Finanzen

EU-Steuerpläne: Der Binnenmarkt wird zur Farce

Lesezeit: 8 min
09.07.2018 01:45
Neue Steuerpläne der EU drohen, den Binnenmarkt zur Farce werden zu lassen.
EU-Steuerpläne: Der Binnenmarkt wird zur Farce

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Das System der „Mehrwertsteuer“ ist gescheitert. Diese Form der Umsatzbesteuerung wurde vor etwa fünfzig Jahren als optimale Lösung gefeiert, erweist sich aber in der Praxis als aufwändig und erleichtert zudem den Steuerbetrug. Auf Ebene der EU und in den Mitgliedstaaten wird eifrig an Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung gearbeitet, die aber die Anwendung immer komplizierter machen. Die unter den Budgetdefiziten leidenden Finanzminister pflegen die Illusion, dass eine erfolgreiche Betrugsbekämpfung im Bereich der Mehrwertsteuer genügen würde, um alle Probleme der Staaten zu lösen: Man spricht von Einnahmenausfällen in der Höhe von 150 Milliarden Euro, wohl nicht zufällig die Höhe aller zusammengerechneten Budgetdefizite in der Euro-Zone. Neben der Betrugsbekämpfung arbeitet man im Rahmen einer Reform, die ab Mitte 2022 gelten soll, an Vereinfachungen für Kleinbetriebe, die sich als grotesk erweisen. Nicht zur Debatte steht die Abschaffung der Mehrwertsteuer und die Rückkehr zur einfachen, aber von Steuertheoretikern intellektuell verachteten, traditionellen Allphasen-Umsatzsteuer.

Die Exporteure sollen die Umsatzsteuer in den Empfänger-Ländern zahlen

Im Rahmen der geplanten Mehrwertsteuer-Reform steht die Einführung einer Neuerung zur Debatte, die als eine Art Steuer-Tsunami über Europa hinwegfegen würde: Die Verpflichtung der Exporteure, die Mehrwertsteuer in den Abnehmer-Ländern zu bezahlen.

- Derzeit werden Ausfuhren ohne Mehrwertsteuer an den ausländischen Abnehmer verkauft. Diese Regel bedeutet keine Befreiung von der Steuer, sondern geht von der Annahme aus, dass der Importeur die Ware in seinem Land der Mehrwertsteuer unterzieht und weiterverkauft.

- Da aber der Mehrwertsteuer-Betrug über ein Karussell mehrerer Unternehmen in verschiedenen Ländern betrieben wird, soll bei der geplanten Mehrwertsteuer-Reform die Steuerfreiheit beim Export fallen.

- Die Exporteure müssten die Mehrwertsteuer im Empfängerland bezahlen, wobei

• die Führung eines Steuerkontos im betreffenden Land,

• die Zahlung über das eigene, nationale Finanzamt oder über eine

• Clearing-Stelle in Brüssel zur Debatte stehen.

- Hier zeigt sich die Kluft zwischen Theorie und Praxis: Für die Firmenkette gäbe es doch keine Änderung, da die Importeure die bezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehen könnten, argumentieren die Experten. Differenzen wären in der Abrechnung mit den Lieferanten zu berücksichtigen. Die Autoren der Idee haben noch nie in einer Firma gearbeitet.

- Gehen die gelieferten Waren und Dienstleistungen an den Endverbraucher, würde der Empfängerstaat die Mehrwertsteuer erhalten, die derzeit von den Endverbrauchern oft nicht abgeführt wird.

- Man würde also „nur“ die Betrüger treffen, lautet die Rechtfertigung für diese neue Welle an Bürokratie für die Unternehmen.

Die Reform wird den „Binnenmarkt“ vollends zur Farce machen und die Wirtschaft bremsen

In den EU-Staaten gelten die unterschiedlichsten Steuersätze, wobei Sonderregelungen für einzelne Produkte das System zu einem schwer durchschaubaren Dschungel auch für die lokalen Steuerzahler machen.

Nach den derzeit geltenden Regeln müssen Exporteure ab einer bestimmten Umsatzgröße für das belieferte Land einen eigenen Rechnungskreis führen, wie eine Firma des betreffenden Landes agieren und dort die Mehrwertsteuer abliefern.

Für zahllose Firmen zahlt sich der Aufwand in vielen Ländern nicht aus und diese Destinationen werden folglich nicht beliefert. Diese Vorgangsweise wird als Geo-Blocking bezeichnet und von der EU heftig bekämpft, ohne dass in Brüssel daran gedacht wird, die Ursachen zu korrigieren. Das Mehrwertsteuersystem und zahlreiche andere Faktoren machen schon jetzt den so genannten Binnenmarkt zur Schimäre und bremsen die Wirtschaft.

Bei der Bekämpfung des Geo-Blocking wird argumentiert, als ob die Firmen aus Bosheit gegenüber den Konsumenten Umsätze in bestimmten Märkten ablehnen. Mit der geplanten Mehrwertsteuer-Reform wird die Lage durch viele Neuerungen verschärft, wodurch viele Unternehmen noch stärker gezwungen werden, sich auf den Heimmarkt oder auf eine geringe Anzahl von Ländern zu konzentrieren und auf Geschäftschancen zu verzichten.

Im Sinne einer Flexibilisierung sollen die bisherigen Beschränkungen bei der Gestaltung der Mehrwertsteuer-Sätze aufgehoben werden. Demnach würden ab 2022 zu den ohnehin bestehenden Unterschieden bei der Besteuerung in den einzelnen Ländern und den zahlreichen Sonderbestimmungen noch viele weitere Sätze kommen.

Zitat aus dem Konzept der EU-Kommission:

Neben einem Mehrwertsteuernormalsatz von mindestens 15 Prozent könnten die Mitgliedstaaten

• zwei ermäßigte Steuersätze zwischen 5 Prozent und dem vom Mitgliedstaat gewählten Normalsatz,

• eine Mehrwertsteuerbefreiung („Nullsatz“)

• sowie einen ermäßigten Satz zwischen 0 Prozent und den ermäßigten Sätzen festlegen.

Der derzeit geltende Dschungel wird also ab 2022 rückblickend noch als einfach und überschaubar gelten.

Die Kluft zwischen der Steuer-Theorie und der mühevollen Praxis

Der theoretische Grundsatz des Umsatzsteuersystems auf der Basis der Mehrwertsteuer lautet: „Die Mehrwertsteuer befreit die Unternehmen in der Kette der Erzeugung von der Umsatzsteuer und sorgt dafür, dass nur der Endverbraucher die Steuer bezahlt.“ Würde der Fiskus der Theorie tatsächlich vertrauen, müssten Unternehmen nur Mehrwertsteuer verrechnen, wenn die Ware oder Dienstleistung an den Endverbraucher verkauft wird. Bei Verkäufen und Käufen der Waren und Dienstleistungen in der Kette der Unternehmen auf dem Weg zum Endverbraucher wäre keine Mehrwertsteuer zu bezahlen. Davon ist aber nicht die Rede, weil die Finanzminister fürchten, dann weniger zu kassieren.

Die Praxis sieht daher so aus:

- Selbstverständlich verrechnet jedes Unternehmen – mit wenigen Ausnahmen - beim Verkauf einer Ware oder Dienstleistung Mehrwertsteuer.

- Der Käufer, das nächste Unternehmen in der Kette, zieht diese Mehrwertsteuer des Lieferanten als so genannte Vorsteuer von der eigenen Mehrwertsteuer ab, die dem folgenden Abnehmer verrechnet wird.

- Der Wechsel, „Umsatzsteuer wird zur Vorsteuer, die von der eigenen Umsatzsteuer abgezogen wird“, setzt sich bis zum Endverbraucher fort, der die Steuer bezahlen muss.

- Das Konzept, dass die Firmen in der Kette die Steuer nur weitergeben, stimmt nur beschränkt. Jeder Betrieb verwendet die eingekauften Waren und Dienstleistungen um einen Mehrwert zu erwirtschaften. Durch das System wird nur dieser Mehrwert besteuert, aber dieser sehr wohl und daher auch die Bezeichnung „Mehrwert-Steuer“. Jede Firma, die einen Mehrwert erwirtschaftet, zahlt also Mehrwertsteuer.

- Nachdem aber dieser Mehrwert in der an den nächsten Käufer gestellten Rechnung und somit auch in der verrechneten Mehrwertsteuer berücksichtigt ist, wird die Steuer im Endeffekt weitergegeben und wirkt als Vorsteuer in der folgenden Etappe der Kette auf dem Weg zum Endverbraucher.

- Jeder Betrieb ist mit der Mehrwertsteuer beschäftigt und muss auch die zahlreichen Detailbestimmungen berücksichtigen.

Im Mehrwertsteuer-System zahlt das Finanzamt den Betrügern Millionen

Die beliebteste Form des Steuerbetrugs nützt die Konstruktion des Systems aus:

- Ein Unternehmen stellt einem anderen Unternehmen eine Rechnung über eine Lieferung aus, die einen Mehrwertsteuerbetrag enthält.

- Das kaufende Unternehmen zieht die Mehrwertsteuer als Vorsteuer von seiner Umsatzsteuer ab und erhält den Betrag vom Finanzamt ausbezahlt.

- Der Lieferant zahlt aber die Mehrwertsteuer nicht, die auf seiner Rechnung aufscheint, schließt die Firma und verschwindet.

- Dem Fiskus bleibt der Verlust, der durch die Gutschrift der Vorsteuer entsteht.

- Der Trick wird durch den Umstand erleichtert, dass die Mehrwertsteuer erst im zweitfolgenden Monat fällig wird, also im Juli für den Mai, im August für den Juni und so fort.

- Besonders erfolgreich funktioniert das System, wenn es über mehrere Firmen in verschiedenen Ländern mit zahlreichen Rechnungen betrieben wird. Das ist mit ein Grund für die geschilderte Absicht, die Exporteure zur Zahlung der Umsatzsteuer ihrer ausländischen Abnehmer zu zwingen.

Reverse Charge soll in Zukunft für alle Branchen und alle Unternehmen gelten

Um diese Praxis zu unterbinden wurde das so genannte „Reverse Charge“-System erfunden:

- In manchen Branchen gilt die Regel, dass das kaufende Unternehmen die Mehrwertsteuer des Lieferanten an das Finanzamt überweisen muss. Erst wenn diese Zahlung erfolgt ist, kann der Käufer die Mehrwertsteuer des Lieferanten, die er selbst bezahlt hat, als Vorsteuer von seiner Mehrwertsteuer abziehen.

- Es ändert sich im Endeffekt für den zahlenden Betrieb scheinbar nichts: Theoretisch ist es gleichgültig ist, ob man die aus „Ware plus Mehrwertsteuer“ bestehende Rechnung komplett an den Lieferanten zahlt oder geteilt in „Ware an den Lieferanten“ und „Mehrwertsteuer an das Finanzamt“ überweist.

- Aber nur scheinbar und theoretisch. In der Praxis entsteht ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand. Außerdem wird die Liquidität belastet.

„Reverse Charge“ beruht auf einer EU-Regel, die nur bis Ende 2018 gilt. Auch ist jede Reverse-Charge-Bestimmung mit einer Dauer von zwei Jahren begrenzt. Jetzt beeilt man sich, das Ablaufdatum 2018 und die Zwei-Jahresbegrenzung zu beseitigen.

Angestrebt wird eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer, die 2022 in Kraft treten soll. Und im Rahmen dieser Reform könnte die Reverse-Charge-Regel generell für alle Unternehmen in allen Branchen eingeführt werden, zumindest wird diese Variante von der EU-Kommission favorisiert.

- Das hieße aber, sich vom bisherigen Mehrwertsteuer-System zu verabschieden.

- Die Unternehmen würden ausnahmslos die Umsatzsteuer ihrer Lieferanten an das Finanzamt überweisen, aber nicht mehr die eigene Umsatzsteuer bezahlen, da diese bei einer alle erfassenden Reverse Charge-Bestimmung vom jeweils nächsten Betrieb in der Kette bezahlt wird.

- Es fällt also die Besteuerung des Mehrwerts bei den Unternehmen in der Kette weg, sodass die Bezeichnung Mehrwert-Steuer nicht mehr angemessen wäre.

- Aus der Sicht der Reformer gilt Reverse Charge als Patentlösung: Nachdem keine Vorsteuer mehr geltend gemacht werden kann, die nicht vorher bezahlt wurde, sei der Fiskus vor Verlusten gefeit.

- Man übersieht dabei, dass der Betrug derzeit durch das Verschwinden einer Firma in der Kette entsteht. Wer sagt, dass beim Wegfall der Möglichkeit, den Staat über den Vorsteuer-Betrug zu bestehlen, nicht alle Teilnehmer an dem Karussell der Mehrwertsteuer-Hinterziehung in die Anonymität abtauchen und noch schwerer zu packen sind?

Die Forderung nach Schonung der KMU wird in Brüssel als Bettelei um Almosen missverstanden

In Brüssel wird die europaweit gestellte Forderung nach einer Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen missverstanden. Das zeigt sich am Konzept der Mehrwertsteuer-Reform.

- Man stellt sich offenbar Kleinbetriebe vor, die nicht in der Lage wären, eine ordentliche Buchhaltung zu führen und gleichsam hilflos durch das Geschäftsleben stolpern. Und diesen müsste man Erleichterungen gewähren,

- wogegen größere Firmen unbeschränkt mit immer neuen, bürokratischen Auflagen belastet werden könnten.

- Dieses Zerrbild der wirtschaftlichen Realität sollte endlich korrigiert werden: Alle Unternehmen, von den großen Konzernen über die mittelständischen Unternehmen bis hin zu den kleinen Gewerbebetrieben brauchen wenige, klare, anwendbare, verlässliche Regeln und alle leiden unter dem Wust an Vorschriften.

- Streicheleinheiten für die Kleinsten lösen das Problem nicht, stellen vielmehr eine Beleidigung der Millionen kleiner Betriebe dar.

Neben der Beibehaltung der derzeitigen in den einzelnen EU-Staaten bestehenden Schwellenwerte für die Befreiung von der Mehrwertsteuer sehen die Vorschläge der EU-Kommission vor:

• einen EU-weiten Umsatzschwellenwert von 2 Mio. Euro. Bis zu diesem Betrag sollen „Vereinfachungsmaßnahmen“ für alle Kleinunternehmen anwendbar sein,

• die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten alle Kleinunternehmen, die für eine Mehrwertsteuerbefreiung infrage kommen, von ihren Pflichten im Hinblick auf Registrierung, Rechnungstellung, Aufzeichnung und Mitteilung befreien,

• einen Umsatzschwellenwert von 100.000 Euro, der Unternehmen, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind, ermöglichen würde, die Mehrwertsteuerbefreiung in Anspruch zu nehmen.

Erneut ist die Kluft zwischen Theorie und Praxis hervorzuheben:

- Moderne, preisgünstig zu erwerbende und einfach zu bedienende Buchhaltungsprogramme vermitteln auch Kleinstunternehmen jederzeit einen Überblick über die aktuelle, finanzielle Lage. Die Empfehlung, eine derartige Basisausstattung für verzichtbar zu erklären, ist kontraproduktiv. Schon im Interesse dieser Firmen ist die Nutzung der modernen, elektronischen Möglichkeiten zu verlangen.

- Im EU-Papier selbst wird kritisiert, dass Umsatz-Schwellenwerte abzulehnen sind, weil die Überschreitung immer für Probleme sorgt. Gleichzeitig will die EU europaweit geltende, niedrige Schwellenwerte einführen: „Ein Unternehmen, das in mehr als einem Mitgliedstaat tätig ist“, wird wohl leicht mehr als 100.000 Euro Umsatz im Jahr machen.

Die traditionelle Allphasen-Umsatzsteuer könnte dem Binnenmarkt nützen

Angesichts der tatsächlichen Entwicklung der Mehrwertsteuer in den vergangenen, etwa fünfzig Jahren ist ein Rückblick auf die früher übliche Allphasen-Umsatzsteuer angebracht:

- Jedes Unternehmen verkauft Waren und Dienstleistungen inklusive Umsatzsteuer. Diese ist vom Abnehmer mit der Rechnung zu bezahlen und vom Lieferanten an das Finanzamt abzuführen.

- Es gibt keine Vorsteuer-Regelung. Der Vorsteuer-Betrug, der im Zentrum der Mehrwertsteuer-Maßnahmen steht, kann nicht erfolgen.

- Die Experten in Brüssel haben errechnet, dass in Europa eine Besteuerung der Umsätze von 12 Prozent erforderlich ist, um die Finanzierung der Staaten in etwa sicherzustellen. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die USA keine Umsatzsteuer auf Bundesebene kassieren, dass nicht einmal alle US-Staaten eine regionale Umsatzsteuer einheben und kein Satz über 8 Prozent liegt.

- Bei einer Allphasen-Umsatzsteuer, die insgesamt 12 Prozent bringen soll, verteilen sich die Anteile auf die verschiedenen Anbieter.

- Zu berücksichtigen sind im Allphasen-System die Folgen für die Einkommen- und Körperschaftsteuer: Die Rechnungen inklusive der Umsatzsteuer bilden einen Aufwand, der das steuerpflichtige Einkommen reduziert, sodass dieser Effekt bei der Berechnung der Umsatzsteuer berücksichtigt werden muss.

- Die Finanzminister müssen zur Kenntnis nehmen, dass in jedem System Steuerhinterziehung stattfindet. Die einzig wirksame Maßnahme gegen Steuerbetrug sind niedrige Steuersätze, die für die meisten Steuerzahler das Interesse an einer Steuerhinterziehung beseitigen. Aber auch nicht für alle Steuerpflichtigen.

- Angesichts der Geldnot der Staaten sind niedrigere Steuersätze kein Thema.

Die Rückkehr zur Allphasen-Umsatzsteuer würde prompt die Frage nach der Besteuerung der Exporte in den Vordergrund rücken.

- Unweigerlich kommt es zur Forderung nach der Befreiung von der Umsatzsteuer im Export.

- Wird diese nicht erfüllt, erschallt rasch das Verlangen nach einer Umsatzsteuer-Rückvergütung für Ausfuhren, die möglichst eine Förderung der Exporteure enthalten sollte.

- Diese Relikte aus der Vergangenheit könnten aber innerhalb der EU nicht wieder aktuell werden, wenn man die EU tatsächlich als Binnenmarkt versteht: Jeder Lieferant, wohin er in der EU auch liefern mag, zahlt in seinem Land Umsatzsteuer und der ausländische Käufer zahlt wie jeder inländische Käufer den gesamten Rechnungsbetrag.

- Firmen in Ländern mit hohen Umsatzsteuersätzen wären im Nachteil und der Druck auf die Regierungen würde rasch für einheitliche Sätze sorgen, die derzeit nicht durchsetzbar sind.

Dieses praktische, dem Binnenmarkt entsprechende Konzept ist aber nicht zu realisieren, weil unter der theoretisch gut klingenden Vorgabe, die „Umsatzsteuer muss in dem Land bezahlt werden, in dem der Umsatz stattfindet“ das Dilemma der EU versteckt wird. Zahlt im Binnenmarkt jedes Unternehmen die Umsatzsteuer an sein nationales Finanzamt, dann profitieren die Länder mit Exportüberschüssen. Die Länder mit hohen Importen und nicht entsprechend hohen Exporten wären im Nachteil. Also wird die Mehrwertsteuer-Reform dafür sorgen, dass die Umsatzsteuer im Verbraucherland zu bezahlen ist, auch wenn dafür hunderttausende Firmen gezwungen werden, internationale Steuerzahler zu werden, oder beschließen, einfach bestimmte Länder nicht mehr zu beliefern. Womit wieder ein Regelwerk der EU sich als Wirtschaftsbremse auswirken muss.

***

Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.

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Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.


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