Politik

Gerhard Schröder zum Chef des Aufsichtsrats von Rosneft gewählt

Lesezeit: 2 min
29.09.2017 19:51
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder wird auf Vorschlag der russischen Regierung Aufsichtsratschef bei Rosneft.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Altbundeskanzler Gerhard Schröder (73) zieht trotz andauernder Kritik in die Führung des größten russischen Ölkonzerns Rosneft ein. Der 73-Jährige wurde am Freitag in St. Petersburg auf Vorschlag der russischen Regierung erst in den Aufsichtsrat gewählt und übernahm dann dessen Leitung.

Vor Journalisten trat der ehemalige SPD-Politiker für eine Lockerung der Russland-Sanktionen ein. Rosneft ist selbst von den Strafen der EU betroffen, verhängt im Herbst 2014 wegen des verdeckten russischen Militäreinsatzes in der Ostukraine. Das Ausscheren aus der EU-Politik hat dem Ex-Kanzler Kritik eingetragen.

Die Agentur Tass zitierte Schröder mit den Worten, wenn es Fortschritte in der Ostukraine gebe, müsse man über Erleichterungen reden. Verschärfungen der Sanktionen im Energiesektor lägen nicht an der EU, sondern an den USA.

Schröder gilt seit Regierungszeiten als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin und arbeitet seit seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt 2005 für den Gaskonzern Gazprom. Bei der Aktionärsversammlung lobte Rosneft-Chef Igor Setschin ihn als angesehenen europäischen Politiker. Schröder solle helfen, das Europa-Geschäft des Konzerns auszubauen.

Weiterer Deutscher im Aufsichtsrat ist Matthias Warnig, ein früherer Offizier der DDR-Staatssicherheit, der wie Schröder für Gazproms Ostseepipeline-Projekte Nord Stream arbeitet. Deutschland sei an dem Ausbau der Leitungen interessiert, sagte Schröder. Polen, die baltischen Staaten und das Gastransitland Ukraine kritisieren, dass zu der ersten Doppelröhre noch eine zweite gebaut werden soll. Auch die EU hat Bedenken, weil die Abhängigkeit von russischem Gas wachse.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen griff Schröder wegen seines Engagements für Rosneft an. "Dass er sich dafür hergibt, ist zutiefst kritikwürdig", sagte Röttgen im ZDF-"Morgenmagazin". Rosneft sei ein "zentraler Baustein im Machtsystem" Putins.

Ein Beamter hätte sich die Illoyalität gegenüber der EU nicht leisten dürfen, sagte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann. Bei Bundeskanzlern gebe es eine Gesetzeslücke. Er forderte eine Gesetzesänderung, um die staatliche Versorgung abzuerkennen zu können. Trotz seiner Tätigkeiten in der Wirtschaft erhält der Altkanzler in diesem Jahr 561.000 Euro aus der Staatskasse für ein Büro in Berlin.

Der kommende Rosneft-Job hatte dem Altkanzler und seiner Partei schon im Bundestagswahlkampf Kritik eingetragen. Auch der SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz setzte sich von Schröder ab, konnte den Altkanzler aber nicht umstimmen. Am Freitag demonstrierten mehrere Aktivisten vor dem Brandenburger Tor gegen Schröders Tätigkeit in Russland.

Es sei viel diskutiert worden, ob er den Posten annehmen solle oder nicht, sagte Schröder in St. Petersburg. Aber er trete die Aufgabe gerne an und werde seine politische und wirtschaftliche Erfahrung für das Wohl der Firma einsetzen.

Der staatlich kontrollierte Konzern Rosneft ist für Deutschland ein Großlieferant von Erdöl und hält Anteile an drei Raffinerien.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen CO2-Preis erreicht Rekord: Emissionshandel bringt 18,5 Milliarden Euro
07.01.2025

CO2-Preis sorgt 2024 für Rekordeinnahmen: 18,5 Milliarden Euro fließen in den Klimafonds. Experten fordern Reformen, um Verbraucher und...

DWN
Technologie
Technologie Nvidia Aktie steigt weiter: GeForce RTX 5090 und KI-Schreibtischcomputer Project Digits
07.01.2025

Nvidia Aktie auf Erfolgskurs: Auf der weltweit wichtigsten Technologiemesse, der CES in Las Vegas, stellt Nvidia Bahnbrechendes vor -...

DWN
Technologie
Technologie Facebook: Meta beendet Zusammenarbeit mit Faktenprüfern - als Weiße Flagge für Trump?
07.01.2025

Faktenchecker adé: Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Außerdem...

DWN
Politik
Politik Wahlkampfgetöse: Habeck hält CSU „Maulheldentum“ vor
07.01.2025

Nach dem Wahlkampfauftakt in Lübeck legt Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck mit Kritik an Mitbewerbern nach. Im Blick hat er...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Verkehrswachstum ausgebremst: Deutsche stehen 43 Stunden im Stau!
07.01.2025

Marode Infrastruktur: Ein durchschnittlicher Pendler in Deutschland hat im vergangenen Jahr 43 Stunden im Stau gestanden. Spitzenreiter ist...

DWN
Politik
Politik Elektroautos Deutschland: Warum die Zulassungszahlen 2024 eingebrochen sind
07.01.2025

Der Boom von Elektroautos Deutschland hat 2024 einen herben Dämpfer erlitten. Mit einem Rückgang der Zulassungen um über 25 Prozent und...

DWN
Politik
Politik Donald Trump und Grönland: Sohn Don Jr. auf politisch brisanter Reise
07.01.2025

Donald Trump erneuert seinen Anspruch auf Grönland und schickt Sohn Don Jr. auf eine politisch aufgeladene Reise. Die Insel bleibt wegen...

DWN
Politik
Politik Krank zur Arbeit? Streit um Krankenstand und den sogenannten Präsentismus
07.01.2025

Gehen Beschäftigte in Deutschland oft krank zur Arbeit oder macht der eine oder andere einfach mal blau? Der Allianz-Chef stößt mit...