Politik

Golfstaaten brechen diplomatische Beziehungen zu Katar ab

Die Golf-Staaten bezichtigen Katar der IS-Unterstützung. Es ist das erste Mal, dass ein Zusammenhang zwischen einem Verbündeten des Westens und dem IS eingestanden wird.
05.06.2017 12:10
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mit dem Vorwurf der "Terrorunterstützung" haben mehrere Golfstaaten die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarland Katar abgebrochen. Saudi-Arabien, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Ägypten warfen Katar am Montag vor, Terroristen zu unterstützen oder zu beherbergen. Katar bezeichnete die Schritte als "ungerechtfertigt". Es handelt sich um die schwerste diplomatische Krise in der Region seit Jahren. Die provisorische Regierung Libyens und die Malediven schlossen sich der Isolierung an. Auch die von den Saudis unterstützte Regierung im Jemen schloss sich am Montag laut Stratfor dem Schritt an:

Die Begründung der Terror-Unterstützung wirkt allerdings wie ein Vorwand, weil Saudi-Arabien seit Jahren alle möglichen islamistischen Söldner finanziert und unterstützt. Die Entwicklung ist trotzdem interessant, weil die mit dem Westen verbündeten Golf-Staaten erstmals öffentlich zugeben, dass Teile von ihnen den Terror unterstützen.

US-Präsident Donald Trump hatte bei seinem Besuch die Golfstaaten aufgefordert, die Unterstützung zu beenden (siehe Video am Anfang des Artikels). Der Iran hat nach dem Terror von London festgehalten, dass der vom Westen unterstützte Terror der falsche Weg sei und sich nun gegen den Westen selbst richte. Saudi-Arabien hatte vor Jahren die britische Regierung damit erpresst, Terroristen nach London zu schicken, wenn eine Korruptionsuntersuchung gegen Prinz Bandar nicht eingestellt würde. Der Ermittlungen wurden eingestellt, der Terror kam trotzdem nach London.

Es ist allerdings schwer zu beurteilen, ob hinter dem ausgebrochenen Streit wirklich ein plötzlicher Kampf gegen den Terror bei den Golf-Staaten steckt. Zunächst wollen die anderen Golf-Staaten Katar isolieren.

Saudi-Arabien habe sämtliche diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen, um seine "nationale Sicherheit vor den Gefahren von Terrorismus und Extremismus zu schützen", zitierte die Nachrichtenagentur SPA einen Regierungsvertreter. Grund seien "grobe Verfehlungen der Behörden in Katar in den vergangenen Jahren". So gewähre das Land terroristischen Gruppen wie der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), Al-Kaida und der Muslimbruderschaft Unterschlupf.

Diese Aussage ist ungewöhnlich, weil bisher immer behauptet worden war, dass der IS faktisch aus dem Nichts entstanden sei. Wenn Katar in einen Zusammenhang mit dem IS gebracht wird, hat das auch Auswirkungen auf die USA: Die US-Airforce hat ihren Stützpunkt im Rahmen von Centcom in Katar.

Wir widersprüchlich die ganze Angelegenheit ist, zeigen die Vorwürfe der Golfstaaten, Katar unterstütze die von Iran unterstützten Terroristen. Der Iran ist allerdings ein erbitterter Gegner des IS und von al-Kaida.

Die Nachrichtenagentur von Bahrain meldete, Manama breche die Beziehungen zu Doha wegen Katars anhaltender Bemühungen ab, "die Sicherheit und Stabilität Bahrains zu erschüttern und sich in innere Angelegenheiten einzumischen". Das ägyptische Außenministerium warf Doha ebenfalls Unterstützung des Terrorismus vor und verkündete, alle Häfen und Flughäfen würden für katarische Schiffe und Flugzeuge gesperrt.

Die emiratische Fluggesellschaft Etihad kündigte die Einstellung sämtlicher Flugverbindungen von und nach Doha ab Dienstag an. Saudi-Arabien wies seine Bürger an, Katar binnen 14 Tagen zu verlassen. Kataris dürfen zudem nicht mehr nach Saudi-Arabien einreisen. Katar wurde zudem aus der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz ausgeschlossen, die seit zwei Jahren im Jemen gegen schiitische Rebellen kämpft.

Katar verurteilte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen als "ungerechtfertigt". Der Schritt basiere auf "falschen und gegenstandslosen Behauptungen", erklärte das Außenministerium in Doha. Ziel sei es offenbar, Katar politisch zu "bevormunden".

In den vergangenen Wochen war der Führung in Doha unter anderem in mehreren US-Medien die Finanzierung von terroristischen Gruppen vorgeworfen geworden. Im vergangenen Monat hatte es zudem Aufregung über Meldungen der amtlichen katarischen Nachrichtenagentur gegeben, die Emir Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani mit brisanten Äußerungen zitiert hatte. Die Regierung in Doha bezeichnete die angeblichen Äußerungen als gefälscht und sprach von einem Hackerangriff auf die Nachrichtenagentur.

US-Außenminister Rex Tillerson rief die Golfstaaten am Montag auf, ihren Streit beizulegen. Er ermuntere die Beteiligten, sich an einen Tisch zu setzen "und die Differenzen anzusprechen", sagte Tillerson in Sydney. Es sei wichtig, dass der Golf-Kooperationsrat "geeint bleibt". Der Organisation gehören neben Katar, Saudi-Arabien, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten auch der Oman und Kuwait an.

Russland reagierte zurückhaltend: Kreml-Sprecher Dimitri Peskow sagte laut TASS, Russland hoffe, dass durch die Entwicklung der Kampf gegen den Terror nicht beeinträchtigt werde. Die Frage, ob Russland Katar unterstützen könnte, wies Peskow als "unangemessen" zurück. Russland hatte erst kürzlich seine Beziehungen zu Saudi-Arabien intensiviert, um den Ölpreis zu stabilisieren. 

Die USA hatten angekündigt, eine Militärallianz der Golfstaaten gegen den Iran zu formieren. Es ist unklar, wie sich die jüngste Eskalation auf diese Pläne auswirken wird.

Es ist denkbar, dass die Aktion eine Symbol-Handlung ist, um der Aufforderung Trumps zum Ende der Terrors nachzukommen. Katar ist zwar reich, kann aber als Staat nicht mit Saudi-Arabien mithalten. Allerdings verfügt Katar über reiche Erdgas-Vorkommen. Diese sollen über Syrien nach Europa geleitet werden - weshalb der Krieg in Syrien auch entlang der geplanten Pipeline verläuft. Wenn die Isolierung Katars wirklich ernst gemeint sein sollte, könnte die Verschiebung der Kräfteverhältnisse auch Auswirkungen auf den Syrien-Krieg haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dominanz auf Rädern: Warum der Lkw das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bleibt
23.04.2025

Während über grüne Logistik und die Renaissance der Schiene debattiert wird, bleibt der Lkw unangefochten das Rückgrat des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitaler Produktpass: Was die EU plant und was das für Firmen bedeutet
23.04.2025

Die Europäische Union will Ressourcen schonen und Emissionen und Abfälle reduzieren. Dafür plant sie den sogenannten digitalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...