Politik

Ukraine treibt Zusammenarbeit mit der Nato voran

Die Nato hat ihre Präsenz in der Ukraine in den vergangenen Monaten systematisch ausgebaut.
16.03.2018 23:34
Lesezeit: 4 min

Die Ukraine sieht sich auf einem guten Weg in Richtung Nato-Mitgliedschaft. Die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform meldet, die Nato habe die Ukraine, "gemeinsam mit Georgien, Bosnien und Herzegowina und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, als potentiellen Beitrittkandidaten anerkannt".

Dies erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine für europäische Integration Iwanna Klympusch-Zynzadse nach ihrem Treffen mit mit der stellvertretenden Generalsekretärin der Nato Rose Gottemoeller, berichtet ein Korrespondent von Ukrinform aus Brüssel.

„Endlich behauptet die offizielle Webseite der Nato, dass derzeit vier Länder, die Ukraine einschließlich, ihr Interesse an einer Nato-Mitgliedschaft bekundet haben“, sagte Klympusch-Zynzadse. Sie betonte dabei, der Ukraine steht ein langer Weg zur Mitgliedschaft bevor. „Wir werden ihn erfolgreich bewältigen, wenn wir das Land zielstrebig ändern werden, gemäß den demokratischen, sozialen, politischen und natürliche militärischen Grundlagen und Ansätzen der Nato.“

Ein Nato-Sprecher sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, dass es keine neue offizielle Position der Nato gäbe. Nato Generalsekretär Jens Stoltenberg wird am 19. März den ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin treffen.

Tatsächlich bauen beide Seiten die Partnerschaft seit längerem kontinuierlich aus, wenngleich die öffentlichen Aussagen zu dem Thema zurückhaltend sind. In der EU gibt es noch vereinzelt Stimmen, die einen Nato-Beitritt der Ukraine für nicht spruchreif halten. Vor allem vor dem Hintergrund der desaströsen Finanzlage der Ukraine soll offenbar der Eindruck vermieden werden, dass die Ukraine die EU-Milliarden zur Aufrüstung verwendet. Erst vor wenigen Tagen hatte die EU beschlossen, eine weitere Milliarde an Kiew zu überweisen. Die Amerikaner haben wiederum beschlossen, auch schwere Waffen an die Ukraine zu verkaufen.

Die Zusammenarbeit zwischen der Nato und der Ukraine hat nach dem Ende des Kalten Krieges begonnen. Im Jahr 1991 trat die Ukraine dem Nordatlantischen Kooperationsrat und im Jahr 1994 der „Partnerschaft für den Frieden” bei. Das teilt die Nato in einer Mitteilung mit.

Die Beziehungen wurden im Jahr 1997 durch die Unterzeichnung der Charta für eine besondere Partnerschaft gestärkt. Es wurde die Nato-Ukraine-Kommission (NUC) gegründet.

Die Deklaration zur Ergänzung der Charta im Jahr 2009 beauftragte die NUC, Reformen zur Umsetzung euro-atlantischer Standards voranzutreiben.

Als Reaktion auf den Russland-Ukraine-Konflikt hat die Nato ihre Unterstützung für die Entwicklung der militärischen Fähigkeiten und den Aufbau von Kapazitäten in der Ukraine verstärkt, so die Nato.

Aus einem Fact Sheet der Nato geht hervor, dass die Ukraine über den “Command, Control, Communications and Computers (C4) Trust Fund” im Bereich der Kommunkation den Nato-Standards angepasst werden soll. Die Führungsnationen dieses Programms sind Deutschland, Großbritannien und Kanada.

Über den „Logistics and Standardization Trust Fund” sollen die logistischen Fähigkeiten des ukrainischen Militärs erweitert werden. Die Führungsnationen dieses Programms sind Polen, Tschechien und die Niederlande.

Rumänien unterstützt das Land als Führungsnation im Rahmen des „Cyber Defence Funds”, die im Bereich der Cyber-Abwehr angesiedelt ist.

Der „Military Career Management Trust Fund” hat die Aufgabe, das ukrainische Verteidigungsministerium dabei zu unterstützen, ehemalige ukrainische Soldaten in die Eingliederung in das zivile Leben zu unterstützen. Norwegen fungiert als Führungsnation.

Bulgarien agiert als Führungsnation beim „Medical Rehabilitation Trust Fund”, der dazu dient, die militärisch-medizinisch Kapazitäten der Ukraine zu erweitern.

Weitere Nato-Programme zur Unterstützung der Ukraine sind „The Planning and Review Process (PARP)”, das „Nato Science for Peace and Security Programme”, „Defence Education Enhancement Programme (DEEP)”, das „Nato ’s Building Integrity (BI) Programme”, das „Public Diplomacy, Strategic Communications Programme” und das „Professional Development Programme (PDP)”. Hinzu kommt, dass dem ukrainischen Ministerium ein Nato-Team beratend zur Seite steht. Dieses Team nennt sich „Civil Emergency Planning (CEP) Advisory Support Team”.

Das Programm „The Partnership Interoperability Initiative (PII)” spielt eine wichtige Rolle bei den Beziehungen zwischen der Nato und der Ukraine. Bei dem Programm geht es um die Interoperabilität, also um die Zusammenarbeit, von verschiedenen Waffen-Systemen der Nato und der Ukraine.

Die Nato führt in einer Mitteilung aus: „Die Interoperabilitäts-Politik der Nato definiert den Begriff als die Fähigkeit der Bündnispartner, kohärent, effektiv und effizient zusammenzuarbeiten, um taktische, operative und strategische Ziele zu erreichen. Insbesondere ermöglicht es, Truppen, Einheiten und / oder Systeme zusammenarbeiten zu lassen, um es ihnen zu ermöglichen, gemeinsame Doktrinen und Verfahren, die Infrastruktur und die Grundlagen des jeweils anderen zu teilen und in der Lage zu sein, miteinander kommunizieren. Interoperabilität verringert einen doppelten Aufwand,, ermöglicht die Bündelung von Ressourcen und führt zu Synergien zwischen den 29 Verbündeten und nach Möglichkeit mit Partnerländern.”

Ausbilder und Berater in der Ukraine

Nach Angaben von Defense One sind im Westen der Ukraine 300 US-Soldaten als Ausbilder tätig. „Alle 55 Tage haben wir ein neues Bataillon und wir trainieren sie”, zitiert das Blatt US-Captain Kayla Christopher. Sie ist im Trainingszentrum Yavoriv stationiert.

Am Ende der 55 Trainings-Tage finden Feldübungen statt. In den vergangenen zwei Jahren sollen partnerschaftliche Militärs sieben Bataillone trainiert haben, so Christopher.

US-amerikanische und Nato-Truppen haben seit 2014 dazu beigetragen, die ukrainische Armee von mehr als 100.000 auf 250.000 Soldaten zu vergrößern.

Die Aufgabe der Ausbilder ist es, eine Ausbildungsstruktur aufzubauen, damit sich die ukrainischen Soldaten ab einem gewissen Zeitpunkt selbstständig trainieren können, so Defense One.

Im vergangenen November fand in Kiew ein Treffen zwischen dem Chef des ukrainischen nationalen Sicherheitsrats (NSDC), Oleksandr Turchynov, und einer Delegation aus Nato-Beratern statt. Die Pressestelle des NSDC meldet in einer Mitteilung, dass über die Zusammenarbeit im Verteidigungs- und Sicherheitssektor gesprochen wurde. Während des Treffens betonten beide Seiten die Wichtigkeit der Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Nato in den Bereichen der Militärtechnik und der Cybersicherheit, berichtet die Kyiv Post.

Die Nato-Delegation umfasste den ehemaligen Befehlshaber des Zentralkommandos der US-Streitkrägte (CENTCOM), John Abizaid, Generalmajor Jonas Andriskevicius (ehemaliger Kommandeur der Landstreitkräfte des Vereinigten Königreichs), General a.D. Nick Parker (Exekutivdirektor für Außenbeziehungen an der kanadischen Verteidigungsakademie des Ministeriums für Nationale Verteidigung, Jill Sinclair (Joint German-Netherlands Corps), Generalleutnant a.D. Volker Halbauer (Kommandant des Multinational Corps Northeast) und dem polnischen Generaloberst Boguslaw Samol.

70 Nato-Berater in Ukraine aktiv

Der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak erklärte Ende Dezember 2017, dass das ukrainische Verteidigungsministerium aktuell 66 militärische Berater aus den Nato-Mitgliedsstaaten beschäftige. „Insgesamt 66 ausländische Berater aus 14 Nato-Mitgliedstaaten arbeiten für die ukrainischen Streitkräfte und das Verteidigungsministerium. Sechs von ihnen sind Top-Berater", zitiert die Tass Poltorak.

Nach Angaben von Poltorak wurden im Jahr 2017 zehn Bataillone, 25 Staffeln und mehr als 1.400 Ausbilder gemäß Nato-Standards ausgebildet. Auch die Zahl der taktischen Übungen der Brigaden und des Bataillone sei 2017 gestiegen.

„Insgesamt wurden 112 Kommando- und Stabsübungen nach Nato-Standards durchgeführt - außerdem 32 taktische Brigadeübungen und zwölf taktische Flugtrainings-Einheiten”, so der Verteidigungsminister.

Während der Militärübungen seien 668 militärische Nato-Standards umgesetzt worden. 40 Prozent der Generalstabs-Strukturen der ukrainischen Armee seien in Übereinstimmung mit der typischen Struktur der Nato-Kommandoeinheiten gebracht worden. Weiterhin wurden eine Reservisten-Armee von 140.000 Personen gegründet. Die ukrainische Armee soll 1.400 Rüstungsgegenstände erhalten haben, während 19 neue Waffensysteme und Hardware eingeführt worden sein sollen.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen XRP-Inhaber strömen zu ALL4 Mining, um mit dem Bitcoin-Mining zu beginnen und verdienen 9.777 US-Dollar pro Tag

Nach zwei Bärenmärkten und einem langwierigen Kampf mit der US-Börsenaufsicht SEC hat XRP endlich seinen Rekord von 2018...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Führungswechsel bei Novo Nordisk: Hoffnungsträger unter Druck
30.07.2025

Novo Nordisk stellt die Spitze neu auf – mit Mike Doustdar übernimmt ein Mann mit Konzernkenntnis, aber vor allem mit enormer...

DWN
Technologie
Technologie Solaranlage auf dem Dach: Warum viele Betreiber kein Geld sehen
30.07.2025

Strom erzeugen und dafür kassieren – das ist die Idee hinter privaten Solaranlagen. Doch wer heute in Deutschland einspeist, muss...

DWN
Politik
Politik Waren die EU-Zusagen von Ursula von der Leyen an Trump leere Versprechen?
30.07.2025

Die EU hat den USA unter Trump Investitionen und Energieimporte in Billionenhöhe versprochen. Doch in Brüssel wächst der Zweifel: Die...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn, Solarstrom, KI: Was sich im August ändert
30.07.2025

Der August bringt spürbare Veränderungen – auf der Schiene, beim Strompreis, im Umgang mit KI. Für Millionen Menschen heißt das: neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Regenwetter drückt Umsätze – wie Gastronomen jetzt reagieren sollten
30.07.2025

Der Sommer 2025 hat vielen Gastronomen einen Strich durch die Rechnung gemacht: Statt voller Biergärten und spontaner Hotelbuchungen gab...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Adidas-Aktie: Keine Preiserhöhung wegen Zöllen außerhalb der USA
30.07.2025

Trotz wachsender Unsicherheit durch US-Zölle liefert Adidas starke Halbjahreszahlen – und verzichtet bewusst auf Preiserhöhungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Verlockung Bitcoin-Kurs: Doch das Misstrauen wächst mit dem Hype
30.07.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsstrategie machen, institutionelle Anleger kaufen in Milliardenhöhe, und der Bitcoin-Kurs...

DWN
Technologie
Technologie GenAI: Wie Unternehmen generative KI sicher einführen können
30.07.2025

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) verspricht höhere Effizienz und geringere Kosten – doch eine unbedachte Einführung kann...