Politik

Italien blockiert EU-Erklärung bei Gipfel

Italien stellt sich auf dem EU-Gipfel gegen die Abschluss-Erklärung.
28.06.2018 21:01
Lesezeit: 2 min

Wegen des Streits um die Migrationsfrage hat Italien beim EU-Gipfel am Donnerstag Beschlüsse in anderen Bereichen verhindert. Da ein Mitgliedsstaat vorerst nicht zustimme, könnten "zum jetzigen Zeitpunkt keine Schlussfolgerungen vereinbart" werden, teilte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk am Abend in Brüssel mit. Aus italienischen Regierungskreisen hieß es, das Land werde kein grünes Licht zu Gipfelbeschlüssen jeglicher Art geben, solange es "keine Vereinbarung zu allem" einschließlich der Migration gebe.

Der zweitägige EU-Gipfel hatte am Nachmittag mit Beratungen zur europäischen Verteidigung, der Handelspolitik und den EU-Finanzen begonnen.

Dazu sollten am Abend ursprünglich bereits Schlussfolgerungen veröffentlicht werden, was nun aber durch Italien blockiert wurde.

Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conte hatte schon zum Gipfelauftakt mit einer Blockade der Beschlüsse zu Migration gedroht. Italien als Hauptankunftsland für Flüchtlinge im Mittelmeer bekomme zwar "viele Solidaritätsbekundungen" von den EU-Partnern. Rom erwarte nun aber, "dass auf die Worte Taten folgen".

Conte hat diese Woche einen Zehn-Punkte-Plan zur Migration vorgelegt.

Hauptforderung ist, die bisherigen EU-Regeln zu Asyl "zu überwinden". Dabei geht es insbesondere um die Vorgabe, nach der normalerweise das Erstankunftsland für Asylbewerber zuständig ist. Die Regierung in Rom hatte deshalb in den vergangenen Wochen bereits Schiffen von Hilfsorganisationen mit vor Libyen geretteten Flüchtlingen die Einfahrt in italienische Häfen verweigert.

Eine ursprünglich für 19.00 Uhr geplante Pressekonferenz von EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker wurde wegen der Blockade abgesagt. Sie werde erst am Freitag nach dem Ende Gipfels zur Reform der Eurozone stattfinden, teilte Tusks Sprecher mit.

Auch von Österreich kam keine Unterstützung in der deutschen Asyl-Krise: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat für den Fall eines deutschen Alleingangs bei der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Wenn Deutschland hier Maßnahmen setzt, dann werden wir selbstverständlich die gleichen Maßnahmen an unseren Grenzen setzen, um Schaden von der Republik Österreich abzuwenden", sagte Kurz am Donnerstagabend in Brüssel. "Das werden notgedrungenerweise Handlungen an der Grenze zu Deutschland sein."

Damit reagierte Kurz auf die Drohung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), jene Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dies verhindern und stattdessen "europäische Lösungen" ausarbeiten, um den Weiterzug registrierter Flüchtlinge von einem EU-Land in ein anderes zu verhindern.

Kurz äußerte Zweifel am Sinn der von Seehofer angedrohten Maßnahme: Das Problem bestehe derzeit dahin, dass Flüchtlinge innerhalb Europas "weitergewunken" würden, ohne überhaupt registriert zu sein, sagte er.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....