Vanguard und State Street als einzelnen Aktionär betrachte, seien diese der größte Eigner von 88 Prozent aller 500 im S&P 500-Index gelisteten Unternehmen.

Die Studie zeigen zudem, dass die Konzentration im Bankbereich und bei den Fluggesellschaften in den USA dazu führten, dass die Gebühren und Flugpreise deutlich erhöht wurden, während die Banken die Guthabenzinsen absenkten. Durch die vernetzte Eigentümerstruktur greift in diesem Bereich das Kartellrecht nicht: Denn es bedarf keiner verbotener Absprachen, um eine ganze Branche in die selbe Richtung zu steuern. Die Zinspolitik der Banken kann außerdem mit dem Hinweis auf die Zentralbanken scheinbar objektiviert werden. Es ist für potentiell Geschädigte wie die Sparer faktisch unmöglich, entsprechende Absprachen nachzuweisen.

Eine Studie der Schweizerischen ETH Zürich hatte bereits im Jahr 2011 das weltumspannende Netzwerk der Besitzverhältnisse beschrieben. Letztendlich, so die Forscher aus dem Bereich Systemtheorie, würden nur 147 Unternehmen einen Großteil der Weltwirtschaft kontrollieren. „Diese Konzerne haben nicht nur eine fast vollständige Kontrolle über sich selber, sie beherrschen auch rund 40 Prozent der übrigen Wirtschaft“, schrieb der Tagesanzeiger damals.

Das Phänomen wurde von DWN-Herausgeber Michael Maier bereits vor einigen Jahren in seinem ersten Buch "Die Plünderung der Welt" ausführlich beschrieben. Der Bestseller hat nichts an seine Aktualität eingebüßt. 


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Panorama
Panorama Migration, Terrorgefahr und Krieg: Die größten Sorgen der EU-Bürger
24.11.2024

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird von Menschen in Osteuropa als ernste Bedrohung wahrgenommen. Doch betrachtet man die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Wo die Probleme in Deutschland liegen und was passieren muss
24.11.2024

In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren größere Versäumnisse, sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft, die das Wachstum...

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.11.2024

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
23.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
23.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Panorama
Panorama 2050: Was erwartet Kinder in der Zukunft?
23.11.2024

Klimawandel, technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen werden das Aufwachsen von Kindern in der Zukunft prägen, so die...

DWN
Technologie
Technologie Elektrifizierung: Wind und Solar boomen, doch Kohle bleibt der weltweit bedeutendste Energieträger
23.11.2024

Der Ausbau emissionsfreier Energieerzeugungskapazitäten schreitet in Rekordtempo voran. Doch auch die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung...

DWN
Panorama
Panorama Plastikmüll bekämpfen: UN-Abkommen soll globale Umweltverschmutzung eindämmen
23.11.2024

Plastikmüll ist eine wachsende Gefahr für Umwelt und Meere. Forschende aus den USA zeigen, wie vier Maßnahmen den falsch entsorgten...