Finanzen

Italien: Confindustria meldet deutlichen Anstieg bei Exporten

Die italienische Wirtschaft sieht im Anstieg der Exporte ein Anzeichen einer substantiellen Erholung.
30.05.2017 02:09
Lesezeit: 2 min

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Luca Paolazzi, Leiter der Studienabteilung des italienischen Industrieverbandes Confindustria, glaubt, dass die italienische Wirtschaft die Talsohle durchschritten hat. Im Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten betont er, dass gerade der Export italienischer Waren Hoffnung macht: „Interessant ist, dass unsere Exporte ein Niveau erreicht haben, das weiter über dem liegt, das wir vor der Wirtschaftskrise erreicht hatten. Die Entwicklung ist mit der deutschen vergleichbar. Das beweist eine große Wettbewerbsfähigkeit, was so verschiedene Faktoren wie die Preise als auch die Qualität unserer Produkte anbelangt.“ In punkto Qualität hätten die italienischen Erzeugnisse zudem seit dem Jahr 2000 deutlich stärker zugelegt als die deutschen. Einem Plus von 29 Prozent stehe hier ein Plus von 19 Prozent gegenüber. Auch was die technologische Innovation anbelange, stehe die italienische Industrie gut da. Im Bereich der mechanischen Produkte würde Italien einen deutlichen Handelsüberschuss erwirtschaften.

Dennoch müsse sich die italienische Industrie ähnlichen Herausforderungen stellen wie die deutsche: Industrie 4.0 und eine Digitalisierung der Wirtschaft, Ausbildung des Personals, beständige Innovationen, stärkere Einbindung in die globalen Wertschöpfungsketten, Umweltverträglichkeit, Energieersparnis und erneuerbare Energien.

Zudem sei die Krise auch noch nicht ausgestanden. Obwohl sich die Exporte positiv entwickelten, liege das Niveau der Industrieproduktion insgesamt noch 20  Prozent – und in einigen Bereichen sogar 40  Prozent – unter dem des Jahres 2007. In letzter Zeit sei aber auch hier eine Erholung zu beobachten. Darauf deuteten zumindest der Einkaufsmanagerindex PMI Markit und das wirtschaftliche Vertrauensbarometer in Italien hin.

Die Folgen des Austritts Großbritanniens aus der EU hingegen seien noch nicht absehbar. Paolazzi: „Wir wissen noch nicht, wann es zu dem Brexit kommt und wie er durchgeführt wird. Generell ist es so, dass jede Abschottung der Märkte für die Industrie von Nachteil ist. Zudem stellt die Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen eine weitere Bürde dar. Die Volkswirtschaften Europas sind stark miteinander verwoben, was nicht zuletzt eine Folge des gemeinsamen Marktes ist. Es gibt italienische Firmen, die im Vereinigten Königreich investieren und solche, die dorthin exportieren. Und die haben aufgrund der Abwertung des britischen Pfunds bereist Verluste verzeichnet. Andererseits könnte ein Brexit auch positive Folgen haben – etwa wenn Firmen ihre Investitionen im Vereinigten Königreich zurückfahren. Denn stattdessen könnten sie in Italien investieren, um sich den Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu bewahren. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Handelsverbindungen Italiens mit Großbritannien weniger eng sind als die anderer Länder: Die italienischen Exporte in das Vereinigte Königreich entsprechen 1,8 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes. Für Frankreich wären das 2,7 Prozent, für Spanien 3,2 Prozent und für Deutschland 3,7 Prozent.“

Wenn das Vereinigte Königreich die volle Souveränität bei der Personenfreizügigkeit und der Gesetzgebung wiedererlangen wolle, sei es nicht realistisch davon auszugehen, dass es weiter unbeschränkten Zugang zum europäischen Binnenmarkt behalten könne. Denn dies bedeute nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Sollte hier keine Einigung erzielt werden könne es im schlimmsten Fall, so Paolazzi, zu einem harten Brexit kommen.

Eine weitere Belastung für die italienische Industrie seien die Sanktionen gegen Russland, insbesondere in den Sektoren, in denen Russland mit Gegensanktionen reagiert habe. Zudem seien die Sanktionen zu einem Zeitpunkt verhängt worden, zu dem sich das Wachstum der russischen Wirtschaft bereits verlangsamt hatte und Russland aufgrund eines Einbruchs des Ölpreises zu Austeritätsmaßnahmen greifen musste. Nutznießer der Sanktionen seien Konkurrenten Italiens wie China und die Türkei, die sich den Sanktionen nicht angeschlossen und den Italienern Marktanteile abgejagt hätten. Zudem seien die Sanktionen ein Anreiz für die russische Inlandsproduktion gewesen.

***

Luca Paolazzi leitet die Studienabteilung der Confindustria seit Oktober 2007. Zuvor arbeitete er für die Zeitung Il Sole 24-Ore und in der Studienabteilung von FIAT. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu Wirtschaftsfragen und wurde für seine journalistische Leistung mehrfach ausgezeichnet: mit dem premio Q8, dem premio Giuseppe Brizio und dem premio Lingotto.

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