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Der Steuerskandal um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte hat einem Medienbericht zufolge weit größere Ausmaße als bislang bekannt. Staatsanwälte und Steuerfahnder gingen mittlerweile in 417 Fällen gegen Banken, Anwälte und Finanzunternehmen vor, berichteten NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Im Herbst war demnach noch von rund 260 Fällen die Rede gewesen. Die Grünen beklagten am Donnerstag fehlende politische Konsequenzen aus dem Steuerskandal.
In den nun untersuchten Fällen geht es dem Bericht zufolge um einen mutmaßlichen Betrug am Staat in Höhe von 5,3 Milliarden Euro. Ein vom Bundestag eingesetzter Untersuchungsausschuss sei im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis gekommen, dass der Schaden bei unter einer Milliarde Euro liege.
Diese Zahl korrigierte das Bundesfinanzministerium nun deutlich nach oben. Geldinstitute und deren Partner hätten nach Ansicht der Ermittler den Fiskus jahrelang und systematisch getäuscht, um hohe Gewinne auf Kosten der Steuerkassen zu machen. Die meisten Ermittlungen laufen bei der Staatsanwaltschaft in Köln – diese wollte sich mit Blick auf die laufenden Verfahren jedoch nicht äußern.
Bei Cum-Ex-Geschäften kaufen und verkaufen Banken unmittelbar um einen Dividendenstichtag herum in Leerverkäufen Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch und lassen sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer von den Finanzämtern mehrmals erstatten. Das Steuerschlupfloch wurde für inländische Banken 2007 geschlossen, für ausländische erst 2012.
Von den 5,3 Milliarden Euro, die nun dem Bericht zufolge als Betrugsschaden im Raum stehen, haben die Finanzämter dem Bericht zufolge bislang 2,4 Milliarden Euro erfolgreich zurückgefordert, beziehungsweise bei frühzeitigem Verdacht die geforderten Summen gar nicht erst erstattet. Juristisch geht es nun nach Einschätzung der Ermittler um Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen, darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.
Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick erklärte angesichts der bekannt gewordenen Zahlen, nun zeige sich, dass der Skandal viel größer sei als von der großen Koalition im Untersuchungsausschuss behauptet. Würden die „unbekannten Fälle aus früheren Jahren“ hinzugenommen, liege das Volumen wie von den Grünen geschätzt bei „mindestens“ zehn Milliarden Euro. „Was fehlt, sind nach wie vor die politischen Konsequenzen“, kritisierte Schick. Dazu komme aus dem Bundesfinanzministerium „nichts“.
Das hessische Finanzministerium erklärte, das Bundesland verfolge Steuerkriminalität durch Cum-Ex-Geschäfte „konsequent“ und sei Vorreiter bei der Aufklärung in diesem Bereich. Die hessische Finanzverwaltung habe bislang in 32 Steuerfällen ermittelt, der Schaden werde auf 1,3 Milliarden Euro beziffert, erklärte das Landesministerium. Davon konnten demnach bereits 770 Millionen Euro wieder für das Gemeinwesen verbucht und über hundert Millionen Euro an Steuerrückständen bei Banken getilgt werden.
Aus Ermittlerkreisen heißt es, der Skandal werde sich voraussichtlich noch ausweiten. Bekannt ist bislang, dass gegen Banken aus dem In- und Ausland ermittelt wird.