Politik

Air Berlin-Rettung: Steuerzahler müssen um Millionen-Kredit bangen

Selbst in der Union rechnen Finanzpolitiker nicht damit, dass die insolvente Air Berlin einen 150 Millionen Euro-Kredit jemals wird zurückzahlen können.
19.08.2017 20:07
Lesezeit: 3 min

Das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass der Millionen-Kredit an die Air Berlin wieder an die Steuerzahler zurückgezahlt werden kann, könnte sich als Wahlkampf-Maßnahme erweisen: Die Bundesregierung wollte verhindern, dass tausende Urlauber nur wenige Wochen vor der Bundestagswahl stranden. Über die Werthaltigkeit des Kredits gibt es sogar in Merkels eigener Partei Zweifel daran, ob der von der Bundesregierung verbürgte Überbrückungskredit für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin jemals zurückgezahlt werden kann. "Ich denke eher nicht", sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach am Donnerstag laut Reuters auf die Frage, ob er von einer Rückzahlung ausgehe. Dennoch sei die Unterstützung für das insolvente Unternehmen gerechtfertigt. Er sehe darin vor allem eine Hilfe, um Urlauber, die mit der Airline geflogen sind, zurückzuholen. "Da muss man helfen und tätig werden." Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Mittwoch in einem Interview erklärt, die Steuerzahler müssten "mit großer Wahrscheinlichkeit" nicht für den Kredit geradestehen.

Die staatliche KfW hatte den Kredit gewährt, jedoch darauf bestanden, dass der Kredit mit einer Staatsgarantie besichert wird.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, rechnet dagegen mit der Rückzahlung. Der geplante Verkauf von Air Berlin werde die Mittel freisetzen, um den Kredit über 150 Millionen Euro zu begleichen. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Joachim Pfeiffer, geht davon aus, dass bei der Airline genug Substanz vorhanden ist. Die Staatshilfe für Air Berlin sei dennoch "ein ordnungspolitischer Sündenfall", der nicht in eine Dauersubventionierung münden dürfe.

Das Bundeswirtschaftsministerium lehnte es ab, sich an Spekulationen zu beteiligen, ob die Substanz bei Air Berlin ausreiche, um die zugesagten Mittel zurückzuzahlen.

In jedem Fall könnten der Millionen-Kredit der Lufthansa zugute kommen, die beste Chancen hat, durch die Air Berlin-Pleite wieder in Richtung des nationalen Monopolisten fliegen zu können: Die Bundesregierung hat am Samstag dem Übernahmemodell des Unternehmers Hans-Rudolf Wöhrl für den Kompletterwerb der Airline eine Absage erteilt. "Das Modell Air Berlin als eine eigenständige Airline ist ja gescheitert", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) am Samstag dem InfoRadio des rbb. Dies aber ist das Ziel, das Wöhrl und seine Partner mit ihrer Übernahmeofferte verfolgen. Machnig dagegen führte an, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Fluggesellschaft mehrere Partner brauche, um dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern eine längerfristige Perspektive bieten zu können. Diese Zielsetzung müsse Vorrang haben. Gesucht würden nun geeignete Partner dafür.

Den Vorwurf von Wöhrl und Ryanair-Chef Michael O'Leary, die Insolvenz könnte ein abgekartetes Spiel von Politik und Unternehmen sein, um das Gros von Air Berlin möglichst billig dem deutschen Marktführer Lufthansa zuzuschanzen, wies Machnig als "nun wirklich abwegig" zurück. Die Bundesregierung sei erst am späten Freitagabend über die Probleme informiert worden und auch die anderen Akteure, etwa bei Air Berlin selbst, seien nach seinem Eindruck überrascht worden, dass der bisherige Partner Etihad der deutschen Airline den Geldhahn zugedreht habe. Wenn Ryanair-Chef O'Leary interessiert sei, etwas zur Lösung beizutragen, könne er sich melden. "Ich bin gerne zu Gesprächen bereit", bot Machnig an.

Nach ersten Gesprächen zwischen Lufthansa und Air Berlin machte Machnig deutlich, es solle ein Weg gefunden werden, eine sichere Perspektive insbesondere auch für die Beschäftigten zu schaffen. Eine Vereinbarung müsse am Ende auch die Zustimmung der Mitarbeiter finden. "Ich sage noch mal: Es wird keinen Zuschlag allein an Lufthansa geben." Das sei schon kartellrechtlich und wettbewerbsrechtlich nicht möglich. Die Bundesregierung selbst sei zwar nicht Teil der Verhandlungen, habe ihre Erwartungen aber den Verhandelnden klargemacht. "Ich glaube auch, das ist verstanden worden", sagte Machnig.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, hat sich gegen eine politisch motivierte Bevorzugung der Lufthansa bei der Verwertung von Flugrechten und Vermögensbestandteilen der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin ausgesprochen. Es sei zwar zu begrüßen, wenn die Lufthansa ihren Marktanteil in der internationalen Luftfahrt ausbaue, sagte Wambach der Welt am Sonntag, "es überzeugt aber nicht, wenn dies dadurch erfolgen sollte, dass auf Wettbewerb auf deutschen Flugstrecken verzichtet würde."

Damit widersprach Wambach dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der eine starke nationale Fluggesellschaft favorisiert. "Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr", hatte Dobrindt gefordert. Deshalb sei es dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen könne. Dabei dürfe die Verhinderung regionaler Monopole keine entscheidende Rolle spielen. Die Bundesregierung dürfte, um die Monopolkommission zufriedenzustellen, wichtige Slots an den britischen Billigflieger Easyjet vergeben.

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