Politik

Trump verwirrt seine Gegner mit totaler Flexibilität

Trump verwirrt seine Gegner mit totaler Flexibilität. (Artikel nur für Abonnenten zugänglich)
13.04.2017 01:55
Lesezeit: 3 min

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US-Präsident Donald Trump scheint sich für den April vorgenommen zu haben, seine Gegner vollständig zu verwirren – indem er einfach das Gegenteil dessen behauptet, was er noch vor wenigen Monaten gesagt hatte. Interessant: Trump behauptet nicht bloß in einem Gebiet etwas anderes, sondern revidiert sein „Geschwätz von gestern“ in den unterschiedlichsten Politikfeldern.

Bemerkenswert ist, dass Trump seine neue Positionen nicht etwa bezieht, weil er die alten vergessen hat; im Gegenteil: In den meisten Fällen sagte Trump, dass er jetzt eine andere Position habe als noch vor kurzem. Bei seinem ersten Schwenk – dem Beschluss, Syrien zu bombardieren, nachdem Trump zuvor gesagt hatte, die USA wollen sich in Syrien nicht einmischen – hatte Trump erklärt, dass er „flexibel“ sei.

Sein Vorteil: Er hat nur wenige Freunde im Establishment und braucht sich daher keine Sorgen zu machen, allfällige Verbündete zu verprellen.

Die Kehrtwenden:

Gesundheitsreform: Keine Priorität, jetzt doch wieder erste Prio

Trump sagte in einem Interview mit Fox News, dass er weiter an der Gesundheitsreform arbeite. Die Steuerreform könne erst kommen, wenn die Gesundheitsreform umgesetzt sei. Er werde 900 Milliarden Dollar einsparen. Nach dem Scheitern der Reform im Kongress hatte Trump gesagt, er werde sich jetzt nicht mehr mit der Geusndheit beschäftigen, sondern die Steuersenkungen als oberste Priorität behandeln.

Nato: Früher obsolet, jetzt nicht mehr obsolet

Trump hat seine Einschätzung der Nato revidiert. "Ich habe gesagt, sie sei obsolet. Sie ist nicht mehr obsolet", sagte Trump am Mittwoch bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Trump verwies insbesondere auf die Rolle des Bündnisses beim Kampf gegen die Islamistenmiliz IS. Er danke den Nato-Staaten für deren Unterstützung des US-Angriffs auf eine Basis der syrischen Luftwaffe als Vergeltung für den mutmaßlichen Einsatz von Giftgas in dem Bürgerkriegsland.

China: Früher Währungsmanipulator, jetzt nicht mehr

Trump sagte über China: "Sie sind keine Währungsmanipulatoren", sagte Trump dem "Wall Street Journal" am Mittwoch. Die Regierung in Peking verzichte seit einigen Monaten darauf, sich über die Bewertung der Landeswährung Yuan einen Vorteil zu verschaffen. Dies werde sich auch im halbjährlichen Bericht des US-Finanzministeriums niederschlagen. Im Wahlkampf hatte Trump dagegen angekündigt, bereits an seinem ersten Tag im Amt China als Währungsmanipulator einzustufen. Dies tat er nicht. In einem Reuters-Interview Ende Februar hatte er die Chinesen dann als "Großmeister der Währungsmanipulation" bezeichnet. China weist die Vorwürfe zurück.

Der Zeitung zufolge begründete Trump seinen Sinneswandel zudem damit, dass der Schritt die Verhandlungen mit China über den Umgang mit Nordkorea gefährden könnte. Ein Sprecher des US-Finanzministeriums bestätigte die Angaben des Republikaners zu dem anstehenden Bericht. Dieser erscheint Mitte des Monats.

In ersten Reaktionen kritisierten die Demokraten Trumps Kehrtwende scharf. Das gebrochene Wahlversprechen sei symptomatisch für das Fehlen eines entschlossen Vorgehens im Handelsstreit mit China, sagte der ranghöchste Demokrat im Senat, Chuck Schumer. Der beste Weg, um China zur Zusammenarbeit bei Nordkorea zu bewegen, sei es, Druck über den Handel aufzubauen. "Der interessiert die chinesische Regierung am meisten", sagte Schumer.

Janet Yellen; Früher schlecht, jetzt sogar Verlängerung möglich

Trump hat in einer überraschenden Kehrtwende seine Wertschätzung für Notenbankchefin Janet Yellen bekundet. "Ich mag sie, ich respektiere sie", sagte er in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Interview mit dem "Wall Street Journal".

Trump hatte die Vorsitzende der Federal Reserve während des Wahlkampfes hart für ihre Zinspolitik kritisiert. Nun ließ er sogar die Möglichkeit offen, dass er Yellen über ihre im Februar kommenden Jahres ablaufende Amtszeit hinaus auf ihrem Posten behalten könnte. Es sei noch "sehr früh", um sich mit dieser Frage zu befassen, sagte der US-Präsident auf eine entsprechende Frage.

Während des Wahlkampfs hatte Trump die Fed-Chefin bezichtigt, die Zinsen künstlich niedrig zu halten, um die Wirtschaftsbilanz des damaligen Präsidenten Barack Obama aufzumöbeln. Er hielt ihr sogar vor, sie solle sich dafür "schämen".

Nun sagte Trump in dem Interview, er möge "eine Politik der niedrigen Zinsen, das muss ich Ihnen ehrlich sagen". Die Fed hatte allerdings nach einem jahrelangen Niedrigzinskurs, den sie als Reaktion auf die Finanzkrise des Jahres 2008 eingeleitet hatte, seit Trumps Wahlsieg im November den Leitzins zwei Mal leicht angehoben.

Steve Bannon: Früher der Favorit, jetzt gibt’s ein Ultimatum

Trump steht offenbar nicht mehr vorbehaltlos hinter seinem hochumstrittenen Chefstrategen Steve Bannon. Trump bezeichnete Bannon in einem am Dienstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Interview der "New York Post" zwar als "guten Kerl". Doch fügte er offenbar mit Blick auf Konflikte unter seinen Mitarbeitern im Weißen Haus hinzu: "Ich habe ihnen gesagt, dass sie es zurechtbiegen sollen, oder ich werde das tun."

Damit bezog sich der Präsident offenbar auf Bannons Konflikte mit anderen Mitarbeitern, darunter Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner, über welche die US-Medien zuletzt viel berichtet hatten. Trump sagte in dem Interview auch: "Ich mag Steve." Doch erinnerte er im selben Atemzug daran, dass Bannon seinem Wahlkampfteam erst "sehr spät" beigetreten war - dies war im vergangenen August.

Zu diesem Zeitpunkt habe er sich im republikanischen Vorentscheid bereits durchgesetzt gehabt, betonte Trump. Bannon habe er damals noch nicht gekannt. Und er habe zu dem Zeitpunkt, als dieser seinem Team beitrat, auch nicht vorgehabt, seine Strategie im Zweikampf gegen die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, zu ändern, sagte Trump.

Mit diesen Worten wollte er anscheinend dem Eindruck entgegentreten, dass er seinen Wahlsieg entscheidend Bannon zu verdanken habe.

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