Im Streit um den französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon hat Ex-Premierminister Alain Juppé endgültig eine Ersatzkandidatur abgelehnt. „Ich bestätige ein für alle Mal, dass ich nicht Präsidentschaftskandidat sein werde“, sagte der konservative Bürgermeister von Bordeaux am Montag in der südwestfranzösischen Stadt laut der staatlichen Nachrichtenagentur AFP. Zugleich griff er seinen wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre angeschlagenen Rivalen Fillon scharf an und warf ihm „Sturheit“ vor.
Zahlreiche Parteifreunde hatten gehofft, dass Juppé für den in Umfragen inzwischen abgeschlagenen Fillon einspringen könnte. Der bei vielen Medien beliebte Juppé, der Fillon bei der Vorwahl der konservativen Republikaner im November klar unterlegen war, soll Ende vergangener Woche selbst Bereitschaft dazu signalisiert haben. Am Montag schloss er einen solchen Schritt aber endgültig aus.
„Für mich ist es zu spät“, sagte Juppé weniger als sieben Wochen vor der Präsidentschaftswahl. Er sei nicht mehr in der Lage, das konservativ-bürgerliche Lager hinter sich zu vereinen. Mit seinen 71 Jahren stehe er auch nicht für die notwendige „Erneuerung“.
Zugleich warf Juppé Fillon vor, in eine „Sackgasse“ geraten zu sein. Er kritisierte insbesondere Fillons Verteidigungsstrategie, sich als Opfer eines „Komplotts“ und eines versuchten „politischen Mordes“ darzustellen. Der harte Kern der Anhänger des konservativen Präsidentschaftskandidaten habe sich inzwischen „radikalisiert“, sagte Juppé.
Fillon ist durch eine Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder massiv unter Druck geraten: Die Justiz ermittelt, zahlreiche Parteifreunde haben sich von ihm abgewandt, in Umfragen ist er abgestürzt. Die Konservativen, die sich lange als sichere Sieger der Präsidentschaftswahl am 23. April und 7. Mai gesehen hatten, befürchten jetzt eine Niederlage.
Fillon wirkte am Sonntag bei einer Kundgebung vor zehntausenden Anhängern in Paris selbst unentschlossen und legte sein Schicksal in die Hände der Partei - die aber nun über Nacht ohne Alternative dasteht.
Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, der bei der Republikaner-Vorwahl im November eine vernichtende Niederlage hinnehmen musste, versucht, im Hintergrund die Fäden zu ziehen und hatte noch am Montagmorgen ein Treffen mit Fillon und Juppé vorgeschlagen, um einen „würdevollen und glaubwürdigen Ausweg“ aus der Krise zu finden. Ein solches Treffen ist nach Juppés Ankündigung allerdings hinfällig. Am Abend wollte die Parteispitze der Republikaner über die Krise beraten.
Frankreichs Staatschef François Hollande, dessen Sozialisten überhaupt keine Rolle mehr spielen und der über sein Netzwerk versucht, seinen früheren Wirtschaftsminister Macron als „unabhängigen“ Kandidaten zu lancieren, warnte vor einem drohenden Sieg von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl. „Die Gefahr besteht“, sagte Hollande einigen europäischen Zeitungen laut AFP. Die Rechtsextremen in Frankreich seien seit mehr als 30 Jahren nie so stark gewesen wie heute. Die Tatsache, dass in den vergangenen 30 Jahren Sozialisten und Konservative abwechselnd regiert hatten und dass deren auf Nepotismus und Postenschacher ausgerichtete Politik die Ursache des Erstarkens der Rechten sein könnte, erwähnte Hollande nicht.
Seine Warnung vor Le Pen ist allerdings in erster Linie wahltaktisch motiviert: Die aktuellen Stände bei Oddschecker zeigen, dass der FN im Verlauf des Februar an Zuspruch verloren hat.