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Die internationalen Banken halten einen Wahlsieg des Front National offenkundig für möglich. Anders als die meisten europäischen Politiker und die französischen Banken ist die Finanzwelt allerdings interessiert zu erfahren, worum es Le Pen wirklich geht. Sie brauchen die Erkenntnisse aus erster Hand, um ihre Investment-Strategie auf den Eventualfall einzustellen. Die Treffen fanden auf Ersuchen der Banken in Paris, Brüssel und Strasbourg in den vergangenen Monaten statt.
Vertreter von BlackRock, Barclays und der UBS trafen sich laut Bloomberg mit dem Ökonomen-Team von Le Pen und zeigten sich nach ihren Treffen überrascht von der Fachkompetenz der FN-Leute. Bloomberg zitiert Gesprächsteilnehmer, die naturgemäß anonym bleiben wollen. Diese Banker sagten, dass die FN-Ökonomen jenen von UKIP oder der britischen Konservativen wie Daniel Hannan nicht unähnlich seien. Hannan hatte in seinem Buch „Why vote leave“ ein in sich schlüssiges Konzept für den Brexit vorgelegt. Die FN-Leute hätten „wirtschaftliche Kenntnisse und verstehen die Märkte, sind aber sehr ideologisch“. Einige Gesprächspartner fühlten sich bei den FN-Leuten an den Griechen Yanis Varoufakis erinnert. Nick Bullman von der Risiko-Firma CheckRisk sagte: „Die politische Maschine der Partei ist viel ausgefeilter als wir gedacht haben. Die Sicht des FN auf den Euro ist zwar radikal, aber sie ist möglicherweise die Reflexion der Wirklichkeit, in welche Richtung sich der Euro entwickeln muss.“
Ein Le Pen-Sprecher berichtet, die Banker seien „sehr pragamtisch“ gewesen: „Sie waren gekommen, um unsere Pläne zu verstehen. Sie haben gesehen, dass Le Pen von Leute umgeben ist, die in der Wirtschaft gearbeitet haben und wissen, wie man Deals macht.“
Der FN hat seine Wirtschaftskompetenz in einem Wirtschaftsrat, „Croissance Bleu Marine“ gebündelt. Die Partei will den Austritt aus dem Euro, das Ende der Unabhängigkeit der Zentralbanken und das Weginflationieren der Schulden durch massives Gelddrucken. Bloomberg merkt an, dass es auffällig sei, dass zwar die internationalen Banken mit dem FN reden, die französischen Banken dagegen jeden Kontakt meiden - wohl auch in der Hoffnung, dass Le Pen niemals an die Macht kommen werde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 23. Januar den konservativen Kandidaten Francois Fillon empfangen, der seither mit einer Korruptionsaffäre kämpft. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte damals gesagt, die Kanzlerin sei prinzipiell bereit, andere Kandidaten zu treffen, falls diese es wünschten. Dass die Kanzlerin auch die Kandidatin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, treffen wird, nannte Seibert sehr unwahrscheinlich.
Auch den neuen US-Präsidenten Donald Trump hat Merkel lange ignoriert - mit der Folge, dass Deutschland über die Pläne Trumps im Grunde heute noch im Dunklen tappt. Zwar hat Bundesverteidigungsministerin von der Leyen einen Auftrag zum Ausbau der Bundeswehr erhalten. Politisch halten sich die Amerikaner immer noch bedeckt. In der kommenden Woche soll eine gemischte deutsch-französische Delegation in Washington erkunden, was die Regierung eigentlich vorhat.
Ähnlich hatten sich die meisten EU-Politiker beim Brexit verhalten: Sie hatten die "Leave"-Fraktion als Spinner, Populisten und Zerstörer abgekanzelt und darauf vertraut, dass die Briten in der EU bleiben. Daniel Hannan hat seine Argumente allerdings schon vor Jahren auf den Tisch gelegt. Sie zu kennen wäre eigentlich die Pflicht für jeden europäischen Politiker gewesen, der es für möglich hält, dass es außerhalb der eigenen Parteien-Blase noch eine reale Welt gibt.