Finanzen

Strafzinsen deutscher Banken an die EZB stiegen stark an

Lesezeit: 2 min
04.08.2017 17:23
Die durch die Negativzinsen der EZB verursachten Kosten schnellen für deutsche Banken in die Höhe.
Strafzinsen deutscher Banken an die EZB stiegen stark an

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Strafzins der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Einlagen der Geschäftsbanken kommt die Banken der Euro-Zone immer teurer zu stehen. Das geht aus Berechnungen der Düsseldorfer Beratungsfirma Barkow Consulting hervor, über die Reuters berichtet. Demnach zahlten alleine die deutschen Institute, die überschüssige Liquidität auf Konten der Bundesbank beziehungsweise bei der EZB hielten, seit Jahresbeginn dafür 900 Millionen Euro Zinsen. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr hatten die heimischen Banken rund eine Milliarde an Strafzinsen berappen müssen.

Die EZB hatten den Strafzins auf Bankeinlagen von momentan minus 0,4 Prozent Mitte 2014 eingeführt, um die Banken dazu zu bewegen, Kredite an Firmen und Privatleute auszureichen, statt das Geld bei der Notenbank zu parken. Ihr Ziel hat die EZB bislang nur teilweise erreicht, da die Kreditvergabe nur zögerlich in Schwung kommt: im Juni dieses Jahres parkten alleine die deutschen Institute rund 550 Milliarden Euro bei der EZB, im Mai hatte der Wert sogar noch etwas höher gelegen.

Rechnet man die Werte des ersten Halbjahres auf das gesamte Jahr 2017 hoch und unterstellt einen unveränderten Strafzins der EZB, dann dürften bis zum Jahreswechsel Zinsen von 2,2 Milliarden Euro aufgelaufen sein. Dies entspräche laut Barkow Consulting mehr als acht Prozent des Vorsteuergewinns aller deutschen Banken im Jahr 2015 beziehungsweise neun Prozent der Gewinne der Jahre 2103 bis 2015. Konsolidierte Daten für die Ertragslage der deutschen Banken im vergangenen Jahr, die die Bundesbank berechnet, liegen noch nicht vor. Barkow erwartet jedoch, dass sich das Bild 2016 kaum geändert hat.

Blickt man über die deutsche Grenze hinaus, sehen Lage die Perspektiven für die Banken der Euro-Zone kaum besser aus: Den Berechnungen zufolge hielten alle an der EZB hängenden Institute in den 19 Euro-Ländern im Juni Überschussliquidität in Höhe von 1,6 Billionen Euro bei der Notenbank – ein Rekord. Die dadurch entstehenden Kosten beliefen sich im ersten Halbjahr auf 2,9 Milliarden Euro. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wird der EZB-Strafzins die Banken rund 6,6 Milliarden Euro kosten.

Der Strafzins der Notenbank ist nur eine der Belastungen durch die aktuelle Geldpolitik, der sich die Banken ausgesetzt sehen. Da viele, gerade kleinere Institute, in der Vergangenheit vom Zinsgeschäft gelebt haben, also vom Unterschied zwischen Sparzinsen und Kreditzinsen, leiden sie bei einer niedrigen Zinsmarge wie derzeit besonders. Um die Kosten für den EZB-Strafzins wieder hereinzubekommen, haben inzwischen einige Banken damit begonnen, diese auf ihre Kunden abzuwälzen.

Dass die Banken so viel Geld bei der EZB parken, liegt unter anderem an der Geldpolitik der Notenbank selbst. Da sie den Banken massenhaft Wertpapiere abkauft, um das allgemeine Niveau der Zinsen auch bei einem Leitzins von null Prozent zu drücken, entsteht bei den Instituten überschüssige Liquidität. Dieses Geld treibt die Guthaben der Banken bei der Zentralbank in die Höhe.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...