Finanzen

Bundesbank: Anleihe-Kaufprogramm der EZB zeigt kaum Wirkung

Analysten der Bundesbank zufolge habe das Anleihe-Kaufprogramm der EZB bislang kaum dazu beigetragen, dass Kreditvergabe und Inflation stimuliert werden.
25.08.2017 18:00
Lesezeit: 1 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) kann sich laut einer Studie von Bundesbank-Experten nur eine durchwachsene Erfolgsbilanz ihrer billionenschweren Anleihenkäufe auf die Fahnen schreiben. Zwar wirkten sich die Käufe positiv auf die Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone und auch in Deutschland aus, schreiben die Bundesbank-Ökonomen Markus Roth sowie Vivien Lewis in ihrer am Freitag veröffentlichten Untersuchung. Die Verbraucherpreise würden aber nicht deutlich reagieren, berichtet Reuters. Es gebe zudem Anzeichen dafür, dass durch die Käufe die Gefahren für die Finanzstabilität zunehmen.

Die EZB und die nationalen Notenbanken im Euro-Raum erwerben seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere. Mit dem vor allem in Deutschland umstrittenen Programm soll nach offiziellen Angaben die Kreditvergabe angekurbelt und der Konjunktur gestützt werden. Letztlich will die EZB dadurch die nach ihrem Geschmack viel zu niedrige Inflation nach oben treiben. Die Bundesbank stand den Staatsanleihenkäufen von Anfang an kritisch gegenüber.

Die Staatsanleihenkäufe der EZB werden inzwischen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft. „Es bestehen Zweifel, ob der PSPP-Beschluss (Public Sector Purchase Programme) mit dem Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung vereinbar ist“, hieß es zur Begründung. Anleihenkäufe zur Finanzierung von Staatshaushalten wären nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank (EZB) gedeckt, so die deutschen Richter. Gleichzeitig beantragte das Bundesverfassungsgericht ein beschleunigtes Verfahren, weil „die Rechtssache eine rasche Erledigung erfordert“, heißt es in einer Begründung.

Der Hauptzweck des Anleihe-Kaufprogramms dürfte ohnehin darin liegen, die Finanzierungsbedingungen der überschuldeten Eurostaaten an den globalen Kapitalmärkten zu senken. Indem die EZB als potentieller Käufer der Schuldscheine der mit praktisch unbegrenzter Liquidität in Erscheinung tritt, werden die Renditeforderungen der Geldgeber an den Märkten gedrückt.

„Unsere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirkung der EZB-Wertpapierankaufprogramme auf die Finanzmärkte weniger günstig ausfällt als der realwirtschaftliche Effekt“, schreiben die Ökonomen. Die Käufe würden die Wirtschaftsleistung im Euro-Raum und auch in Deutschland zwar erhöhen. Die Verbraucherpreise würden allerdings nicht deutlich steigen. Zudem schreiben die Experten: „In Deutschland reagieren die Kreditzinsen auf die ergriffenen Maßnahmen nicht mit einem Rückgang, und die Bankkreditvergabe an die Unternehmen nimmt nicht zu.“ Die Autoren kommen zudem zu dem Schluss, dass die Institute tendenziell Kreditrisiken weniger beachten.

Die Bewertung der EZB-Wertpapierkäufe fällt bei Volkswirten höchst unterschiedlich aus. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio hatte am Dienstag einige positive Folgen hervorgehoben. So tragen die Käufe aus seiner Sicht dazu bei, die Arbeitslosigkeit zu verringern. Einkommensunterschiede würden so zumindest auf kurze Sicht verringert.

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