Investoren ziehen sich seit mehreren Wochen aus dem Markt für Anleihen mit schwacher Bonität und entsprechend hohen Renditen zurück. Wie Bloomberg berichtet, hat sich die Entwicklung nun beschleunigt. So hatten die Gebühren für Ausfallversicherungen riskanter US-amerikanischer Anleihen (High Yield) am Dienstag den höchsten Stand seit Ende 2016 erreicht.
Die Kosten, um einen Korb verschiedener High Yield-Anleihen gegen Zahlungsausfälle zu versichern, stiegen am Montag um 12,7 Basispunkte auf einen Wert von 373 Basispunkte, wie aus Daten von CMA hervorgeht.
Zudem ziehen Investoren Gelder aus börsengehandelten Fonds zurück, welche sich auf riskante Anleihen spezialisiert haben. Der größte Fonds im High Yield-Bereich verwaltet derzeit nur noch etwa so viel Geld wie zuletzt im November 2016. Seit Jahresbeginn haben Anleger zudem etwa 6 Milliarden Dollar aus den beiden größten Junk Bond-Fonds abgezogen, berichtet Bloomberg.
Den größten Aufschlag bei den Ausfallversicherungen gab es bei Papieren von US-Unternehmen aus dem Rohstoffsektor, nachdem die Weltmarktpreise für Rohöl nach dem Wochenende deutlich nachgegeben hatten. Die Kosten stiegen jedoch in allen Sektoren deutlich an – einzige Ausnahme waren riskante Anleihen von Stromanbietern.
Auch die Versicherungskosten für riskante Anleihen europäischer Unternehmen steigen an. Der Markit iTraxx Europe Crossover-Index stieg am Dienstag um 5 Basispunkte auf insgesamt 288 Punkte und damit so hoch wie seit 11 Monaten nicht mehr.
Wie Bloomberg berichtet, sanken die Kurse von Anleihen mit schwacher Bonität bereits in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres so stark wie zuletzt während der Finanzkrise vor 10 Jahren.
Der Rückzug aus den High Yield-Anleihen findet vor dem Hintergrund der Normalisierung der Geldpolitik der US-Zentralbank Federal Reserve statt. Diese Normalisierung führt dazu, dass das gesamte Zinsniveau zu steigen beginnt und Schuldner folgerichtig mit steigenden Zinskosten konfrontiert werden.
Gerade Unternehmen mit einer schwachen Kreditwürdigkeit hatten in den vergangenen Jahren enorm viel neue Schulden über den Verkauf von Anleihen aufgenommen. Möglich ist es deshalb, dass Investoren mit Blick auf die angekündigte Fortführung der geldpolitischen Normalisierung mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen rechnen und damit beginnen, sich in Sicherheit zu bringen.
Einige Beobachter verweisen seit Längerem darauf, dass insbesondere die mittelgroßen und kleineren Unternehmen in den USA hoch verschuldet und operativ schlecht aufgestellt sind. Ihre Insolvenz hatten sie in den vergangenen Jahren durch die Aufnahme neuer Schulden zu niedrigsten Zinssätzen abwenden können. Dies ändert sich jedoch, wenn das Zinsniveau steigt.
Der Ökonom Daniel Stelter schreibt dazu: „Die Existenz der Zombies ist nur denkbar, wenn die Zinsen immer weiter sinken. Die weiter zunehmende Verschuldung ist nur tragbar, wenn die effektive Zinslast, die mit diesen Schuldenbergen einhergeht, stabil gehalten wird. Dies geht nur, wenn das Zinsniveau weiter sinkt. Schon ein stabiles Zinsniveau wird über Zeit zum Problem. Steigende Zinsen hingegen bringen Zombie-Banken und Zombie-Unternehmen gleichermaßen unter Druck. Die Illusion der Solvenz zerplatzt. Das gilt natürlich nicht nur für Unternehmenszombies. Es gilt auch für die Staaten der Welt, die trotz deutlich gestiegener Verschuldung in den letzten Jahren nicht mehr für den Zinsendienst aufwenden. So zahlen die USA im letzten Jahr für ihre fast 20 Billionen US-Dollar-Schulden denselben Zinsbetrag wie für die rund 9,5 Billionen im Jahre 2008. So lässt es sich auf Pump leben!“