Politik

Außer Kontrolle: EZB kann Inflation in Deutschland nicht stoppen

Die EZB kann die Inflation in Deutschland nicht stoppen, ohne einen Crash im Bond-Markt in Südeuropa auszulösen.
18.03.2017 02:03
Lesezeit: 2 min

[vzaar id="2845103" width="600" height="338"]

Die Inflationsraten innerhalb der Eurozone sowie innerhalb der Europäischen Union sind zu Jahresbeginn deutlich gestiegen. Dabei fällt auf, dass sich die Preise in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich entwickelt haben. Deutschland gehörte im Februar mit einem Anstieg der Inflation von 2,2 Prozent zu den Ländern mit starker Teuerung. Zur Spitzengruppe gehören außerdem Estland (3,4 Prozent), Belgien (3,3 Prozent), Lettland und Litauen (je 3,2 Prozent) und Spanien (3 Prozent). Kaum von der Teuerung betroffen waren hingegen Irland (0,3 Prozent), Rumänien (0,5 Prozent) und Dänemark (0,9 Prozent), wie aus Daten von Eurostat hervorgeht.

Auf Sicht eines Jahres kam es zu deutlich steigenden Preisen. „Die jährliche Inflationsrate im Euroraum lag im Februar 2017 bei 2,0 Prozent, gegenüber 1,8 Prozent im Januar. Ein Jahr zuvor hatte sie -0,2 Prozent betragen. Die jährliche Inflationsrate in der Europäischen Union lag im Februar 2017 bei 1,9 Prozent, gegenüber 1,7 Prozent im Januar. Ein Jahr zuvor hatte sie -0,1 Prozent betragen, heißt es in dem Bericht.

Stabilisieren sich die Zahlen auf diesem Niveau, hat die Europäische Zentralbank ihr Ziel, die Inflation auf etwa 2 Prozent jährliches Wachstum zu bringen, erreicht. „Nach fünf Jahren ultraniedriger Leitzinsen, praktisch kostenloser Kredite an Europas Großbanken in Milliardenhöhe, Käufen von Anleihen der Staaten und Unternehmen im Umfang vieler Milliarden und einer auf 3,7 Billionen Euro aufgeblähten Bilanz hat Mario Draghi endlich sein Ziel erreicht“, resümiert Wolfstreet.

Vieles spricht jedoch dafür, dass die Probleme nun erst richtig beginnen. Zum einen liegt dies an den großen Inflationsunterschieden zwischen den Staaten. Beginnt die EZB nun mit dem Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik, wäre dies für einige Staaten noch zu früh und für andere wie Deutschland eigentlich schon zu spät.

Zudem handelt es sich bei den starken Anstiegen der Inflationsraten in erster Linie um eine Folge der gestiegenen Energiepreise. Lässt man diese außen vor, herrscht in der Eurozone noch immer eine Kerninflation von unter 1 Prozent. Dem Statistischen Bundesamt zufolge kosteten Kraftstoffe im Februar 15,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auch Nahrungsmittel verteuerten sich mit 4,4 Prozent überdurchschnittlich. Allein die Preise für Gemüse stiegen um 21 Prozent, berichtet Reuters.

Das Hauptproblem besteht jedoch darin, dass die EZB offenbar gar nicht mehr anders kann, als ihre expansive Geldpolitik fortzusetzen. Tut sie es nicht, geraten südlichen Euro-Staaten wie Italien, Spanien und Portugal unter Druck. Einzig das Anleihekaufprogramm garantiert diesen Ländern tiefe Zinsen auf ihre Staatsschulden. Zieht sich die EZB als Käufer zurück, werden Investoren höhere Renditen verlangen, was die Rückzahlung der Schulden extrem erschweren dürfte. „Das letzte, was Italien will, ist ein Rückzug der EZB. Wenn die EZB keine italienischen Anleihen mehr kazft, wer wird dies dann machen? Die Antwort ist – niemand“, schreibt Wolfstreet. „Wenn die EZB ihre Käufe reduziert und Investoren merken, dass sie weniger italienische Papiere kauft, dann wird dies eine Abwärtsspirale aus sinkenden Kursen und steigenden Renditen auslösen. Wie im Jahr 2012 gesehen, wird die italienische Regierung Schwierigkeiten haben, ihre Schulden zu bedienen, was den Abverkauf noch beschleunigt.“

Es dürfte deshalb kein Zufall sein, dass Frankreichs Notenbank-Gouverneur Francois Villeroy de Galhau derzeit keinen Grund für Übermäßige Inflationssorgen im Euro-Raum sieht. „Wenn die Deflationsgefahren glücklicherweise dank unserer Schritte hinter uns liegen, so wäre die umgekehrte Furcht vor einer Rückkehr der Inflation heute sehr übertrieben,“ sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) laut Reuters. EZB-Präsident Mario Draghi hatte sich vor Kurzem etwas optimistischer zur wirtschaftlichen Lage des Währungsraums geäußert als noch zuletzt. Die Gefahr einer Deflation – einer gefährlichen Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, sinkenden Löhnen und Investitionen – sei größtenteils verschwunden, sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...