Finanzen

Haft für Kinder von Drogerie-Gründer Schlecker

Das Landgericht Stuttgart hat die beiden Kinder des Drogerieketten-Gründers Anton Schlecker zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
27.11.2017 13:23
Lesezeit: 2 min

Der ehemalige Drogerieunternehmer Anton Schlecker kommt um eine Gefängnisstrafe herum. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den 73-Jährigen am Montag wegen vorsätzlichen Bankrotts zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 54.000 Euro. Schleckers Kinder Lars (46) und Meike (44) schickte das Gericht um den Vorsitzenden Richter Roderich Martis dagegen ins Gefängnis. Lars Schlecker erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, seine Schwester Meike von zwei Jahren und acht Monaten. Ihnen gehörte die Logistikfirma LDG, die für die Drogeriekette den Transport der Waren vom Zentrallager in die zeitweise 8000 Filialen abwickelte. Das Gericht legte ihnen unter anderem Insolvenzverschleppung, Untreue und Beihilfe zum Bankrott zur Last.

Viele Zuschauer im Landgericht, darunter einige der ehemals 23.000 Mitarbeiter Schleckers, nahmen die Bewährungsstrafe für Anton Schlecker enttäuscht zur Kenntnis. Auf die Haftstrafen für die Kinder reagierten sie dagegen mit Beifall. Anton Schlecker darf die Geldstrafe - 360 Tagessätze zu je 150 Euro - in Raten von 4500 Euro im Monat zahlen.

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft für Anton Schlecker gefordert, mehr als für seine Kinder. Sie sah es als erwiesen an, dass er als Eigner der gleichnamigen Drogeriekette in den Monaten vor der Pleite Vermögen in Millionenhöhe zugunsten seiner Familie beiseite geschafft hatte - Geld, das den Gläubigern am Ende fehlte. In dem Prozess ging es im Kern darum, wann Schlecker die drohende Pleite kommen sah. Von diesem Zeitpunkt an hätte er dem Unternehmen kein Geld mehr entziehen dürfen. „Er wusste, dass die Firma am Ende war - und hoffte dennoch weiter“, sagte Richter Martis. Die einst größte deutsche Drogeriekette hatte im Januar 2012 nach jahrelangen Verlusten Insolvenz angemeldet.

Anton Schleckers Verteidiger Norbert Scharf hatte in seinem Plädoyer von einem „minderschweren, ungewöhnlichen Fall“ des Bankrotts gesprochen. Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz plädierte kurz vor dem Ende des acht Monate dauernden Prozesses für ein mildes Urteil: „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich einige Transaktionen als kritisch ansehe“, sagte er dem Handelsblatt. „Aber eine Inhaftierung hielte ich für sehr hart.“

Geiwitz hatte sich mit den Schleckers auf eine Rückzahlung von 10,1 Millionen Euro geeinigt. Denn der Insolvenzverwalter kann Zahlungen zurückfordern, die Gesellschafter vor der Pleite aus dem Unternehmen entnommen haben. So musste Schleckers Frau Christa für die Familienvilla im schwäbischen Ehingen, die ihr Mann ihr 2010 geschenkt hatte, 2,5 Millionen an Geiwitz zahlen. Der Prozess gegen Christa Schlecker war eingestellt worden.

Lars und Meike Schlecker waren angeklagt, weil die LDG für die Transporte nach Meinung des Gerichts zu viel Geld von Schlecker kassierte. Damit habe die Familie der Kette Millionen entzogen, die den Gläubigern fehlten. Für strafbar hielt die Staatsanwaltschaft auch zwei Immobiliengeschäfte kurz vor der Pleite. Anton Schlecker hatte drei Tage vor dem Gang zum Insolvenzrichter in Ulm Immobilien einer Österreich-Tochter und der Drogeriekette „Ihr Platz“ in Osnabrück für sieben Millionen Euro zu Gunsten seiner Kinder verkauft. Das Geld ließen sich Lars und Meike noch am gleichen Tag als Gewinnausschüttung auf ihre Konten überweisen.

Anfang November zahlte die Familie weitere vier Millionen Euro als „Wiedergutmachung“, um das Gericht milde zu stimmen. Anton Schlecker selbst gilt allerdings als mittellos. Er musste sich zwei Millionen von seiner Frau leihen. Denn er hatte den Milliardenkonzern als „eingetragener Kaufmann“ geführt - für ein Unternehmen dieser Größe einzigartig. Damit hatte er zwar allein das Sagen im Schlecker-Reich, haftete aber mit seinem gesamten Vermögen für die Firma. Das allein hielten seine Verteidiger für ein Indiz, dass er nichts absichtlich beiseite schaffen wollte. Durch die rechtzeitige Umwandlung der Firma in eine GmbH hätte er sein Privatvermögen aus der Pleite heraushalten können.

Schlecker hatte vor Gericht betont, er habe bis zuletzt an das Überleben der Firma geglaubt. Dabei schrieb diese schon seit 2004 Verluste, nur in einem Jahr standen danach noch schwarze Zahlen zu Buche. Anfang 2011 hatte Schlecker gerade noch sieben Millionen Euro liquide Mittel - und keine Chance mehr auf neue Kredite, erklärte Richter Martis. Ein Sanierungsplan, den die Beratungsfirma Wieselhuber & Partner aufgesetzt hatte, floppte, weil das Geld fehlte. Scharf hatte argumentiert, Schlecker habe die tiefe Krise aufgrund seiner langjährigen Erfolge und seiner Persönlichkeit nicht wahrhaben wollen. „Das schlägt einen vielleicht in dem Moment mit Blindheit.“

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