Politik

Verfassungsschutz warnt vor Frauen und Kindern aus dem IS-Umfeld

Lesezeit: 2 min
03.12.2017 12:23
Der Präsident des Verfassungsschutzes hat eine ungewöhnliche Warnung ausgesprochen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Christiane Jacke von der dpa hat mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen über ein «globales Cyber-Kalifat», die Bedrohung für Deutschland und eine noch wenig beachtete Gruppe von gefährlichen Rückkehrern gesprochen. Worauf Maaßen seine Erkenntnisse bezieht ist unklar.

Welche Auswirkungen haben die drastischen Gebietverluste des IS in Syrien und im Irak?

Hans-Georg Maaßen: Der IS ist nicht identisch ist mit dem geografischen Kalifat, das er in Syrien und im Irak ausgerufen hat. Der IS ist mittlerweile in einer ganzen Reihe von Staaten vertreten - in Libyen, Mali, Nigeria, Afghanistan - und versucht, auch in Pakistan und auf den Philippinen Fuß zu fassen. Der IS ist durchaus stark in diesen Regionen. Der geografische Untergang des IS in Syrien und im Irak führt nicht zum Verschwinden der Terrormiliz. Es gibt ein globales Cyber-Kalifat.

Hat sich die Anschlagsgefahr in Deutschland und Europa durch die Entwicklung in den IS-Gebieten verändert, weil der IS wegen der Rückschläge dort mehr auf Anschläge im Westen setzt?

Hans-Georg Maaßen: Der IS hat sich relativ früh auf den räumlichen Untergang in Syrien und im Irak eingestellt und seine gesamte Propaganda im vergangenen Jahr über den Cyberraum an seine globalen Anhänger gerichtet - mit dem Tenor: «Ihr müsst nicht unbedingt nach Syrien und in den Irak kommen, um zu kämpfen. Ihr könnt den Dschihad auch bei euch führen.» Viele, die auf gepackten Koffern saßen und in den Dschihad reisen wollten, sind deshalb in ihrer Heimat geblieben. Uns bereitet es Sorgen, dass diese Gruppe radikalisierter Personen möglicherweise in europäischen Städten Terrorakte begeht.

Bislang ist die große Rückkehrer-Welle aus den IS-Gebieten ausgeblieben. Rechnen Sie nun damit?

Hans-Georg Maaßen: Bisher konnten wir noch keine solche Welle feststellen. Beobachten lassen sich aber Rückreisen von Frauen, Jugendlichen und Kindern. Aufgrund der Kriegsereignisse vor Ort könnten Kämpfer zunehmend bestrebt sein, ihre Familienangehörigen in Sicherheit zu bringen und sie deshalb in den Westen zurückzuschicken. Wenn es sich um Deutsche handelt, haben sie einen Rechtsanspruch auf Einreise in die Bundesrepublik. Es gibt Kinder, die in den «Schulen» im IS-Gebiet einer Gehirnwäsche unterzogen wurden und in starkem Maße radikalisiert sind. Für uns ist das ein Problem, weil diese Kinder und Jugendlichen mitunter gefährlich sein können.

Gilt das auch für die Frauen?

Hans-Georg Maaßen: Ja, in Teilen halten wir auch die Frauen für gefährlich. Frauen, die in den vergangenen Jahren in IS-Gebieten gelebt haben, sind oftmals derart radikalisiert und identifizieren sich so mit der IS-Ideologie, dass man sie mit Fug und Recht auch als Dschihadistinnen bezeichnen kann. Das bedeutet nicht immer, dass sie auch bereit wären, Terroranschläge durchzuführen. Aber wir müssen auch diese Frauen im Blick behalten.

Wieviele der islamistischen Gefährder sind weiblich?

Hans-Georg Maaßen: Es sind Frauen darunter. Die genaue Zahl kann ich nicht nennen. Bei den Ausreisen Richtung Syrien und Irak liegt der Frauenanteil bei rund 20 Prozent. Dabei sind die Frauen deutlich jünger als die Männer, die ausgereist sind.

Was ist mit den Männern? Kommen sie nun in größerer Zahl zurück?

Hans-Georg Maaßen: Was die Kämpfer angeht, sehen wir derzeit noch keine stärkere Rückkehrbewegung. Wir gehen davon aus, dass diejenigen aus dem Westen, die jetzt noch beim IS kämpfen, bis zum Schluss dabei sein wollen - und erst danach eine Absetzbewegung nach Europa in Gang kommt. Möglicherweise setzen sich dann auch nicht nur die westlichen Kämpfer, sondern auch andere Dschihadisten nach Europa ab.

Hans-Georg Maaßen (55) ist seit 2012 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Vor seinem Wechsel an die Spitze des Inlandsgeheimdienstes arbeitete er viele Jahre in verschiedenen Abteilungen des Bundesinnenministeriums.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...