Politik

Paris wird Sitz der Europäischen Bankenaufsicht

Paris schlägt Frankfurt und wird neuer Sitz der EBA. Bei der Arzneimittelaufsicht unterliegt Bonn Amsterdam.
20.11.2017 22:31
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Frankfurt zieht bei der Vergabe des künftigen Sitzes der EU-Bankenaufsicht EBA den Kürzeren. Die in London ansässige Behörde, die wegen des Brexit umziehen muss, gehe nach Paris, teilten die EU-Länder in Brüssel am Montagabend nach einer Abstimmung mit. Frankfurt habe es zwar zusammen mit Paris und Dublin in die zweite Runde der geheimen Wahl geschafft, sei dann aber mit nur wenigen Punkten ausgeschieden, sagten mehrere mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Insgesamt beworben hatten sich acht Städte.

Paris dürfte neben der hohen Lebensqualität auch von der Vergangenheit von Präsident Emmanuel Macron profitiert haben: Macron arbeitete in London für die Investmentbank Rothschild und ist in der Bankenwelt exzellent vernetzt.

Frankfurt dürfte allerdings auch deswegen nicht zum Zug gekommen sein, weil hier bereits die EZB ihren Sitz hat und es eigentlich nicht erklärbar gewesen wäre, Frankreich leer ausgehen zu lassen.

Die rund 160 Mitarbeiter der EU-Behörde verfassen und koordinieren die Regeln für alle Geldhäuser in der Staatengemeinschaft. Wegen des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU muss das Haus jedoch in eines der anderen Mitgliedsländer ziehen. Aus dem gleichen Grund wird die Arzneimittelaufsicht (EMA) nach Amsterdam verlegt. Auch hier kam Deutschland mit der Bewerbung von Bonn nicht zum Zuge.

Die Niederlage wird Frankfurt nach Aussagen des Bankenverbands nicht von seinem Kurs abbringen. "Durch den Brexit wird die Stadt als Finanzplatz noch weiter an Bedeutung gewinnen, ganz unabhängig von der heutigen Entscheidung", sagte Präsident Hans-Walter Peters. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier bedauerte die Niederlage. "Die Bundesregierung hat mit Frankfurt eine sehr gute Bewerbung abgegeben, die wir gern und nach Kräften unterstützt haben."

Der Umzug der EBA ist für die Städte auch deshalb so attraktiv, weil sich ihm voraussichtlich zuletzt noch unentschlossene Großbanken mit tausenden Mitarbeitern anschließen dürften. Frankfurt warb seit Monaten intensiv um diese sogenannten "Brexit-Flüchtlinge" aus der Finanzbranche. Auch die bisherige schwarz-rote Bundesregierung machte sich für Frankfurt als neuen EBA-Standort stark.

"Unabhängig vom neuen Standort der europäischen Bankenaufsicht muss Europa weiterhin für die Stabilität und die Leistungsfähigkeit des europäischen Bankenmarktes sorgen. Bankenregulierung muss jetzt besser nach Größe und Risikogehalt des Geschäftsmodells abgestuft werden“, so Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Aufgrund der Nähe zur Europäischen Zentralbank, der Versicherungsbehörde EIOPA und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken wäre Frankfurt nach Ansicht des DSGV ein hervorragender Standort für die EBA gewesen.

Im Rennen um den Zuschlag für den neuen Sitz der EU-Arzneimittelaufsicht (EMA) setzt sich Amsterdam durch. Das teilte die estnische EU-Ratspräsidentschaft am Montag mit. Amsterdam schlug die großen Konkurrenten Mailand und Kopenhagen. Früh ausgeschieden war Bonn. Dessen Bewerbung wurden aber von vornherein nur Außenseiterchancen eingeräumt. Insgesamt buhlten 19 Städte um die Behörde.

Die EMA mit etwa 900 Angestellten ist für die Genehmigung neuer Medikamente in der EU zuständig und muss wegen des geplanten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU verlegt werden. Auch die Bankenbehörde EBA sucht deshalb einen neuen Sitz.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...