Politik

Keine öffentlichen Aufträge für korrupte Unternehmen

Bundeswirtschaftsministerin Zypries hat ein bundesweites Korruptionsregister für Firmen angekündigt. An welche allgemein verbindlichen Regeln sich die staatlichen Stellen selbst allerdings halten müssen, bleibt weiter unklar. 
25.03.2017 02:41
Lesezeit: 2 min

In Deutschland soll es bald ein bundesweites Korruptionsregister geben, um betrügerische Firmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen. Die Ressortabstimmung über einen entsprechenden Gesetzentwurf sei abgeschlossen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag aus Regierungskreisen. Das Kabinett solle darüber in Kürze entscheiden. "Ehrliche Arbeit muss sich lohnen. Bestechung, Steuerhinterziehung oder Verstöße gegen das Mindestlohngesetz dürfen sich nicht lohnen", erklärte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Firmen, die solche schweren Wirtschaftsdelikte begangen haben, dürften nach ihren Worten nicht mehr von öffentlichen Aufträgen und damit Steuergeldern profitieren. Bund, Länder und Kommunen vergeben jährlich Aufträge im Wert bis zu 300 Milliarden Euro, was rund zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht.

Das Gesetz sieht eine Liste von Firmen vor, die Wirtschaftsstraftaten begangen haben. Solche Unternehmen sollen fünf Jahre und in weniger gravierenden Fällen drei Jahre keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten. Das vom Bundeskartellamt geführte Register sollen öffentliche Auftraggeber elektronisch abfragen können. "Damit schließen wir die Schwarzen Schafe aus und schützen so vor allem die weit überwiegende Zahl der Unternehmen, die sich an die Regeln halten", erklärte Zypries.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen öffentliche Aufträge und Konzessionen nur an Unternehmen vergeben werden, die keine erheblichen Rechtsverstöße begangen haben. Zwar eröffnet schon das geltende Vergaberecht die Möglichkeit, korrupte Firmen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. Doch das fällt in der Praxis schwer. In Ländern wie Berlin, Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen gibt bereits solche Register - allerdings mit unterschiedlichen Kriterien und Regeln.

Das bundesweite Register soll Unternehmen umfassen, deren Manager wegen Straftaten rechtskräftig verurteilt wurden, die dem Unternehmen zuzurechnen sind. Auch Strafbefehle und Bußgeldentscheidungen werden von Staatsanwaltschaften, Kartell- und anderen Behörden gemeldet. Geplant sind zwei Schwellenwerte: einen Auftragswert von 30.000 Euro und eine Strafhöhe ab einem Bußgeld von 2500 Euro. Automatisch ausgeschlossen werden sollen Firmen, denen schwere Straftaten zur Last gelegt werden, etwa Geldwäsche, Betrug, Bildung einer terroristischen Vereinigung, Terrorismusfinanzierung, Freiheitsberaubung und Steuerhinterziehung. Firmen sollen aber die Möglichkeit haben, mit glaubhaften "Selbstreinigungsmaßnahmen" wie internen Kontrollen und Vorsorgemaßnahmen gestrichen zu werden.

Was jedoch weiter unklar ist, nach welchen einheitlichen Kriterien die Bundesministerien ihre Aufträge vergeben sollen. Etwa im Medienbereich herrscht seit Jahren eine strukturelle Korruption: So werden Anzeigen mit einer klaren, sachfremden Bevorzugung an ausgewählte Medien vergeben. Die Ministerien reden sich routiniert auf die Mediaagenturen heraus, welche angeblich eine sachliche Prüfung vornehmen. Doch tatsächlich gehen einige Mediaagenturen nacch äußerst fragwürdigen Kriterien vor.

Die hierdurch erfolgende Marktverzerrungen sind einer der Gründe, warum es für Newcomer in Deutschland schwer ist, sich durchzusetzen.

Auch im Baubereich sind viele Fragen offen, insbesondere bei Großprojekten. Dasselbe gilt für die Rüstungsindustrie, die als besonders anfällig für Korruption gilt.

Für all diese Bereich würde sich ein komplementäres Transparenzregister empfehlen, um auch die staatlichen Stellen zu zwingen, sich an Recht und Gesetz zu halten.

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