Wegen des Streits um die Migrationsfrage hat Italien beim EU-Gipfel am Donnerstag Beschlüsse in anderen Bereichen verhindert. Da ein Mitgliedsstaat vorerst nicht zustimme, könnten "zum jetzigen Zeitpunkt keine Schlussfolgerungen vereinbart" werden, teilte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk am Abend in Brüssel mit. Aus italienischen Regierungskreisen hieß es, das Land werde kein grünes Licht zu Gipfelbeschlüssen jeglicher Art geben, solange es "keine Vereinbarung zu allem" einschließlich der Migration gebe.
Der zweitägige EU-Gipfel hatte am Nachmittag mit Beratungen zur europäischen Verteidigung, der Handelspolitik und den EU-Finanzen begonnen.
Dazu sollten am Abend ursprünglich bereits Schlussfolgerungen veröffentlicht werden, was nun aber durch Italien blockiert wurde.
Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conte hatte schon zum Gipfelauftakt mit einer Blockade der Beschlüsse zu Migration gedroht. Italien als Hauptankunftsland für Flüchtlinge im Mittelmeer bekomme zwar "viele Solidaritätsbekundungen" von den EU-Partnern. Rom erwarte nun aber, "dass auf die Worte Taten folgen".
Conte hat diese Woche einen Zehn-Punkte-Plan zur Migration vorgelegt.
Hauptforderung ist, die bisherigen EU-Regeln zu Asyl "zu überwinden". Dabei geht es insbesondere um die Vorgabe, nach der normalerweise das Erstankunftsland für Asylbewerber zuständig ist. Die Regierung in Rom hatte deshalb in den vergangenen Wochen bereits Schiffen von Hilfsorganisationen mit vor Libyen geretteten Flüchtlingen die Einfahrt in italienische Häfen verweigert.
Eine ursprünglich für 19.00 Uhr geplante Pressekonferenz von EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker wurde wegen der Blockade abgesagt. Sie werde erst am Freitag nach dem Ende Gipfels zur Reform der Eurozone stattfinden, teilte Tusks Sprecher mit.
Auch von Österreich kam keine Unterstützung in der deutschen Asyl-Krise: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat für den Fall eines deutschen Alleingangs bei der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Wenn Deutschland hier Maßnahmen setzt, dann werden wir selbstverständlich die gleichen Maßnahmen an unseren Grenzen setzen, um Schaden von der Republik Österreich abzuwenden", sagte Kurz am Donnerstagabend in Brüssel. "Das werden notgedrungenerweise Handlungen an der Grenze zu Deutschland sein."
Damit reagierte Kurz auf die Drohung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), jene Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dies verhindern und stattdessen "europäische Lösungen" ausarbeiten, um den Weiterzug registrierter Flüchtlinge von einem EU-Land in ein anderes zu verhindern.
Kurz äußerte Zweifel am Sinn der von Seehofer angedrohten Maßnahme: Das Problem bestehe derzeit dahin, dass Flüchtlinge innerhalb Europas "weitergewunken" würden, ohne überhaupt registriert zu sein, sagte er.
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