Politik

Umsatz schrumpft: Deutsche Cabrios verlieren ihren Kult-Status

Das Cabrio ist auch ohne die US-Zölle etwas aus der Mode gekommen.
25.06.2018 16:25
Lesezeit: 3 min

Paul Lienert und Edward Taylor von Reuters analysieren die Lage bei einem früheren Asset der deutschen Autobauer:

Vor seiner Präsidentschaft war Donald Trump stolzer Besitzer diverser deutscher Luxuskarossen. Doch mittlerweile lässt er keine Gelegenheit aus, um auf die deutschen Autobauer zu schimpfen und droht im Handelsstreit mit der EU mit saftigen Zöllen auf Autoimporte aus Europa. Das könnte vor allem den Absatz teurer Cabriolets in den USA abwürgen. "Sollten die Zölle tatsächlich in Kraft treten, würde dies das Geschäft für viele Nischenmodelle, die wir derzeit in den USA verkaufen, infrage stellen", sagt ein führender Manager eines Autobauers der Nachrichtenagentur Reuters. "Vor allem Cabrios bereiten uns derzeit Kopfschmerzen. Der Brexit und die US-Tarife könnten diesen Markt weiter schrumpfen lassen."

Die USA, Großbritannien und Deutschland sind Cabrio-Nationen und die aussichtsreichsten Wachstumsmärkte für die Spaßkarossen. In Asien kommt das offene Fahren wegen Hitze und Smog dagegen nicht gut an. Der US-Handelsstreit und mögliche Zölle im Zuge des EU-Austritts Großbritanniens könnten daher das gesamte Geschäftsmodell zerstören, wenn es um hochpreisige Modelle geht. Dazu zählen etwa der 88.200 Dollar teure Mercedes SL Roadster oder das S5 Cabriolet von Audi. Die Rechnung ist einfach: Wenn wegen der hohen Preise die Nachfrage sinkt, lohnen sich die Entwicklungs- und Ingenieurkosten einfach nicht mehr für immer kleinere Stückzahlen.

Die Hersteller haben nur eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken: Sie müssen die Herstellungskosten senken, durch Kooperationen oder der Entwicklung preisgünstigerer und massentauglicher Cabrio-Modelle, sagt der Manager. Für Ron Harbour, Berater bei Oliver Wyman, ist eine höhere Flexibilität in der Produktion der Autobauer allerdings erforderlich, um zu bestehen. "Diejenigen, die das nicht haben, werden leiden."

Der Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) hat sich in den vergangenen Tagen verschärft. Trump drohte am Freitag erneut via Twitter, dass die USA auf europäische Autos einen 20-prozentigen Einfuhrzoll erheben werden, sollte die EU ihre Handelsbarrieren nicht abbauen. Die Europäer hatten zuvor Zusatzzölle auf US-Produkte wie Jeans, Erdnussbutter, Whiskey oder Motorräder verhängt und damit ihrerseits auf die von den USA erhöhten Zölle auf Stahl- und Aluminium reagiert.

"Wir gehen davon aus, dass der Cabrio-Absatz durch höhere Importzölle stark beeinträchtigt wird", sagt auch Jeff Schuster vom Marktforschungsinstitut LMC Automotive. Nach LMC-Daten geht der Cabrio-Absatz in den USA ohnehin seit längerem zurück: Von 177.000 verkauften Fahrzeugen im Jahr 2012 auf 127.000 im vergangenen Jahr. Unabhängig von den Einfuhrzöllen erwarten die Experten bis 2019 einen weiteren Rückgang auf 113.000 Stück.

Mercedes wird in diesem Jahr nach Schätzungen von LMC rund 20.000 Cabriolets in den USA verkaufen, BMW weniger als 16.000. Zusammen mit Audi gehören die beiden Konzerne zu den weltweit führenden Cabrio-Herstellern. Sie betreiben Montagewerke im Südosten der USA. Dort gehen aber vor allem Volumenmodelle wie SUVs und Mini-SUVs vom Band wie auch einige Limousinen. Cabrios werden vor allem in Europa produziert - der Mercedes SL Roadster etwa in Bremen, das Audi S5-Cabrio in Neckarsulm.

Dass BMW oder Mercedes die Produktion ihrer Cabrios oder anderer Nischenmodelle von Übersee in die Vereinigten Staaten verlagern könnten um die Zölle zu umgehen, gilt als unwahrscheinlich. "Niemand in diesem Geschäft kann leicht eine Auto-Linie nehmen und sie woanders hin verschieben", sagt ein US-amerikanischer Produktionsberater, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Sie müssten Ihre Logistikinfrastruktur und ihre Zulieferbasis komplett erneuern."

Die deutschen Autobauer stehen zusätzlich unter Druck wegen des Handelsstreits der USA mit China, erklärt Autoexpertin Kristin Dziczek von Center for Automotive Research. Die Handelsbarrieren könnten die Konzerne hart treffen, da sie in den USA produzierte Fahrzeuge auch nach Asien exportieren. Hinzukommen höhere Rohstoffpreise als Folge der von Trump verhängten Importzölle auf Stahl und Aluminium.

Ein BMW-Sprecher erklärte, die Entwicklungen würden genau beobachtet und strategische Optionen geprüft. Allerdings spreche die kontinuierliche Erweiterung der Modellpalette im US-Werk in Spartanburg in Süd-Carolina "für die Fähigkeiten und die Flexibilität der Anlage". In einer Stellungnahme von Daimler hieß es: "Wir glauben an die Vorteile von Freihandel und Wettbewerb."

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Wenn Märkte überhitzen: Droht der Small-Cap-Rally das Aus?
13.07.2025

US-Anleger stürzen sich auf kleine Firmen – ein alarmierendes Zeichen. Warum Euphorie an der Börse oft das Ende markiert und was das...

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...