Politik

Banken nehmen mit Le Pen Fühlung auf und sind überrascht

Mehrere internationale Banken haben sich mit dem Team Le Pens getroffen, um zu erfahren, wohin Frankreich unter dem Front National steuern würde.
25.02.2017 22:14
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die internationalen Banken halten einen Wahlsieg des Front National offenkundig für möglich. Anders als die meisten europäischen Politiker und die französischen Banken ist die Finanzwelt allerdings interessiert zu erfahren, worum es Le Pen wirklich geht. Sie brauchen die Erkenntnisse aus erster Hand, um ihre Investment-Strategie auf den Eventualfall einzustellen. Die Treffen fanden auf Ersuchen der Banken in Paris, Brüssel und Strasbourg in den vergangenen Monaten statt.

Vertreter von BlackRock, Barclays und der UBS trafen sich laut Bloomberg mit dem Ökonomen-Team von Le Pen und zeigten sich nach ihren Treffen überrascht von der Fachkompetenz der FN-Leute. Bloomberg zitiert Gesprächsteilnehmer, die naturgemäß anonym bleiben wollen. Diese Banker sagten, dass die FN-Ökonomen jenen von UKIP oder der britischen Konservativen wie Daniel Hannan nicht unähnlich seien. Hannan hatte in seinem Buch „Why vote leave“ ein in sich schlüssiges Konzept für den Brexit vorgelegt. Die FN-Leute hätten „wirtschaftliche Kenntnisse und verstehen die Märkte, sind aber sehr ideologisch“. Einige Gesprächspartner fühlten sich bei den FN-Leuten an den Griechen Yanis Varoufakis erinnert. Nick Bullman von der Risiko-Firma CheckRisk sagte: „Die politische Maschine der Partei ist viel ausgefeilter als wir gedacht haben. Die Sicht des FN auf den Euro ist zwar radikal, aber sie ist möglicherweise die Reflexion der Wirklichkeit, in welche Richtung sich der Euro entwickeln muss.“

Ein Le Pen-Sprecher berichtet, die Banker seien „sehr pragamtisch“ gewesen: „Sie waren gekommen, um unsere Pläne zu verstehen. Sie haben gesehen, dass Le Pen von Leute umgeben ist, die in der Wirtschaft gearbeitet haben und wissen, wie man Deals macht.“

Der FN hat seine Wirtschaftskompetenz in einem Wirtschaftsrat, „Croissance Bleu Marine“ gebündelt. Die Partei will den Austritt aus dem Euro, das Ende der Unabhängigkeit der Zentralbanken und das Weginflationieren der Schulden durch massives Gelddrucken. Bloomberg merkt an, dass es auffällig sei, dass zwar die internationalen Banken mit dem FN reden, die französischen Banken dagegen jeden Kontakt meiden - wohl auch in der Hoffnung, dass Le Pen niemals an die Macht kommen werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 23. Januar den konservativen Kandidaten Francois Fillon empfangen, der seither mit einer Korruptionsaffäre kämpft. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte damals gesagt, die Kanzlerin sei prinzipiell bereit, andere Kandidaten zu treffen, falls diese es wünschten. Dass die Kanzlerin auch die Kandidatin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, treffen wird, nannte Seibert sehr unwahrscheinlich.

Auch den neuen US-Präsidenten Donald Trump hat Merkel lange ignoriert - mit der Folge, dass Deutschland über die Pläne Trumps im Grunde heute noch im Dunklen tappt. Zwar hat Bundesverteidigungsministerin von der Leyen einen Auftrag zum Ausbau der Bundeswehr erhalten. Politisch halten sich die Amerikaner immer noch bedeckt. In der kommenden Woche soll eine gemischte deutsch-französische Delegation in Washington erkunden, was die Regierung eigentlich vorhat.

Ähnlich hatten sich die meisten EU-Politiker beim Brexit verhalten: Sie hatten die "Leave"-Fraktion als Spinner, Populisten und Zerstörer abgekanzelt und darauf vertraut, dass die Briten in der EU bleiben. Daniel Hannan hat seine Argumente allerdings schon vor Jahren auf den Tisch gelegt. Sie zu kennen wäre eigentlich die Pflicht für jeden europäischen Politiker gewesen, der es für möglich hält, dass es außerhalb der eigenen Parteien-Blase noch eine reale Welt gibt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Buffetts Abgang, Zölle, Milliardenflucht: Steht der Markt vor einem Wendepunkt?
13.05.2025

Turbulente Zeiten an der Wall Street: Während Großinvestoren Milliarden abziehen und Strategen vor dem Ende des Booms warnen, stürmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lateinamerika im Fokus: Chinas Milliardenoffensive gegen Washingtons Einfluss
13.05.2025

Chinas Regierung sucht neue Verbündete – nicht aus Not, sondern mit Strategie. Während die USA auf Konfrontation setzen, stärkt Peking...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...