Finanzen

Kredit-Zyklus geht zu Ende: Saxo Bank rät zu Cash als Sicherheit

Lesezeit: 3 min
12.09.2017 17:23
Der Chef-Anlagestratege der dänische Saxo Bank erwartet zum Jahresende spürbare Einbrüche an den Finanzmärkten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Chef-Anlagestratege der dänischen Großbank Saxo Bank, Steen Jakobsen, rechnet zum Ende des laufenden Jahres mit Einbrüchen an den Finanzmärkten und mit einer deutlichen Abkühlung des globalen Wirtschaftswachstums. Jakobsen gibt in einer Marktanalyse der Saxo Bank mehrere Gründe für diese negative Einschätzung an.

Einer der Hauptgründe für eine mögliche Rezession in der Weltwirtschaft sei der starke Rückgang des Kreditimpulses, schreibt Jakobsen. Dieser beschreibt die Änderungsraten bei der Kreditvergabe weltweit. Nachdem der Kreditimpuls Ende des vergangenen Jahres einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, sackte er in den vergangenen Monaten stark ab. Jakobsen argumentiert, dass in einer auf Zinseszins basierenden Finanzwirtschaft mit steigenden Gesamtschulden ein deutlicher Abschwung des Kreditimpulses stets als Indikator für einen realwirtschaftlichen Abschwung fungierte, welcher im Allgemeinen mit einer Verzögerung von neun bis zwölf Monaten eintritt. Da der Impuls Ende 2016 kulminierte, erscheint eine Rezession ab Oktober wahrscheinlich.

„Wir gehen davon aus, dass die Marktteilnehmer die Daten immer zu spät bekommen und damit der Entwicklung hinterherhinken. In unserem Fall bedeutet das, dass die Abkühlung jetzt gerade stattfindet in einer Phase, in der die geopolitischen Risiken steigen, in der Trump wenig zustande bringt und in der die Schuldenberge weiter wachsen, weil die Inflation für eine ‚Inflationierung‘ der Schuldenlast zu schwach ist“, schreibt Jakobsen.

Hinzu komme, dass die US-amerikanische Zentralbank Federal Reserve nicht nur ihre Leitzinsen schrittweise anhebt, sondern auch ihre stark ausgeweitete Bilanz im Umfang von derzeit über 4 Billionen Dollar abbauen will. Beide Faktoren hatten in den vergangenen Jahren zu finanziellen Erleichterungen für Unternehmen, Banken und Privatpersonen beigetragen, die nun auslaufen. Jakobsen weist außerdem darauf hin, dass auch das Anleihekaufprogramm der EZB zum Jahresende auslaufen wird. Wie abhängig die Finanzmärkte bereits von der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken sind, zeigte sich, als Spekulationen um die Strategie der EZB-Führung bereits mehrfach zu Abverkäufen an den Anleihe- und Aktienmärkten geführt hatten.

Jakobsen zufolge befindet sich die Weltwirtschaft an der Schwelle zu einer Phase, die noch deflationärer sein wird als die ohnehin schon mageren Preissteigerungen der vergangenen Jahre. Ursächlich dafür seinen insbesondere drei Faktoren – die demografischen Lücken in den westlichen Industriestaaten, Japan und China, die Digitalisierung und die hohen Schuldenstände, die Schuldner weltweit zu Einsparungen veranlassten, um die Zinsen bezahlen zu können.

Verschärft werde die kommende Deflationsphase noch durch den zu erwartenden neuerlichen Verfall der Erdölpreise. Jakobsen rechnet damit, dass die Öl- und Gaspreise in den kommenden 10 Jahren um rund die Hälfte einbrechen werden. Schuld daran sei der Trend zu Elektroautos – der insbesondere von China forciert wird – und die dadurch abnehmende Nachfrage nach Verbrennungsstoffen.

Die USA stehen aus Sicht des Saxo Bank-CIO vor einer herben Korrektur ihres Lebensstandards, weil andere Länder künftig nicht mehr ohne Weiteres bereit seien, das massive Leistungsbilanzdefizit des Landes zu finanzieren.

„Die USA erwirtschaften ein wachsendes Bilanzdefizit. Sie geben mehr Geld aus, als sie einnehmen. Trump will das ändern…nun gut, dann soll er das machen. Aber das bedeutet, dass der Lebensstandard der Amerikaner sinkt. Präziser gesagt geht die Fähigkeit, Geld auszugeben, zurück, weil ein Defizit besagt, dass man über seine Verhältnisse lebt. Bei Überschüssen handelt es sich um das Gegenteil.“

Ihr Investitionsportfolio glich die Saxo Bank kürzlich an die geänderten Erwartungen einer unmittelbar bevorstehenden Krise an. Der Anteil von Investitionen in Aktien wurde von 25 Prozent auf 10 Prozent gesenkt, ebenso der Anteil von Wertpapieren und Anleihen von 50 Prozent auf aktuell 25 Prozent. Rohstoffe blieben unverändert bei 25 Prozent, wohingegen die Bargeld-Bestände und Bankeinlagen von 0 Prozent auf 40 Prozent erhöht wurden.

Die massive Erhöhung der Barbestände kommentiert Jakobsen mit folgenden Worten: „Der Anteil an Cash ist natürlich zu hoch, aber wir wollen noch bis Jahresende abwarten, wie sich die Folgen des zurückgehenden Kreditimpulses darstellen. Es war bislang ein gutes Jahr. Als J.P. Morgan einst gefragt wurde, wie er reich geworden sei, sagte er: ‚Ich habe meinen Gewinn zu früh eingelöst.‘“

Die Bedenken der Saxo-Bank werden mittlerweile auch von der Aufsicht geteilt: Die Europäische Finanzmarktaufsicht (ESMA) hat Investoren am Dienstag laut Reuters mit ungewöhnlich scharfen Worten vor Risiken an den Finanzmärkten gewarnt. Die Preise für viele Investments seien angesichts geopolitischer Unsicherheiten "auf höchstem Niveau", teilte die Behörde mit. Zu den größten Risiken gehörten die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit und die politischen Entwicklungen in den USA.

Der Milliardär und Hedgefonds-Gründer Julian Robertson sagte dem Sender CNBC, an den Börsen gebe es inzwischen eine gefährliche Blase. Viele Aktien seien angesichts der niedrigen Zinsen historisch hochbewertet. An der Wall Street hatte der S&P-500-Index erst kürzlich ein neues Allzeithoch erklommen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ist seit November 2011 von knapp 13.000 Punkten auf inzwischen über 22.000 Zähler gestiegen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Biden setzt Zeichen: Todesurteile werden zu lebenslangen Haftstrafen umgewandelt
25.12.2024

Der scheidende US-Präsident Joe Biden positioniert sich klar gegen die Todesstrafe auf Bundesebene. Sein Nachfolger Donald Trump vertritt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN-Interview: Hat Deutschlands Bergbau eine Zukunft?
25.12.2024

Deutschlands Bergbau steckt in einer kritischen Phase: Das Land verfügt über wertvolle Rohstoffe und ist in Bergbautechnologien führend....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Klimaneutralität Deutschland: Wie der Ländervergleich die Fortschritte zeigt
25.12.2024

Deutschland muss seine Bemühungen zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens intensivieren. Laut einer Bertelsmann-Studie...

DWN
Politik
Politik Auf einmal haben alle Ideen! Wahlkampfversprechen: Was die Parteien zu Steuern, Rente, Klima planen
25.12.2024

Die Wahlkampfprogramme der deutschen Parteien werden erst am kommenden Dienstag offiziell vorgestellt. Die Grundthemen und Positionierungen...

DWN
Politik
Politik CO2-Preis steigt - was das beim Tanken und Heizen bedeutet
25.12.2024

Das neue Jahr könnte mit höheren Preisen an der Tankstelle beginnen. Das liegt an einem steigenden CO2-Preis. Ab 2027 könnte sich dieser...

DWN
Technologie
Technologie KI-Wettlauf: Wie Europa den Anschluss an die Welt verliert
25.12.2024

Europas Wettbewerbsfähigkeit steht vor einer existenziellen Herausforderung. Während künstliche Intelligenz (KI) eine technologische und...

DWN
Panorama
Panorama Aus nach 170 Jahren: Schokohersteller Cadbury ist kein Hoflieferant mehr
25.12.2024

Das nennt man wohl: aus der königlichen Gunst gefallen. Die Chocolatiers von Cadbury müssen zu Weihnachten einen schweren Schlag...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft CO₂-Entnahme: Revolution oder Greenwashing? Der Weg zu einer emissionsneutralen Zukunft
25.12.2024

Die Europäische Union hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, und es gibt deutliche Anzeichen...