Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sieht trotz des Wahlsiegs der konservativen ÖVP in Österreich deren Ausrichtung und Wahlkampfführung nicht als uneingeschränktes Vorbild für die Christdemokraten in Deutschland, berichtet AFP. Der Wahlausgang in Wien spreche nicht dafür, „dass man die Probleme schon gelöst hat, wenn man es so macht wie in Österreich“, sagte Merkel nach den Beratungen der CDU-Gremien am Montag in Berlin.
Die Kanzlerin verwies auf das starke Abschneiden der FPÖ in Österreich und darauf, dass es CDU und CSU in Deutschland besser gelungen sei, die Sozialdemokraten auf Abstand zu halten als der ÖVP in Österreich. Sie verschwieg, dass die CDU unter ihrer Führung das schlechteste Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik 1949 eingefahren hat.
Merkel lobte aber die „Erneuerung“ der ÖVP, die Spitzenkandidat und Wahlsieger Sebastian Kurz betrieben habe. Ausdrücklich hob Merkel seine „sehr unkonventionelle“ Aufstellung der Wahllisten hervor, auf denen auch Parteifremde zum Zuge kamen. „Ich fühle mich gerade durch Kurz in Österreich bestätigt, dass wir neue Wege gehen müssen, um neue Menschen zu erreichen“, sagte Merkel.
Sorgen um tiefgreifende Konflikte mit Kurz über die Flüchtlingspolitik mache sie sich nicht, sagte die Kanzlerin weiter. Da sei „manches auch mehr rhetorischer Qualität“. Der ÖVP-Politiker präsentierte sich in der Flüchtlingskrise als Hardliner, kritisierte die deutsche Willkommenskultur und setzte in Österreich eine Obergrenze für Flüchtlinge und die Schließung der Balkanroute durch. Für die EU könnte ein österreichischer Bundeskanzler Sebastian Kurz ein schwieriger Partner werden.
Das Wahlergebnis in Österreich zeigt nach Ansicht der CSU hingegen, dass Wahlen noch rechts der Mitte gewonnen werden können. „Das ist ein Auftrag, auch gerade für die beiden Unionsparteien in Deutschland, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abzubilden“, sagte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, am Montag in München. Dieses Spektrum sei mehrheitsfähig.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wertete die konservative Machtverschiebung in Österreich als Signal für die zukünftige Politik in Europa. „Wir brauchen einen Kanzler Sebastian Kurz als Verbündeten Bayerns und Deutschlands“, um statt „mehr Europa, mehr Träumereien“ handwerklich gute Politik für die Menschen zu machen, zitiert ihn die dpa.