Die SPD stellt sich nach dem krankheitsbedingten Rücktritt von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering neu für den Bundestagswahlkampf auf. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kündigte am Dienstag in Berlin an, neuer SPD-Generalsekretär und damit wichtigster Wahlkampf-Manager solle der Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil werden. Der 44-Jährige war bereits einmal Generalsekretär und mitverantwortlich für das verheerende SPD-Ergebnis bei der Bundestagswahl 2009.
Er folgt der bisherigen Generalsekretärin Katarina Barley, die den Posten von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig einnehmen soll. Schwesig wechselt in die Schweriner Staatskanzlei, wo Sellering wegen einer Krebserkrankung überraschend seinen Platz räumt. Barley sei mit dem Themenfeld des Familienministeriums sehr vertraut, sagte Schulz. Kommende Woche werde sie ihr Parteiamt zur Verfügung stellen. Schwesig wird mit der Übernahme der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern in ihre Heimat zurückkehren, wo sie bereits von 2008 bis 2013 das Sozialministerium geleitet hatte. Barley sei der Abschied von der SPD-Zentrale nicht leichtgefallen, hieß es. Aber der Bereich Familien- und Frauenpolitik sei neben dem Arbeitsministerium das Kernressort der SPD und eines der wichtigsten Felder im Wahlkampf, auf dem die SPD höhere Kompetenzwerte erziele als die Union. Barley stehe für ein modernes Frauenbild und als Mutter von zwei Söhnen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
„Hubertus Heil ist ein erfahrener Wahlkämpfer, der schon einmal als Generalsekretär unserer Partei einen Bundestagswahlkampf organisiert hat“, sagte Schulz. Sein „Freund und Kollege“ könne unmittelbar und ohne jede Vorbereitung in die Organisation des Wahlkampfes einsteigen. „Was wir brauchen in der SPD, ist die Mobilisierung unserer Basis, und da ist Hubertus Heil ein sehr erfahrener Mann“, sagte der Kanzlerkandidat vor dem Hintergrund schlechter Umfragewerte und nach drei Landtagswahlen in diesem Jahr, in denen die SPD teils deutlich unter den parteiinternen Erwartungen abschnitt.
FDP-Chef Christian Lindner sagte, mit Heils Nominierung stelle sich die Frage, ob damit eine Kurskorrektur der SPD verbunden sei. Es stärke das Vertrauen in die Führungskraft von Schulz nicht, „wenn die nächste Schlangenlinie der SPD angedeutet würde“.
Aus der SPD hieß es, die Wahl sei auf Heil gefallen, weil mitten im Bundestagswahlkampf an dieser Stelle jemand mit Erfahrung gebraucht werde. Der 44-Jährige werde den Posten kommissarisch bis zu einem regulären Parteitag voraussichtlich im Dezember innehaben, da eine Wahl auf dem Parteitag am 25. Juni in Dortmund wegen der Fristen für Anträge nicht mehr möglich sei.
Nachdem die SPD kurz nach der Ernennung von Schulz zum Kanzlerkandidaten zu Jahresanfang zur Union in Umfragen fast aufschließen konnte, liegen CSU und CSU derzeit in den Erhebungen häufig über zehn Punkte vor den Sozialdemokraten. Heil war von 2005 bis 2009 bereits einmal Generalsekretär der SPD. In dieser Funktion war er mitverantwortlich für die Wahlkampagne 2009, an deren Ende die SPD mit 23 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl einfuhr.
Sellering begründete seinen Amtsverzicht mit einer schweren Erkrankung: „Bei mir ist vor einigen Tagen völlig überraschend eine Lymphdrüsen-Krebserkrankung festgestellt worden, die umgehend eine massive Therapie erfordert.“ Er werde nicht mehr in der Lage sein, sein Amt als Regierungschef auszufüllen. „Nach fast neun Jahren als Ministerpräsident scheide ich mit großer Dankbarkeit aus diesem Amt, das es mir ermöglicht hat, einen Beitrag für eine gute Zukunft unseres Landes zu leisten.“ Er selber schlug Schwesig als seine Nachfolgerin an der Spitze der Landesregierung und der Landes-SPD vor.
Schulz würdigte Sellering als einen außergewöhnlichen Politiker mit einer sehr großen Nähe zu den Bürgern. Parteiübergreifend äußerten viele Politiker ihr Mitgefühl und wünschten Sellering viel Kraft. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte nach Angaben ihres Sprechers mit dem Schweriner Regierungschef.