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Die gescheiterte Gesundheitsreform wirft die ganze Agenda von Donald Trump über den Haufen.
Trump war mit einem Programm von ‚Reaganomics‘ gewählt worden. Bei der Gesundheitsreform haben Trump und Republikaner im Kongress versagt. Damit dürften auch Steuersenkungen und das Infrastruktur-Programm versenkt werden. Statt expansiver Finanzpolitik dürften Budget-Kürzungen drohen.
Die verhängnisvolle Kostenexplosion im Gesundheitswesen wird die US-Staatsfinanzen auf Jahre hinaus ungebremst belasten. Damit wird auch der Spielraum für den Rest der wirtschaftspolitischen Agenda von Donald Trump eingeengt. Trump hat im Grundsatz eine Neuauflage von ‚Reaganomics‘ präsentiert. Das Projekt ist ebenso hanebüchener Unsinn wie die Gesundheitsreform. Es hatte aber eine innere Logik, mit der Reform des Gesundheitswesens zu beginnen. Hohe Kosteneinsparungen dort hätten den Budget-Spielraum verschaffen sollen, um Steuersenkungen und ein Infrastruktur-Programm zu finanzieren.
Durch die Implosion der Gesundheitsreform wird alles viel schwieriger. Das Problem liegt dabei auf drei verschiedenen Ebenen, einer ökonomischen, einer institutionellen und einer politischen.
Ökonomisch ist eine drastische Verschlechterung der US-Finanzen nun fix vorprogrammiert. Schon im Wahlkampf war für jeden Informierten klar, dass die finanzpolitische Mathematik von Trump nie aufgehen würde. Das eine Grundproblem sind die Alterung und vor allem die Verarmung der amerikanischen Gesellschaft und deren Folgewirkungen. Die Generation der Babyboomer tritt zunehmend in den Ruhestand. Dadurch steigen die Ausgaben für die Altersvorsorge (sowie für Medicare) automatisch Jahr für Jahr an. Aufgrund der Einkommens- und Vermögens-Spreizung sowie der explodierenden Krankenkassen-Prämien sind immer mehr Haushalte auf staatliche Unterstützung für ihre Gesundheitsausgaben angewiesen. Deshalb erhöhen sich die Ausgaben für Medicaid. Ferner zahlen immer weniger Haushalte überhaupt Bundessteuern. Die Reallöhne stagnieren seit Jahrzehnten und sind seit 2008 gefallen. Viele gutbezahlte Jobs in der Industrie sind verloren gegangen, während die Zunahme der Beschäftigung seit 2010 vor allem prekäre und Teilzeit-Beschäftigungsverhältnisse im Dienstleistungssektor umfasst. Die Erwerbsquote der Personen im besten Beschäftigungsalter (25-55-Jährige) ist deutlich zurückgegangen, eine Konsequenz der Langzeit-Arbeitslosigkeit und der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung. Wenn die Beschäftigten höhere Reallöhne erhalten, dann in der Form von höheren Krankenkassen-Prämien, welche die Arbeitgeber bezahlen.
Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Ausbau der Militärausgaben. Diese sind in den letzten 15 Jahren zunächst kräftig und dann noch leicht angestiegen, wobei die Expansion vor allem durch den ‚Kampf gegen den Terror‘ von Präsident Bush zustande kam. Jetzt sollen diese Ausgaben gemäß den Plänen von Donald Trump wieder massiv angehoben werden, natürlich mit der dunklen Begründung von Bedrohungslagen. Warum ausgerechnet die Atombomben modernisiert werden sollen, erschließt sich für den außenstehenden Beobachter jedenfalls nicht ohne weiteres. Die USA wie die Russische Föderation haben ein Potential, alles Leben auf dem Planeten auszulöschen, ob die USA jetzt ihre Systeme modernisieren oder nicht. Im Militärsektor wäre viel eher ein groß angelegtes Sparprogramm angesagt.
Die USA geben drei Mal so viel für das Militär aus wie China, das an zweiter Stelle kommt. Russland kann gerade mal rund 12 Prozent der amerikanischen Ausgaben für die Rüstung stemmen. Alle Länder der Welt außer den USA kommen zusammen nicht auf die Größenordnung der Militärausgaben der Vereinigten Staaten. Noch extremer wäre die Dominanz der Vereinigten Staaten, wenn die kumulierten Militärausgaben über die letzten 10, 15 oder 25 Jahre gegenübergestellt würden. Die Stärke einer Militärmacht ergibt sich ja nicht aus den Ausgaben in einem spezifischen Jahr, sondern über einen langen Zeitraum. Da wäre China weit im Hintertreffen, denn es hat erst in den letzten Jahren seine Ausgaben parallel zur Wirtschaftskraft so stark steigern können. Gemäß den Angaben des CIA, die sich auf seiner Website finden, gibt China knapp 2 Prozent seines BIP für Rüstung aus, während es bei den Vereinigten Staaten knapp 4.5 Prozent sind. Bei Russland sind es 3.5 Prozent. Nur Saudi-Arabien investiert mit fast 8 Prozent unter den Ländern mit den höchsten Militärausgaben prozentual mehr als Vereinigten Staaten und ist dafür fast Weltspitze.
Die Ankündigung, die Militärausgaben und zusätzlich die Ausgaben für die Veteranen derart nach oben zu fahren, bedeutet sehr viel für das gesamte Bundesbudget und die Dynamik der Verschuldung. Eine Erhöhung der Ausgaben für nur ein Jahr macht ja keinen Sinn, denn das Niveau würde permanent erhöht sein. Trump mag sich dafür die Unterstützung der republikanischen Partei wie auch des Establishments insgesamt erkauft haben, doch sie kommt zu einem hohen längerfristigen Preis.
Betrachtet man die Ausgabenstruktur des Bundes, so fällt sofort auf, dass mit den Ausgaben für die Altersvorsorge, für das Gesundheitswesen und für das Militär praktisch drei Viertel der Bundesausgaben vorgegeben sind. Hinzu kommen die Zinsen, die nochmals 6-7 Prozent ausmachen. Damit sind deutlich über 80 Prozent der Ausgaben festgeschrieben.
Doch die wirklich explosive Situation des amerikanischen Staatshaushalts erhellt sich erst, wenn die Entwicklung der Zinsbelastung über die Zeit hinweg aufgezeigt wird. Die Bundesschuld hätte sich noch viel massiver erhöht, wenn die Zinsen nicht kontinuierlich gefallen wären. Die Durchschnittsverzinsung ist jetzt außerordentlich niedrig. Schon allein durch die Tatsache, dass sie nicht mehr weiter fällt, beschleunigt sich die Verschuldungsdynamik. Ein Zinsanstieg aber würde eine eigentliche Turbowirkung auslösen. Damit ist die gesamte Ausgabendynamik unbegrenzt und riskiert, bei einem Zinsanstieg in eine Lawine auszuarten.
Ohne Korrektur und selbst ohne Konjunkturprogramm von Präsident Trump wird die Staatsverschuldung gemäß der Projektion des überparteilichen Congressional Budget Office (CBO) um total weitere 10 Billionen Dollar bis 2025 ungebremst weiter ansteigen. Dabei wird für diesen Zeitraum keine Rezession unterstellt, sondern ein durchschnittliches Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts um 2 Prozent. Zwei weitere Annahmen, etwa auf die Inflation, erscheinen eher rosig. Das CBO unterstellt eine durchschnittliche Inflationsrate von 2 Prozent über diesen Zeitraum sowie Zinsen, die stagnieren. Bei einem zusätzlichen expansiven Fiskalprogramm würde das Ganze noch in völlig andere Dimensionen hineinwachsen.
Zwar sind die Vereinigten Staaten in Bezug auf die Staatsverschuldung in einer völlig anderen Situation als Griechenland, Italien, Portugal oder auch Mexiko und Brasilien: Die USA haben eine eigene Währung, die Weltwährung, und eine Notenbank, welche in Notzeiten bereit ist, praktisch unbegrenzt Staatsanleihen-Käufe vorzunehmen. Doch ausländische Investoren inklusive Zentralbank halten ihre Anlagen bevorzugt in amerikanischen Wertschriften, besonders auch Staatsanleihen. Das könnte sich im Fall eines massiven Handels-, Wirtschafts- und Währungskrieges ändern, erscheint sonst aber ausgeschlossen. Hingegen werden die Anlagen in den USA von diesen Zentralbanken oder Sovereign Funds anders als früher aktiv bewirtschaftet. Solche Investoren könnten also die Vermögensaufteilung verändern, die Kurve aktiv bewirtschaften, die Vermögensklasse wechseln oder auch das Gewicht der Dollar-Anlagen taktisch und strategisch verändern.
Die amerikanische Wirtschaft ist strukturell entgleist, und die Staatsverschuldung fest auf einem abschüssigen Pfad. Selbst nach einer langen Konjunktur-Erholung, allerdings der schwächsten seit Jahrzehnten, erhöht die Bundesregierung die Bundesschuld jedes Jahr um rund fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Staat ist ein Selbstbedienungsladen von Lobbies, Interessengruppen und ökonomischen Akteuren, welche ruchlos ihre Pfründen und Privilegien ausbauen und geschickt mit ideologischen Argumenten und hilfreichen Studien irgendwelcher Think-Tanks untermauern. Ökonomisch wird sich die Staatsschuld massiv erhöhen – auch ganz ohne Finanzprogramme. Ohne drastische Korrekturen ist die Spirale nicht zu stoppen, doch dazu fehlt der politische Wille und Konsens.
Institutionell steckt die amerikanische Finanzpolitik seit 2011 in einem speziellen Korsett, welche die Verschuldungsgrenze des Bundes und die Budgetpolitik vermengt. Das sind von der Sache her zwei verschiedene Prozesse. Die Budgetpolitik umfasst ein Budget, das vom Kongress beschlossen und vom Präsidenten unterzeichnet wird. Es wird zwischen Präsident und Kongressausschüssen ausgehandelt. Die Verschuldungsgrenze (engl. debt ceiling) ist eine Obergrenze , die auf bereits beschlossene Ausgaben und Einnahmen bezogen ist. Früher war diese Verschuldungsgrenze ein technisches Detail ohne operationelle Bedeutung. Sie wurde routinemäßig und rechtzeitig vom Kongress angehoben, der von der Verfassung her die konstitutionelle Befugnis dazu hat. Zum ersten Mal wurde die Verschuldungsgrenze von Newt Gingrich 1995/96 kurzfristig gegen Präsident Clinton eingesetzt, um eine finanzpolitische Weichenstellung durchzusetzen.
Nachdem die Republikaner unter den Kongressführern Boehner und McConnell 2011 auf eine Obstruktionspolitik gegenüber Präsident Obama und den Demokraten eingeschwenkt waren, hat die Obergrenze eine vorläufig permanent verändert Bedeutung erhalten. Das letzte solche Abkommen ist vom Oktober 2015 datiert. Damals wurde die Verschuldungsgrenze auf rund 20 Billionen Dollar angehoben – ein Wert, der jetzt erreicht sein wird. Bis zum 15. März, also nach den Wahlen, galt eine Schonfrist. Die Obergrenze hätte überschritten werden dürfen. Doch ab dann ist diese Obergrenze n-Gesetz in Kraft, was eine Reihe institutioneller Konsequenzen hat. Sie stellt in gewissem Sinn das amerikanische Pendant zu den Verschuldungs- und Budgetgrenze der Eurozone dar – allerdings mit spezifischen Wirkungsweisen.
Es ist eine nominelle Obergrenze für das absolute Niveau der ausstehenden Staatsschuld – allerdings nicht in Relation zum Bruttoinlandsprodukt wie in der Eurozone. Diese Obergrenze ist fix, sie kann nicht überschritten werden. Beim Erreichen dieser Obergrenze gibt es noch einige Wochen oder maximal Monate Spielraum, der sich aus dem Cash-Bestand des Finanzamts (der Treasury) ergibt. In diesem Zeitraum wird intensiv verhandelt. Die zerstrittenen Parteien müssen sich dann zusammenraufen, und irgendeine Form von Kompromiss finden, bis gemeinsam eine erhöhte Obergrenze festgelegt ist. Dadurch wird die Finanzpolitik sehr kurzfristig orientiert, denn alles spielt sich unter extremem Druck ab, auch von den Medien her. Es sind häufig faule Kompromisse, welche den kleinsten gemeinsamen Nenner zweier fundamental gegensätzlicher Partner beinhalten. In der Konsequenz werden die meisten Positionen des Bundesbudgets auf einer relativen Basis zementiert. Die Wachstumsrate wird gleichmäßig festgelegt und einige wenige Positionen werden diskretionär blockiert oder verändert. Nach einem solchen Kompromiss in letzter Sekunde wird die Verschuldungsgrenze relativ großzügig angehoben, wobei wiederum politische Erwägungen im Vordergrund stehen. Es sind häufig Wahldaten, um die herum die Verschuldungsgrenze projiziert werden. So hat der Obama/Boehner-Kompromiss von Oktober 2015 den 15. März als Datum. Ab diesem Zeitpunkt sollte der Kongress konstituiert und die neue Administration funktionsfähig sein. Diese Form des verhandlungsbasierten Kompromisses hat eine ganz andere Wirkung, als von den Erfindern der Taktik angedacht. Sie hat effektiv das dramatische Wachstum der Staatsschuld begünstigt statt begrenzt. Ferner zupft sie die Struktur von Einnahmen und Ausgaben fest. So führt sie die unheilvolle Dynamik fort, die der gegenwärtigen Struktur von Einnahmen und Ausgaben im Bundesbudget entspringt.
Politisch ist dieser institutionelle Rahmen nach den Wahlen mit dem neuen Präsidenten und der republikanischen Mehrheit in beiden Kammern verändert. Unter Präsident Obama stand dem Präsidenten und den Demokraten eine geschlossene Front von Republikanern im Kongress gegenüber. Die Trennlinie verlief also exakt entlang der Parteigrenzen. Die Republikaner erlangten die Mehrheit zunächst im Repräsentantenhaus (2010), dann ab 2014 auch im Senat. Jetzt ist ein Präsident auf dem Ticket der republikanischen Partei gewählt, der aber nicht in allen Fragen der Parteilinie entspricht. Zwar haben die Republikaner die Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat. Von daher wären sie nicht auf die Demokraten angewiesen. Doch die Republikaner im Kongress sind nicht mehr homogen wie zuvor, vor allem auch nicht in finanzpolitischen Kernfragen. Boehner setzte in den Verhandlungen immer wieder einen Kompromiss von Demokraten und gemäßigten Republikanern durch.
Vor allem eine relativ kleine Gruppe konservativer Republikaner, die sich (aus einem sehr speziellen Verständnis) ‚freedom caucus‘ nennt, hat aus der Wahlarithmetik des Repräsentantenhauses eine relativ bedeutende Position errungen. Der ‚freedom caucus‘ ist eine Gruppe wenig prominenter, republikanischer Hinterbänkler. Es sind ungefähr 35-40 Abgeordnete. Diese Gruppe funktioniert als Fraktion in der Fraktion. Sie stimmt geschlossen, wenn 80 Prozent ihrer Mitglieder eine Meinung vertreten. Dadurch können sie enormen Einfluss gewinnen. Denn die Republikaner haben im Repräsentantenhaus 247 Stimmen, die Demokraten 188 Stimmen. Um eine Abstimmung zu gewinnen, müssen die Republikaner 217 Stimmen auf sicher haben. Stimmt der ‚freedom caucus‘ anders, ist die Sache verloren. Eine auf Fraktionsbasis operierende relativ kleine Gruppe von maximal 40 Abgeordneten kann also dem zehnmal so großen Repräsentantenhaus seine Agenda aufdrücken.
Die Gruppe umfasst vor allem konservative Südstaatler – und zwar solche aus den konservativsten Distrikten der Südstaaten. Ihre Mitglieder sind fast alles Weiße und Männer. Viele von ihnen sind der Tea-Party entwachsen, die meisten sind erst seit 2010 oder 2012 im Kongress. Sie haben selbst gemessen an den Standards der Republikaner sehr strikte sozial- und finanzpolitische Vorstellungen. Wer arm ist, ist arm, weil er faul ist und darum selbst schuld. Damit ist auch die Rolle des Staates in der Vorstellung dieser Leute eingegrenzt. Mancher von ihnen dürfte zu Hause eine Flagge der Konföderierten oder ein Hemd des Klu-Klux Clan aufbewahren. Doch es sind nicht individuelle Sonderlinge, sie reflektieren vielmehr die Interessen und Gesinnung der Wähler in ihren Distrikten. Wie alle Abgeordneten sind sie auch Lobbyisten von Interessengruppen. In der von ihnen siegreich zu Fall gebrachten ‚American Health Act’ von Paul Ryan traten sie vor allem als Interessenvertreter der Versicherungsindustrie auf.
Diese Gruppe hat sich 2015 konstituiert und als erste größere Handlung den damaligen Mehrheitsführer John Boehner zu Fall gebracht. Boehner hatte zwar eiskalt im Showdown mit Obama Steuersenkungen für die Reichen permanent gemacht, sich auf der Ausgabenseite jedoch äußerst nachgiebig gezeigt. Unter anderem dadurch sind die Staatsschulden so stark angewachsen. Deshalb waren sie Boehner gegenüber feindlich gesinnt. Bei der Abstimmung über die Gesundheitsreform des Mehrheitsführers Ryan hätten sie dagegen gestimmt. Sie wollten Obamacare komplett abschaffen, die Versicherungen vor staatlichem Einfluss schützen und viel höhere Ersparnis im Bundeshaushalt durchsetzen.
Vom Grundverständnis her sind diese Leute für Steuersenkungen für die Wohlhabenden und Reichen sowie für höhere Verteidigungsausgaben. Insofern gibt es eine Interessenkongruenz mit der Agenda von Präsident Trump. Hingegen weichen die Vorstellungen auf der Ausgabenseite des Budgets weit auseinander. Trump hatte versprochen, Sozialausgaben nicht zu tangieren. Der einzige Hebel, der ihnen wirkliche Macht verleiht, ist die Budgetpolitik mit der Erhöhung der Schuldenlimite zu verknüpfen, also die Fortsetzung der 2011 eingeführten verhängnisvollen Politik. Von daher ist damit zu rechnen, dass diese Gruppe wieder als Sperrblock auftreten wird, wenn Trump und die Republikaner im Kongress die Steuerreform antreten werden.
Dabei sind mehrere Szenarien denkbar. Aufgrund der aktuellen Kassenlage der Treasury dürfte das Geld noch bis rund Ende Mai 2017 reichen. Dann müssten Regierungsausgaben gekürzt und die Tätigkeit des Bundes eingeschränkt werden. Die Alternative ist, dass die Obergrenze um einen kleineren Betrag erhöht wird, damit mehr Zeit zur Ausarbeitung des Budgets und vor allem Obergrenze vorhanden ist, dass ein Konsens unter den Republikanern hergestellt wird. Ohne Verabschiedung eines Budgets, dem der ‚freedom caucus' zustimmt, dürfte die Obergrenze kaum um einen größeren Betrag angehoben werden, der für mehrere Jahre ausreicht. Die Demokraten unter Minderheitsführerin Nancy Pelosi haben bereits angekündigt, dass die Obergrenze mit ihnen nur ohne Bedingungen angehoben werden kann.
Die Schlussfolgerung dürfte sein, dass jetzt eine Art ‚Fingerzeigen‘ beginnt, welches mit einigen Personalrochaden verbunden ist. Auf republikanischer Seite wird man versuchen, die Verschuldungslimite leicht anzuheben, um Zeit für ein hoch komplexes Vorhaben wie eine Steuerreform zu gewinnen und nicht wieder unter Zeitdruck auf Grund zu laufen. Denn dort werden unzählige Lobbies intervenieren, welche entgegengesetzte Interessen vertreten. Sie wollen Steuersenkungen und Ausgaben, aber auf keinen Fall höhere Steuern oder Ausgabenkürzungen.
Ohne die projizierten Aufgabenkürzungen aus der Gesundheitsreform dürfte es Trump sehr schwierig haben, seine Agenda von Steuersenkungen und Investitionsprogrammen für die Infrastruktur realisieren zu können. Aus der Sicht von mehrheitlich konservativen Politikern macht es überhaupt keinen Sinn, in der gegenwärtigen Konjunkturlage ein Projekt zu bewilligen, welches weitere sehr starke und überdies noch ineffektive diskretionäre Fiskalimpulse setzen würde. Ganz zu schweigen gegenüber einer Gruppe von radikalen Staatsabbauern mit Blockademacht. Die reine Budget- und Verschuldungsdynamik ist strukturell so miserabel, dass korrigierende Maßnahmen nötig sind. Darüber hinaus zeigen alle vorlaufenden und Stimmungs-Indikatoren nicht nur eine Aufhellung, sondern sogar eine deutliche Beschleunigung der Konjunktur an. Das gilt sogar für die verarbeitende Industrie, obschon der Dollar sehr fest ist. Das Handelsbilanzdefizit steigt entsprechend rapide an, die Inflation beschleunigt sich, die Fed beginnt die Zinsen anzuziehen. Bis jetzt ist dieser Prozess der Zinsanpassung eine Normalisierung von einem jahrelang superexpansiven Kurs aus. Die Notenbank hat aber bereits zweimal subtil klar gemacht, dass dieser Prozess der Zinsanpassung verschärft würde, wenn die Finanzpolitik jetzt die Schleusen öffnet. Es brauchte klare Evidenz, dass Beschäftigung und Produktivität weitaus stärker wachsen können als bisher, um die Notenbank von dieser Einschätzung abzubringen.
Es scheint ausgeschlossen, dass Trump im Kongress mit einem expansiven Steuer- und Aufgabenprogramm durchkommt. Der mehrheitlich republikanische Kongress wird auf kompensierenden Maßnahmen beharren, damit das Ganze mindestens budgetneutral ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wann denn Korrekturen an einer kritischen Budget- und Verschuldungssituation vorzunehmen sind, wenn nicht bei einer erheblichen Konjunkturbeschleunigung, wie sie sich jetzt anbahnt. Auch das politische Zeitfenster spricht wohl aus der Sicht von Republikanern für harte Maßnahmen. Kein Mensch weiß, wie der Kongress in zwei Jahren aussehen wird. Noch haben die Republikaner eine Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Deshalb dürfte sogar die Forderung aus dem Kongress im Raum stehen, tiefe Einschnitte in die Sozialprogramme (Altersvorsorge und Gesundheitswesen) vorzunehmen. Für Donald Trump wäre dies ein schlechter Deal. Dann als erstes gleich die Sozialprogramme zu opfern, käme politischem Selbstmord gleich.
Trump hat eine miserable Schuldensituation geerbt. Statt sich dem zu stellen, hat er ein rückwärtsorientiertes Wirtschaftsprogramm ohne Kohärenz und Logik präsentiert. Dieses baut geradezu auf einer weiteren Schuldenexplosion auf, ohne die Wirtschaft längerfristig zu stimulieren.