Finanzen

Saudis verhandeln mit Hedgefonds über Stabilisierung des Ölpreises

Ein Treffen des saudischen Energieministers mit großen Hedgefonds gibt Spekulationen auftrieb, wonach die Ölpreise mithilfe von Manipulationen an den Terminmärkten gestützt werden sollen.
12.08.2017 23:34
Lesezeit: 2 min

Der saudische Energieminister Khalid Al-Falih hat sich Ende Juli erstmals mit den Chefs führender Rohstoff-Hedgefonds in London getroffen, berichtet Bloomberg. Nach Angaben von Oilprice.com soll es sich explizit um die Chefs von BBl Commodities LM, Glencore und Andurand gehandelt haben. Michael Klein, ein ehemaliger Investmentbanker der Citigroup, der als Berater von Saudi Aramco fungiert, wohnte dem Treffen bei. Gesprächsgegenstand des privaten Treffens soll die Stabilisierung des Ölpreises gewesen sein.

Das Treffen zwischen dem Repräsentanten des weltgrößten Ölförderers und den Hedgefonds ist bemerkenswert. Bisher war es dem Erdölkartell OPEC unter Führung von Saudi-Arabien nicht gelungen, mit einer seit Jahresbeginn gültigen Förderkürzung den Ölpreis zu stabilisieren. In der Vergangenheit hatten Al-Falih und weitere saudische Minister Hedgefonds sogar als die wahren Drahtzieher einer Untergrabung der Ölpreis-Stabilisierung bezeichnet. Umso bemerkenswerterweise ist es, dass Al-Falih nun das direkte Gespräch mit den Spekulanten sucht. Das Königreich Saudi-Arabien gehe dazu über, die Rolle von Hedgefonds und Spekulanten auf dem Ölmarkt neu zu bewerten, berichtet Bloomberg.

Al-Falih soll beim Treffen die Hedgefonds-Manager gefragt haben, warum die OPEC nur einen Teilerfolg bei der Erhöhung des Ölpreises erreicht habe, obwohl Förderkürzungen vorgenommen wurden. Er sprach auch an, wie es möglich sein könne, bestimmte für Produzenten negative Preissituationen bei Termingeschäften („Contango“) zu beenden. Beim Contango kaufen Öl-Händler Öl günstig ein, um es mit einem Termingeschäft teurer zu verkaufen. Contango hatte es den US-Frackingfirmen – der größten Konkurrenz der etablierten Ölmächte – erlaubt, ihre Produktion zu sichern und die Gewinne der OPEC-Staaten aus dem Öl-Verkauf zu mindern.

In den vergangenen Monaten gehörte Goldman Sachs zu jenen Investment-Banken, die den Standpunkt vertraten, dass eine Beendigung des Contango den Ölmarkt in eine Backwardation treiben würde. Wenn der Markt sich in Backwardation befindet, werden Termin-Kontrakte mit einem Enddatum in naher Zukunft höher gehandelt als jene, deren Enddatum weiter in der Zukunft liegt. Dies würde die US-Frackingfirmen abschrecken, argumentierte Goldman Sachs.

Die Hedgefonds-Manager sagten dem saudischen Öl-Minister, dass eine Beendigung von Contango zu niedrigeren Preisen über die gesamte Terminkontrakte-Kurve führen würde. Unklar bleibt, ob es zu einer Einigung zwischen den Saudis und den Hedgefonds-Managern gekommen ist.

Beobachtern zufolge sind die Ausschläge beim Ölpreis Folge massiver Spekulationen an den Terminbörsen und in Umlauf gebrachter Gerüchte. Mit Angebot und Nachfrage in der Realwirtschaft hätten die Notierungen kaum noch zu tun. Denkbar ist deshalb, dass Saudi-Arabien eine strategische Kooperation mit den Spekulanten anstrebt, um die Notierungen zu stüzen.

Hedgefonds könnten zudem eine wichtige Rolle beim anstehenden Börsengang der staatlichen saudischen Ölgesellschaft Aramco spielen. Internationale Fondsmanager und institutionelle Investoren gehen weitgehend davon aus, dass Saudi Aramco – nach einer Umfrage der Investmentbank EFG Hermes – auf bis zu 1,5 Billionen Dollar geschätzt werden kann. Doch die Saudis widersprechen dieser Aussage. Sie meinen, dass Aramco zwei Milliarden Dollar wert sei.

Die Skepsis der Investmentfonds bezüglich des tatsächlichen Werts von Aramco könnte dazu führen, dass die Aktien des saudischen Öl-Riesen nach dem Börsengang einen Absturz erleben. Je höher der Firmenwert eingestuft wird, desto höher werden die Erlöse ausfallen, welche die saudische Regierung dann einnehmen kann. Tatsächlich geht aus Untersuchungen unabhängiger Analysten hervor, dass der Firmenwert deutlich unter den vom Vize-Kronprinzen Mohammed bin Salman genannten 2 Billionen Dollar liegen dürfte, berichtet das Wall Street Journal.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...