Politik

Iran-Sanktionen: Milliarden-Verluste für deutschen Mittelstand

Der deutsche Mittelstand ist von den US-Sanktionen gegen den Iran direkt betroffen.
21.05.2018 19:23
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

US-Sanktionen gegen europäische Firmen, die mit dem Iran Geschäfte machen,  treffen auch den deutschen Mittelstand. Vor allem Maschinen- und Anlagenbauer, Auto-Zulieferer sowie Elektro-Unternehmen werden Geschäftsanteile verlieren, wenn sie aus Furcht vor amerikanischen Vergeltungsmaßnahmen ihre Iran-Geschäfte ruhen lassen. Darüber hinaus könnten ihnen zukünftige lukrative Aufträge entgehen.

Die iranische Wirtschaft entwickelt sich derzeit anderes als prognostiziert. Das letztjährige Wachstum von 3,4 Prozent war enttäuschend, die iranische Regierung hatte eine Steigerung von acht Prozent anvisiert. Die Arbeitslosenquote ist nach wie vor hoch und liegt tatsächlich noch um einiges höher als es die offizielle Quote von 12,1 Prozent glauben machen will. Die private Nachfrage wird also auch in absehbarer Zukunft verhältnismäßig bescheiden sein und als Wachstumsmotor ausfallen.

Umso höher ist der Bedarf an Investitionen. Für den Zeitraum von 2017 bis 2022 visiert die iranische Regierung Direkt-Investitionen ausländischer Firmen in Höhe von 50 Milliarden Dollar an. Einen besonders großen Bedarf hat dabei die Automobil-Industrie. Mit über einer Million produzierten Fahrzeugen im Jahr ist sie die größte ihrer Art im Nahen und Mittleren Osten. Allerdings sind Entwicklung und Produktion vollkommen veraltet, die Produktionsauslastung liegt bei lediglich 60 Prozent. Die beiden größten Fahrzeugbauer des Landes, die staatseigenen Iran Khodro und SAIPA, haben bereits Kooperationsverträge mit Renault und Peugeot abgeschlossen, um sich grundlegend zu modernisieren. Deutschen Zulieferern winken lukrative Aufträge.

Das gilt auch für Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Elektrotechnik. Die Öl- und Gasindustrie ist der mit Abstand bedeutendste Wirtschaftszweig des Irans. Teheran plant eine Steigerung der Förderkapazität von derzeit vier Millionen Barrel pro Tag (bpd) auf 4,7 Millionen im Jahr 2021 und will seine Anlagen dementsprechend modernisieren. Darüber hinaus sollen 14 Milliarden Dollar in die Modernisierung der neun bereits vorhanden Öl-Raffinerien gesteckt sowie zwölf neue Raffinerien gebaut werden. Modernisiert werden müssen auch viele Industriebetriebe, die daher einen großen Bedarf nach Werkzeugmaschinen besitzen. Nachdem dieser in den letzten Jahren zumeist von chinesischen Anbietern gedeckt wurde, haben viele iranische Unternehmen begonnen, in teurere – aber qualitativ hochwertigere – Maschinen aus westlicher Produktion zu investieren.

Vertreter der deutschen Wirtschaft haben die Bundesregierung und die EU dazu aufgefordert, die Aufrechterhaltung der Iran-Geschäfte zu gewährleisten. Unter anderem sagte der Außenwirtschafts-Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, „Bundesregierung und EU sind gefragt, das europäische Iran-Geschäft zu schützen und verlorenes Vertrauen wieder herzustellen“. Die Bundesregierung hat gesagt, dass dies nicht in ihrer Macht stünde.

Exporte über Drittländer abzuwickeln und die US-Sanktionen damit zu umgehen, seien für mittelständische Unternehmen „zu teuer und zu umständlich“, so ein Sprecher der Deutsch-Iranischen Handelskammer (Teheran) im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Im Jahr 2017 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von fast drei Milliarden Euro in den Iran. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 50 Prozent innerhalb der letzten vier Jahre.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Politik
Politik Neue US-Zölle: Was die deutsche Wirtschaft fürchten muss
02.04.2025

Die geplanten Zölle von US-Präsident Trump sorgen für Unruhe in Europa. Niemand weiß genau, welche Branchen betroffen sein werden –...

DWN
Politik
Politik Ukraine erhält massive Militärhilfe aus Schweden und den Niederlanden – Russland weitet Einberufungen aus
02.04.2025

Die Ukraine erhält verstärkte militärische und finanzielle Unterstützung von Schweden und den Niederlanden, während Russland...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...